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Kein Lord wie jeder andere (German Edition)

Kein Lord wie jeder andere (German Edition)

Titel: Kein Lord wie jeder andere (German Edition)
Autoren: Jennifer Ashley
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vermutete, dass sie Mathers Antrag auch angenommen hatte, weil sie die Hoffnung hegte, er und seine Tante könnten ihr helfen, in die Londoner Gesellschaft aufgenommen zu werden, und zwar nicht nur als Arbeitstier. Als Arbeitstier hatte sie lange genug gedient.
    Von der Gesellschaft wurde erwartet, dass eine Ehefrau bei den Affären ihres Mannes beide Augen zudrückte. Thomas hatte immer gesagt, das sei absoluter Mumpitz, die Regeln hätten sich die Herren der Schöpfung aus reinem Eigennutz ausgedacht. Doch Thomas war auch ein überaus guter Mensch gewesen.
    Den Mann neben ihr konnte man auch mit viel Wohlwollen nicht als gut bezeichnen. Lord Ian und seine Brüder hatten einen miserablen Ruf. Selbst Beth, die die letzten neun Jahre zurückgezogen bei Mrs Barrington verbracht hatte, wusste das. Es wurde von schmutzigen Affären gemunkelt, und Gerüchte über die skandalöse Trennung von Lord Mac MacKenzie und Lady Isabella hatten die Runde gemacht. Vor fünf Jahren hatten die Brüder sogar im Verdacht gestanden, in den Tod einer Kurtisane verwickelt zu sein; an Details konnte Beth sich jedoch nicht mehr erinnern. Der Fall hatte selbst die Aufmerksamkeit von Scotland Yard auf sich gezogen, und alle vier Brüder hatten für eine Weile das Land verlassen müssen.
    Nein, die MacKenzies waren beileibe keine guten Menschen. Aber warum sollte ein Mann wie Lord Ian MacKenzie sich die Mühe machen, die unbedeutende Beth Ackerley davor zu warnen, einen Ehebrecher zu heiraten?
    »Sie könnten jederzeit mich heiraten«, sagte Lord Ian unvermittelt.
    Beth blinzelte verwundert. »Wie bitte?«
    »Ich sagte, Sie könnten auch mich heiraten. Mir ist Ihr Vermögen gleichgültig.«
    »Mylord, warum in aller Welt sollten Sie um meine Hand anhalten?«
    »Wegen Ihrer schönen Augen.«
    »Aber woher wissen Sie das? Sie haben noch kein einziges Mal hingesehen.«
    »Ich weiß es eben.«
    Selbst das Atmen fiel ihr schwer, sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. »Tun Sie das häufiger? Junge Damen vor ihren Verlobten warnen und sich dann selbst als Ehemann anbieten? Offenbar ist Ihre Strategie bislang nie aufgegangen, ansonsten hinge ja schon eine Schar von Ehefrauen an Ihren Rockschößen.«
    Ian wich ihrem Blick erneut aus und massierte sich die Schläfen, als bekäme er Kopfschmerzen. Er war verrückt, rief Beth sich ins Bewusstsein. Zumindest hatte er viele Jahre in einer Nervenheilanstalt zugebracht. Ihr ging durch den Sinn, dass niemand wusste, wo sie war – aber warum verspürte sie gar keine Angst, mit ihm allein zu sein?
    Vielleicht, weil sie während Thomas’ Wohltätigkeitsarbeit in East End schon vielen Verrückten begegnet war. Arme Teufel, die mit Tauen ans Bett gefesselt worden waren. Davon war Lord Ian weit entfernt.
    Sie räusperte sich. »Ich weiß Ihre Güte zu schätzen, Mylord.«
    Ians Hand krampfte sich um die Sessellehne. »Wenn ich Sie heirate, kann Mather Ihnen nichts anhaben.«
    »Wenn ich Ihre Frau würde, wäre das der Skandal schlechthin.«
    »Sie würden es überstehen.«
    Gedankenverloren starrte Beth die Sopranistin auf der Bühne an. Auf einmal erinnerte sie sich wieder an das Gerücht, dass diese Dame angeblich die Geliebte von Lord Cameron MacKenzie, einem weiteren Bruder Ians, gewesen sei. »Wenn irgendjemand mich in diese Loge hat gehen sehen, ist mein Ruf ohnehin ruiniert.«
    »Dann haben Sie ja nichts mehr zu verlieren.«
    Beth könnte sich jetzt empört erheben, die Nase in die Luft recken, wie es Mrs Barrington ihr beigebracht hatte, und davonrauschen. Angeblich hatte Mrs Barrington zu ihrer Zeit manchen Freier sogar geohrfeigt, doch die Ohrfeige würde Beth lieber aussparen. Sie konnte sich nicht vorstellen, mit einem ihrer Schläge Lord Ian aus der Fassung zu bringen.
    »Was würden Sie tun, wenn ich Ja sage?«, fragte sie mit unverstellter Neugier. »Einen Rückzieher machen, irgendwelche Ausreden erfinden?«
    »Ich würde einen Bischof aufsuchen, ihm eine Genehmigung abringen und ihn bitten, uns noch heute Nacht zu trauen.«
    Mit gespieltem Entsetzen fragte sie: »Kein Hochzeitskleid, keine Brautjungfern? Und was ist mit den Blumen?«
    »Sie waren doch schon einmal verheiratet.«
    »Und damit ist mein Bedürfnis nach weißen Kleidern und Maiglöckchen zur Genüge gestillt? Ich muss Sie warnen, Mylord, wenn es um die Hochzeit geht, können Frauen sehr eigen sein. Vielleicht sollten Sie das wissen, falls Sie in der nächsten halben Stunde einer weiteren Dame einen Antrag machen.«
    Ian
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