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Keiner wie er (German Edition)

Keiner wie er (German Edition)

Titel: Keiner wie er (German Edition)
Autoren: Kera Jung
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gekündigt. Stattdessen jettete sie durch die Staaten, oft sogar über deren Grenzen hinaus, half Unternehmen in Absatzkrisen und bei totalen Umsatzeinbrüchen. Tina baute sie wieder auf, führte bald ganze Kampagnen in eigener Regie und bewahrte damit so einige, durchaus bekannte Adressen vor dem Ruin.
    Unter den Kunden genoss sie einen erstklassigen Ruf, galt als Wunder, die letzte Chance, wenn alles andere versagte. Allerdings war ihr Name bei den etablierten Werbefirmen bald verhasst. Gnadenlos wurden die Versager unter ihnen geoutet. Herzlich uninteressant blieb für Tina hierbei, wenn die aufgrund ihres vernichtenden Urteils bankrottgingen.
    Ihren Urlaub – einmal im Jahr für vierzehn Tage – verbrachte sie bei ihrer Mom und Collin in Miami. In dieser Zeit lag sie am Strand und entspannte. Ansonsten bildeten Flugzeuge und Hotelzimmer ihr zu Hause.
    Nur einmal opferte sie sechs Wochen und begab sich in die beste Augenklinik der Staaten. Danach musste sie zwar manchmal auf eine Lesebrille zurückgreifen, doch im Alltag gehörte das lästige Ding der Vergangenheit an.
    Nichts blieb von Tina übrig.
    Vielleicht konnte man noch eine gewisse Ähnlichkeit anhand ihres Äußeren herleiten, wenngleich es auch hier gravierende Veränderungen gegeben hatte. Schon, weil sie älter und bedeutend selbstbewusster wurde. Möglicherweise aber auch, weil man die engagierte Frau irgendwann keinem Alter mehr zuordnen konnte. Niemand hätte in ihr eine Fünfundzwanzigjährige vermutet, wenn sie furchtlos dem Vorstand eines Konzerns erklärte, dass dessen derzeitigen Werbe- und PR-Strategien Bullshit und hinausgeworfenes Geld waren.
    Sie liebte ihr Leben, den Erfolg und die bewundernden Blicke der Männer. Darüber hinaus gefiel Tina, gnadenlos zu entscheiden, wer bei ihr landen durfte und wer nicht. Ebenso mochte sie es, uneingeschränkt über Geld verfügen zu können. Obwohl sich kaum Gelegenheit bot, es auszugeben. Gleichfalls genoss sie ihr Dasein als Workaholic und dass ihr nach nicht einmal sechs Jahren die Welt der Werbung und PR zu Füßen lag.
    Ihr Name, sie war etwas wert.
    Und genau darauf kam es am Ende nur an, oder?
     
    Die Gegenwart …
     
    Als Tina ausstieg, gehörte die Dämmerung der Vergangenheit an.
    Seufzend blickte sie zum mit dichten Wolken verhangenen, dunklen Himmel hinauf. Es war Februar und der Schnee bereits geschmolzen, der Winter jedoch längst nicht überwunden.
    Der kalten Jahreszeit konnte sie nie sonderlich viel abgewinnen. Nicht zuletzt, weil dann meist zwei Trolleys, anstatt einem mitgeführt werden mussten. In Nähe des Flughafens von L.A., hatte sie einen Container angemietet, in dem sich ihre persönlichen Habseligkeiten befanden. Auch ihre Garderobe. Los Angelas gehörte zu den von ihr am häufigsten besuchten Städten. Von Zeit zu Zeit tauschte Tina ihre Kleidung, sortierte aus und stiftete der Heilsarmee, was nicht mehr benötigt wurde.
    Im Grunde ohne festen Wohnsitz zu sein, empfand sie keineswegs als Makel. Bedeuteten die zweihundert Dollar monatliche Containermiete doch nicht einmal annähernd das, was ein leerstehendes Appartement gekostet hätte.
    Während sie den Kragen ihres Mantels schloss, eilte Tina ins Hotel. Ein heißes Bad wäre vielleicht nicht übel.
    Zuvor stand jedoch ein Friseurbesuch an, ihr letzter lag bereits viel zu lange zurück.
    Missgestimmt musste sie kurz darauf feststellen, dass der Hotelbarbier bereits geschlossen hatte.
    Von wegen Service!
    Inakzeptabel für ein Haus, in dem das Zimmer vierhundert Dollar die Nacht kostete! Womit feststand, dass das Commonwealth Tina Hunt zum letzten Mal seinen Gast nennen durfte.
    Unter Ignoranz der bewundernden Blicke des Conférenciers – zu jung, zu unbedeutend, zu sympathisches Lächeln – nahm Tina ihre Karte entgegen und wollte die Treppe hinaufeilen. Da fiel ihr Blick auf den Eingang der Hotelbar.
    Seit zwei Wochen war sie ununterbrochen unterwegs, hatte es in dieser Zeit selten auch nur auf ein anständiges Essen gebracht. Das Hotelfrühstück stellte meist das Einzige dar, was sie am Tag zu sich nahm. Ansonsten bildeten jene winzigen Pfefferminzbonbons ihre Nahrung, die mit den zwei Kalorien warben.
    Von oberster Priorität, wenn man sein Geld in der Marketingbranche verdiente: ein makelloses Äußeres. Und makellos bedeutete nichts anderes als gertenschlank.
    Eine Auszeit stand ihr zu, entschied sie nach flüchtiger Überlegung. Ein Cosmopolitan, möglicherweise zwei – seit Jahren bildete dies ihr
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