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Keine Gnade

Keine Gnade

Titel: Keine Gnade
Autoren: Daniel Annechino
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Erleichterung verschafft hätte, da es für sie alle schwer zu ertragen gewesen war, sein Leid mit anzusehen. Sein Vater ist aber sehr glücklich darüber, dass das Herz des jungen Mannes weiterlebt.«
    Sami verließ das Krankenhaus wie in Trance. Sie versuchte zu verarbeiten, was Schwester Mary ihr erzählt hatte, doch sie begriff es nicht ganz. Wenn sie alle Faktoren bedachte, wie standen die Chancen wirklich, dass ein Spender zu genau so einem kritischen Zeitpunkt auftauchte? War es tatsächlich ein Wunder?
    Das andere Problem, das Sami beschäftigte, war die Motivation von Dr. Youngblood. Was trieb einen geachteten Kardiologen dazu, solch fürchterliche Experimente an unschuldigen Menschen vorzunehmen? Warum hatte er die Frauen so brutal vergewaltigt? Bevor sie keine Antwort auf diese Fragen bekam, war die Ermittlung für Sami nicht abgeschlossen.

52    Al saß am Crystal Pier in Pacific Beach auf einer Bank, schaute auf den ungewöhnlich ruhigen Ozean und wartete auf Sami. Er war angenehm überrascht gewesen, als sie angerufen und ihn um ein Treffen gebeten hatte. Was ihm noch mehr gefiel war ihr Vorschlag, sich dort zu treffen, wo er ihr zum ersten Mal seine Liebe gestanden hatte. Ob das ein gutes Omen war? Er war nervös und blickte angestrengt auf die Strandpromenade.
    Der Dunst vom Meer war dicht an diesem Morgen, und die Sonne hatte sich noch nicht durch die störrische Wolkendecke gearbeitet. Doch die Luft war immer noch warm. Al glaubte fest, dass die heutigen Geschehnisse sein Leben tiefgreifend verändern würden. Egal ob er heute händchenhaltend von hier wegging oder ganz allein, zurückgewiesen und erledigt, der heutige Tag würde neu über seine Zukunft bestimmen.
    Er war so in Gedanken versunken, dass er Sami erst bemerkte, als sie vor ihm stand.
    Er schoss hoch wie ein Corporal im Ausbildungslager, der seinem Drill-Sergeant salutieren will, und umarmte sie, in der Hoffnung, sie hätte nichts dagegen. Sie wich nicht zurück, doch die Umarmung war eher förmlich als herzlich.
    Â»Ich danke dir, dass du gekommen bist, Al.«
    Â»Ich sollte dir danken.«
    Sie setzten sich auf die Bank, doch sie hielt Abstand.
    Â»Möchtest du einen Becher Kaffee oder etwas anderes trinken?«, fragte Al. »Ich kann zu Starbucks rüberlaufen.«
    Â»Danke, lieber nicht. Mein Magen spinnt mal wieder.« Sami hielt inne und blickte auf den Ozean hinaus. Dann erzählte sie ihm in allen Einzelheiten von McKenzie O’Neills Transplantation und von ihrer günstigen Prognose. »Manch ­mal denke ich, dass Gott durch Wunder zu uns spricht, wir ihn aber nicht hören können.«
    Â»Ich finde, wir haben in den letzten dreißig Tagen eine Menge Wunder erlebt«, sagte Al.
    Â»Was meinst du?«
    Â»Erst überlebte meine Schwester einen Autounfall, deine Mutter einen Herzinfarkt und eine Bypassoperation. Dann kam Emily als Geschenk des Himmels, um sich um deine Mutter und Angelina zu kümmern.«
    Â»Ich habe all das für selbstverständlich gehalten«, sagte Sami. »Dazu gehört auch das Ende der Ermittlung im Fall des Reanimators.« Sami berichtete Al von Doktor Young­bloods Forschungsförderung und die mutmaßliche Moti­vation für die chirurgischen Experimente. Doch niemand konnte sich erklären, was die Gründe für die sexuellen Misshandlungen waren. Sami vermutete, dass die Gründe mit Doktor Youngblood zu Grabe getragen waren und immer ein Rätsel bleiben würden.
    Â»Und nicht zu vergessen deine Beförderung, Sergeant Rizzo.«
    Sie lachte. »Ja, das ist wirklich ein Wunder.«
    Sie saßen ein paar Minuten schweigend da und genossen den Blick auf den Ozean.
    Â»Ich muss dir etwas sagen, Al.«
    Er hatte das Gefühl, dass sie sich nicht mit ihm getroffen hatte, um sich über McKenzie O’Neill zu unterhalten. »Bevor du irgendetwas sagst, Sami, kann ich noch etwas loswerden?«
    Â»Wenn es sein muss.«
    Â»Ich werde nicht auf etwas herumreiten, was ich nicht schon längst gesagt hätte. Du weißt, dass ich dich liebe und dass ich von ganzem Herzen bereue, was ich getan habe. Der Gedanke, dich zu verlieren, hat mir die Augen geöffnet und mir klargemacht, dass ich dir nie richtig gezeigt habe, wie sehr ich dich liebe.«
    Al stand auf, holte ein kleines Etui heraus und fiel auf ein Knie. Er öffnete das Samtetui und zeigte Sami den
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