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Keine Gnade

Keine Gnade

Titel: Keine Gnade
Autoren: Daniel Annechino
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würdest du davon halten, wenn du das Vorhofflimmern-Projekt an einen deiner Kollegen abgeben würdest?«
    Â»Willst du mich auf den Arm nehmen?«
    Â»Ich möchte wirklich, dass du darüber nachdenkst.«
    Â»Kannst du dir nicht vorstellen, wie blöd ich vor der gesamten Medizinerzunft dastehen würde?«
    Â»Was ist wichtiger, dein kostbares Ego oder deine Fa­milie?«
    Julian wollte sich von humanitären Motiven leiten lassen, von dem Bedürfnis, die Welt zu retten. Doch in Wirklichkeit war sein Bemühen, das Vorhofflimmern weltweit ausrotten zu helfen, bloß eine nebensächliche Veranstaltung. Nein, so sehr es sein Gewissen auch belastete, diese Forschungsstudie war genau das Richtige für ihn: der Ruhm, die Anerkennung, sein Foto auf der Titelseite des American Journal of Medicine und vielleicht sogar eine Nominierung für den hochangesehenen Nobelpreis für Medizin. Oh, wie war er doch versessen auf Anerkennung und Prestige.
    Â»Du verlangst von mir, zwei Jahre, in denen ich mir den Arsch aufgerissen habe, einfach wegzuwerfen? Zwölf Stunden Arbeit am Tag. Kein Urlaub – nicht mal ein langes Wochenende in Big Bear. Wie meinst du, würde es mir denn gehen, wenn ich jetzt aufgebe? Willst du mich verscheißern? Ich bin fast am Ziel, und du willst, dass ich das Schiff verlasse?«
    Â»Dann hat dich der Brief von der Global A-Fib Foundation nicht entmutigt?«
    Â»Natürlich hat er das. Hat mich fertiggemacht. Aber hat mir auch Hoffnung gegeben, weil er mir klargemacht hat, dass ich so nah dran bin.« Er hielt seine Hand hoch und gestikulierte mit Daumen und Zeigefinger.
    Â»Hey, Julian, es ist deine Karriere. Tu, was auch immer du für richtig hältst. Zur Hölle mit mir und zur Hölle mit den Mädchen. Aber falls du Unterstützung brauchst, dann habe ich zwei Worte für dich. Und die sind ganz sicher nicht ›Fröhliche Weihnachten‹.«

    Um 4:35 Uhr fuhr Al auf den Parkplatz in der Nähe des Touristeninfocenters am Mission Bay Park, wo hektisches Treiben herrschte. Rote Rundumleuchten blitzten, überall war gelbes Absperrband zu sehen, Kameras leuchteten die Gegend aus, Detectives liefen herum, und die Forensiker drängten sich um eine Leiche, wie Al annahm. Sogar ein Nachrichtenübertragungswagen mit einer Satellitenschüssel auf dem Dach stand in einer Ecke des Parkplatzes. Wie konnten sie so schnell von diesem Mord erfahren haben, fragte er sich. Die Morgenluft war jetzt im Spätfrühling immer noch frisch. Auf den Wellen der Bucht tanzte das sich reflektierende Licht des Vollmonds.
    Al stieg aus seinem Wagen und ging zu Captain Davison, der inmitten von etwa einem Dutzend Arbeitsbienen leicht auszumachen war. Wer sonst hätte so früh am Morgen schon einen Anzug an, eine Zigarette in der einen Hand und einen Becher Kaffee in der anderen? Doch den Captain hier anzutreffen überraschte Al. Davison arbeitete normalerweise die Schicht von neun bis fünf. Ihn noch vor Sonnenaufgang an einem Tatort zu sehen, würde bedeuten, dass es sich um keinen normalen Mordfall handelte. Obwohl Al eigentlich an einem Mordfall noch nie etwas normal finden konnte.
    Wie immer zog Davison an seiner Zigarette mit der Leidenschaft eines Mannes, der seinen letzten Atemzug macht. »Tut mir leid, Ihren Schönheitsschlaf unterbrochen zu ­haben, Detective Diaz.«
    Â»Würde ich um nichts in der Welt versäumen.« Al be­obachtete drei Forensiker bei der Untersuchung der sterb­lichen Überreste. Er bekam ein wenig Qualm von Davisons Zigarette ab und hätte liebend gern einen Zug genommen. »Haben sie die Leiche identifiziert?«
    Der Captain schüttelte den Kopf. »Das ist irgendwie ­unheimlich. Das Opfer ist nicht nur vollständig bekleidet, sie sieht auch noch aus, als ob sie in die Oper gehen wollte. Mir ist noch nie ein so perfekt aussehendes Opfer untergekommen.«
    Â»Und was halten Sie davon?«
    Â»Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
    Â»Ist sie angegriffen worden?«
    Â»Betsy arbeitet gerade daran.«
    Â»Todesursache?«
    Â»Ihr Brustbein war in der Mitte geteilt, und es sieht aus, als ob ihre Rippen mit so einem Spreizer auseinanderge­zogen worden sind, wie sie Chirurgen bei Operationen am offenen Herzen benutzen.«
    Al wurde kalt, und er zog den Reißverschluss seiner Jacke hoch. »Wer hat die Leiche gefunden?«
    Â»Ein paar Teenager.« Der
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