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Kein ganzes Leben lang (German Edition)

Kein ganzes Leben lang (German Edition)

Titel: Kein ganzes Leben lang (German Edition)
Autoren: Daniela Benke
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Parteien die Schwellenwerte. Damit ist die Fusion bei der Europäischen Kommission anmeldungspflichtig. Dass die Parteien keine Wettbewerber sind, ist positiv, da die Anmeldung so nicht aufwendig sein wird. Einer Freigabe steht nichts im Weg“, erklärte Christiano.
    Er linste irritiert zu Lucrezia, die eine Nagelfeile aus ihrer Tasche geholt hatte.
    „Was bedeutet das für den Zeitplan?“, fragte Bruna.
    „Wir sollten zunächst eine Anmeldung in Entwurfsform bei der Kommission einreichen. Die Kommission wird uns mitteilen, ob sie darüber hinausgehende Informationen benötigt. Dieser informelle Kontakt dauert bei unkomplizierten Fällen circa zwei Wochen. Nach Eingang der Anmeldung hat die Kommission dann fünfundzwanzig Arbeitstage, um die Fusion freizugeben. Vorher können Sie den Deal nicht vollziehen.“
    Bruna atmete hörbar aus. „Das heißt, das Geld kann bis zur Freigabe nicht fließen. Das ist ein Problem.“
    „Wir könnten versuchen, einen Sofortvollzug zu erzielen. Auch wenn das nicht ganz einfach ist“, fuhr Christiano fort. „Wie lange haben wir Zeit?“
    Christiano linste ungläubig zu Lucrezia, die sich die Fingernägel feilte. Er drückte auf die
    Stummtaste. „Sag mal, spinnst du? Schreib gefälligst mit“, zischte er.
    „Alles hier gespeichert.“ Sie tippte sich unbeeindruckt an die Stirn.
    „Ich weiß nicht genau“, ertönte wieder Brunas Stimme, „ich werde mit ein paar Leuten sprechen müssen. Die Banken sitzen uns im Nacken. Sie gedulden sich nicht mehr lange. Am liebsten wäre es mir, wenn wir uns treffen könnten. Vielleicht auch mit den Anwälten des Private-Equity-Hauses.“
    „Ich werde mit ihnen Kontakt aufnehmen und ein Treffen organisieren“, versprach Christiano,
    „zudem wäre es sinnvoll, wenn wir bei der Kommission bereits ein Case Team beantragen, das sich um unseren Deal kümmern wird. Ich könnte das mit den Anwälten des Private-Equity-Hauses besprechen.“
    „Ja, bitte, machen Sie das.“
    Als sie aufgelegt hatte, fuhr er Lucrezia an: „Madame, du kannst hier nicht machen, was du willst. So funktioniert das nicht.“ Es tat gut, Luft abzulassen.
    Lucrezia legte die Nagelfeile seelenruhig in ihre Handtasche und holte ihren roten Nagellack heraus. Während sie die Spitzen der Nägel ausbesserte, erwiderte sie ungerührt: „Rot gefällt dir doch, oder?“ Sie sah ihn provozierend an.
    „Das ist kein Nagelstudio hier. Mach dich an die Arbeit. Wir werden nicht viel Zeit haben.“ Christiano war wütend. Lucrezia begann ihm auf der Nase herumzutanzen. Das musste sich ändern.
    „In Ordnung.“ Sie grinste, kam um den Schreibtisch herum, und bevor er sich versah, küsste sie ihn. Ihr Parfum strich ihm um die Nase, eine betörende Mischung aus Honig und Jasmin. „Ich habe Sehnsucht nach dir“, flüsterte sie in sein Ohr und biss ihm sanft ins Ohrläppchen.
    „Raus mit dir“, sagte Christiano schon weniger streng. Ihre Unberechenbarkeit war von einer sinnlichen Natürlichkeit, der er sich einfach nicht zu entziehen vermochte.
    „Was machst du in der Mittagspause?“ Sie sah ihn kokett an.
    Seine Wut verrauchte.
    „Was schlägst du denn vor?“
    Lucrezia spitzte die Lippen.
    „Mhm, lass mich mal nachdenken. Pizza essen?“ Sie sah ihn unschuldig an.
    „Hexe“, murmelte er und zog sie an sich.
     
    „Du ungezogenes Mädchen“, sagte Lucrezia lächelnd zu ihrem Spiegelbild. Sie kämmte ihr Haar und zog ihren Lippenstift nach.
    Sie war gerne ungezogen. Achtzehn Jahre lang war sie erzogen gewesen. Sie trug nur Röcke, die die Knie bedeckten, widersprach ihrem Vater nie und ging jeden Sonntag mit weißer Spitzenbluse in die Kirche. Mit achtzehn hatte sie rebelliert und nach einem schrecklichen Streit mit ihrem Vater das Elternhaus und Sizilien verlassen. Seitdem gab es keine Regeln mehr. Sie glaubte nicht an Moral.
    Sie betrachtete sich im Wandspiegel und strich ihren Rock glatt. Die einzige Erinnerung an ihre Jugend war die Länge ihrer Röcke. Sie bedeckten immer ihre Knie. Sie zeigte nie, was sie hatte. Sie hatte es nicht nötig.
    Gut gelaunt warf sie ihrem Spiegelbild eine Kusshand zu. Die Aussicht auf einen arbeitsintensiven Nachmittag trübte ihre Laune nicht. Ihre Stelldichein gaben dem Anwaltsalltag die richtige Würze.
    Lucrezia nahm ihre Handtasche und verließ mit einem letzten Blick in den Spiegel das Bad. Sie gefiel sich heute.
     
    Anna schob den Kinderwagen durch den Park. Die Sonne schien heiß vom Himmel, obwohl es noch früh war. Sie
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