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Kein Lord wie jeder andere (German Edition)

Kein Lord wie jeder andere (German Edition)

Titel: Kein Lord wie jeder andere (German Edition)
Autoren: Jennifer Ashley
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notiert, sollten Sie eine Befragung wünschen. Andernfalls kann ich auch ein Treffen mit dem Herzog vereinbaren.
    Hochachtungsvoll
    Ian MacKenzie
    Die Sopranistin breitete die Arme aus und ließ die letzte Note zum finalen Crescendo anschwellen, das im donnernden Applaus unterging.
    Beth starrte auf den Brief. Doch auch der ohrenbetäubende Lärm konnte die Worte auf dem Papier nicht auslöschen, die schwarzen Lettern hoben sich scharf von dem weißen Untergrund ab.
    Als Beth endlich wieder Luft bekam, fühlte sie einen heißen stechenden Schmerz in den Lungen. Rasch drehte sie sich zu Mathers Tante um, doch die alte Dame und ihre Gesellschafterin klatschten und riefen: »Bravo! Bravo!«
    Beth erhob sich und schob den Brief zurück in den Handschuh. Die kleine Loge mit den gepolsterten Stühlen und Teetischen schien zu wanken, als sie auf die Tür zuging.
    Verwundert sah die Tante ihr nach. »Geht es Ihnen nicht gut, meine Liebe?«
    »Ich brauche nur ein wenig frische Luft. Hier ist es sehr stickig.«
    Mathers Tante begann, in ihrer Tasche zu kramen. »Benötigen Sie vielleicht Riechsalz? Alice, so helfen Sie mir doch.«
    »Nein, nein. Es geht sicher gleich wieder.« Beth öffnete die Tür und verließ die Loge.
    Zum Glück war der Gang menschenleer. Die Sopranistin war beim Publikum sehr beliebt, und so harrten die meisten Besucher noch erwartungsvoll auf ihren Plätzen aus.
    Während Beth die Galerie entlangeilte, hob die Sängerin erneut die Stimme. Beth fühlte sich schwindelig, und der Brief im Handschuh brannte auf ihrer Haut.
    Was hatte Lord Ian nur dazu bewogen, ihr solch einen Brief zu schreiben? Er war ein Exzentriker, hatte Mather gesagt. War das der Grund? Doch wenn die Anschuldigungen nur den wirren Fantasien eines Verrückten entsprangen, warum hatte der Lord dann ein Treffen mit dem Herzog vorgeschlagen? Der Herzog von Kilmorgan war einer der wohlhabendsten und einflussreichsten Männer Großbritanniens. Er entstammte einem schottischen Adelsgeschlecht, das bis in das 13. Jahrhundert zurückreichte, und sein Vater war von Königin Victoria in den englischen Adelsstand erhoben worden.
    Warum sollte sich ein so vornehmer Mann mit so unbedeutenden Personen wie Beth Ackerley und Lyndon Mather abgeben? Gewiss waren sie und Mather seine Aufmerksamkeit nicht wert.
    Nein, der Brief war einfach zu absonderlich. Es konnte nur ein Lügenmärchen sein, ein Hirngespinst.
    Und doch … mitunter hatte sie Mather dabei ertappt, dass er sie angesehen hatte, als habe er etwas sehr Cleveres zustande gebracht. Beth war im East End aufgewachsen, und dank der Schule, durch die sie ihres Vaters wegen gegangen war, erkannte sie einen Hochstapler schon auf zehn Schritte Entfernung. Hatte sie die Zeichen bei Sir Lyndon Mather einfach nicht sehen wollen?
    Aber nein, das konnte nicht sein. Schließlich hatte sie Mather während ihrer Zeit als Gesellschafterin von Mrs Barrington kennengelernt. Gemeinsam mit Mrs Barrington waren sie in seiner Kutsche gefahren, hatten ihn und seine Tante in der Park Lane besucht, ihn ins Theater begleitet. Immer hatte er Beth mit zuvorkommender Höflichkeit behandelt, so, wie es sich für die Gesellschafterin einer reichen alten Dame geziemte. Und nach Mrs Barringtons Tod hatte er dann um ihre Hand angehalten.
    Nachdem ich ihr Vermögen geerbt hatte , höhnte eine innere Stimme.
    Was hatte Lord Ian mit Zuckerpüppchen andeuten wollen? Er bettelt darum, von ihnen als Sklave behandelt zu werden.
    Ihr Korsett war so eng geschnürt, dass sie kaum noch Luft bekam. Schwarze Flecken tanzten vor ihren Augen, Halt suchend streckte Beth die Hand aus.
    Jemand packte sie fest am Ellbogen. »Kommen Sie!«, raunte ihr eine Stimme mit schottischem Akzent ins Ohr. »Kommen Sie mit mir.«

2
    Bevor Beth ablehnen konnte, hatte Lord Ian sie schon eilig die Galerie entlanggeführt. Er riss eine samtbeschlagene Tür auf und schob sie hindurch.
    Sie standen in einer geräumigen Loge, die mit dicken Teppichen ausgelegt war. Zigarrenqualm hing in der Luft. Beth hustete. »Ich brauche einen Schluck Wasser.«
    Lord Ian drückte sie in einen weich gepolsterten Sessel. Begierig griff Beth nach dem Glas, das er ihr reichte, und begann, den Inhalt hinunterzustürzen.
    Beth rang nach Luft, als sie statt des Wassers Whiskey schmeckte. Der Alkohol brannte zwar wie Feuer in ihrer Kehle, doch langsam kehrten ihre Lebensgeister zurück.
    Von der Loge hatte man einen direkten Blick auf die Bühne. Der erstklassigen Lage nach zu
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