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Keine Gnade

Keine Gnade

Titel: Keine Gnade
Autoren: Daniel Annechino
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Zweihundert-Dollar-Flasche war jeden einzelnen Penny wert, dachte er bei sich. Wenn er über die Ereignisse der letzten Wochen nachdachte, den Brief, den er von der GAFF , der Global A-Fib Foundation, erhalten hatte und der sein Leben verändern würde, so konnte er nicht glauben, was er vorhatte. Aber blieb ihm eine Wahl? Sie hatten ihn an diesen Scheidepunkt gebracht. Hier saß er nun und trank in Tony’s Bar and Grill Scotch wie zur Happy Hour an einem Freitagnachmittag. Doch in Wirklichkeit stand ihm der Sinn überhaupt nicht nach zwang­losem ­Geplauder mit Kollegen. Obwohl er mit Hunderten von Freiwilligen gearbeitet hatte, so waren Julians Er­gebnisse doch überschaubar geblieben. Er hatte jede nur erdenkliche Möglichkeit in Betracht gezogen, doch sein Problem konnte nicht anders gelöst werden. Seine einzige Hoffnung, die Forschungen abzuschließen, lag in der Arbeit am lebenden Subjekt, ohne jegliche Einschränkungen. Dieser Entschluss war ihm nicht leichtgefallen. Denn in erster Linie war er ein Heiler, ein angesehener Kardiologe, aber kein Mörder. Doch außergewöhnliche Situationen erfordern oft außergewöhnliche Maßnahmen.
    Als er den zertifizierten Brief erhalten hatte, war er zunächst davon ausgegangen, dass der Vorstand der GAFF mit den Ergebnissen seiner Forschungen zufrieden war und ihm die Fördermittel von zehn Millionen Dollar bewilligt hätte. Doch die ersten beiden Absätze hatten ihn in die Knie gezwungen.
    Â»Unser Komitee hat die Ergebnisse Ihrer Forschungen sowie die aus der kontrollierten Studie zur Entwicklung neuer opera­tiver Behandlungsmöglichkeiten von Vorhofflimmern resul­tierenden Statistiken genauestens unter die Lupe genommen. Obwohl sie in vielerlei Hinsicht wegweisend sind, so fanden wir die Ergebnisse doch nicht ausreichend genug, um Ihren Antrag bewilligen zu können. Genauer gesagt, die vorgelegten Testresultate, die Änderungen bei der gängigen Katheterablation und der Maze-Operation vorsehen, sind unvollständig, und wir stimmen nicht mit Ihrem Ergebnis überein, dass das Verabreichen von Amiodaron in Dosen von weniger als 200 Milligramm effizient sein könnte. Doch angesichts Ihrer beeindruckenden Bemühungen freuen wir uns, Ihnen eine sechsmonatige Fristverlängerung anbieten zu können, während der Sie Ihre Befunde ergänzen und zusätzliche Ergebnisse vorlegen können. Nach dieser Zeit werden wir das Material neu sichten und bewerten.
    Beigefügt erhalten Sie eine umfassende Zusammenstellung der Daten, die wir benötigen, um Ihren Antrag nochmals prüfen zu können.«
    Zwei Jahre lang hatte er von morgens bis spät in die Nacht gearbeitet, seine Familie vernachlässigt und einen Rückschlag nach dem anderen hingenommen, und alles, was er nun vorweisen konnte, war ein zweiseitiger Brief, der seine harte Arbeit schmälerte.
    Nachdem er sorgfältig die Kommentare gelesen hatte, die in allen Einzelheiten die zusätzlich benötigten Daten darlegten, kam Julian zu dem Schluss, dass er acht Pro­banden brauchte, um die Bedingungen der GAFF zu erfüllen. Zunächst dachte er dabei an seine eigenen Patienten. Schließlich verfügte er über alle Einzelheiten ihrer Krankengeschichte und könnte jeden von ihnen nach be­stimmten Parametern gezielt aussuchen. Aber was würde pas­sieren, wenn seine Patienten verschwanden, die Polizei ermittelte und eins und eins zusammenzählte? Er wäre der gemeinsame Nenner. Nein, er befand sich nicht in der angenehmen Lage, sich die perfekten Probanden aussuchen zu können. Da er keine andere Wahl hatte, musste er sich bei der Suche nach den idealen Testpersonen auf seinen Instinkt verlassen. Aber durch den gezielten Einsatz von Medikamenten und sorgfältig eingesetzten Operationsmethoden konnte er fast jedes Symptom oder jede Verfassung hervorrufen, die er für die benötigten Daten brauchte.
    Julian fühlte sich in dieser Bar nicht wohl, hier war er nicht in seinem Element. Aber er war nicht ohne Grund hier, denn in diesem beliebten Hotspot des Gaslamp Quarters im Zentrum von San Diego war jede Menge los, hier war es leichter für ihn, nicht aufzufallen – einfach nur einer unter vielen zu sein.
    Er konnte sich noch an die Zeiten erinnern, als es im Gaslamp Quarter kaum etwas mehr gab als ein paar mit Brettern verbarrikadierte Häuser und Betrunkene, die auf den Straßen
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