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Kein ganzes Leben lang (German Edition)

Kein ganzes Leben lang (German Edition)

Titel: Kein ganzes Leben lang (German Edition)
Autoren: Daniela Benke
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schmerzt, ist besser als eine Lebenslüge.“
    „In welcher Illustrierten hast du denn den Blödsinn gelesen?“
    „Werd bloß nicht bitter. Das steht dir nicht.“
    „Wie lange kannst du noch bleiben?“, wechselte Anna das Thema.
    Helene war auf der Durchreise nach Sizilien, wo sie eine Rundreise unternehmen wollte.
    „Noch ein paar Tage.“
    In dieser Nacht fand Anna keinen Schlaf. Sie wälzte sich von einer Seite zur anderen. Sie ärgerte sich, dass sie Christiano das Foto zurückgegeben hatte. Vielleicht hätte sie doch noch Hinweise auf die Identität der Frau gefunden. Warum das plötzlich wichtig war, wusste sie selber nicht. Schließlich machte sie Licht und las. Gegen vier Uhr schlief sie ein, nur um kurz darauf von Laura geweckt zu werden. Erschöpft saß sie in dem weißen Schaukelstuhl in Lauras Zimmer und stillte sie. Als es dämmerte, war sie froh.
     
    Abends klingelte es. Anna hatte Laura gerade gebadet und war dabei, ihr einen Strampler anzuziehen. Sie nahm sie auf den Arm und öffnete die Wohnungstür. Ein großer Blumenstrauß verdeckte Christianos Gesicht. Er trug nichts außer der blauen Badehose. Anna stand unbeweglich im Türrahmen. Nur mit Mühe verkniff sie sich ein Schmunzeln. Christiano hielt ihr den Strauß hin.
    „Ich weiß, einfallslos, aber besser, als mit leeren Händen hier zu stehen.“ Er sah sie bittend an.
    Anna betrachtete den Mann, in den sie sich vor fünf Jahren Hals über Kopf verliebt hatte. Niemals hätte sie es für möglich gehalten, dass ihre Liebe bröckeln würde, dass ihre Ehe genauso herkömmlich war wie andere Ehen.
    „Bitte lass mich reinkommen, sonst mischt sich gleich wieder unsere Nachbarin ein.“
    Sie trat zur Seite. Christiano ging an ihr vorbei und schloss die Wohnungstür.
    Er sah Laura sehnsüchtig an.
    „Darf ich sie einen Moment halten? Bitte.“
    Wortlos reichte Anna ihm Laura.
    Er setzte sich auf die Wohnzimmercouch. Laura lächelte ihn vergnügt an, und er schmolz dahin.
    Die Szene rührte Anna. Doch dann fiel ihr Lauras Geburt ein, und die Wut stieg wieder in ihr auf.
    „Gib sie mir bitte zurück. Ich stille sie jetzt“, sagte sie scharf.
    „Nur noch einen Augenblick. Bitte.“ Er sah sie an.
    „Christiano, das zieht bei mir nicht mehr. Deinen Hundeblick kannst du dir für die andere aufheben.“
    Christiano seufzte.
    „Anna, bitte.“
    „Nein, nicht ‚Anna, bitte‘. Meinst du ernsthaft, du kannst hier mit Blumen und in Badehose auftauchen und alles ist vergessen?“
    „Nein, ich ...“
    „Ich habe während der Geburt die Tür nicht ein Mal aus den Augen gelassen. Nicht ein Mal“, schrie sie ihn unvermittelt an.
    Ihr Gefühlsausbruch erschreckte sie selbst. Christiano zuckte zusammen. Laura fing augenblicklich an zu weinen.
    Anna nahm sie ihm aus dem Arm und drückte das schluchzende Bündel an sich.
    „Es ist ja gut“, murmelte sie in ihr Ohr.
    Zu Christiano gewandt, sagte sie kalt: „Geh jetzt. Es ist nicht der richtige Augenblick.“ Christiano setzte an, etwas zu sagen.
    „Geh!“, schrie Anna. Laura weinte jetzt hysterisch.
    Sie ließ die Tür vor seiner Nase ins Schloss fallen.
    Unentschlossen stand Christiano im Hausflur. Es war einfach lächerlich, dass sie ihn vor die Tür seines eigenen Elternhauses setzte. Aber er spürte, dass es besser war, nachzugeben. Die Wohnungstür der Nachbarin öffnete sich. Sie streckte ihren neugierigen Kopf hervor: „Was ist denn hier ...“ Die Worte blieben ihr im Hals stecken.
    Christiano drehte sich zu ihr um und fuhr sie an. „Noch nie einen Mann in Badehose gesehen?“
     
    Anna kochte vor Wut. Das war so typisch. Christiano nahm sie nicht ernst. Das hatte er sich fein ausgedacht, den Clown spielen, und alles war wieder gut. Je länger sie über seinen Auftritt nachdachte, desto wütender wurde sie. Hätte er mehr zeigen können, dass er sie nicht ernst nahm? Doch so einfach würde sie sich nicht um den Finger wickeln lassen. Es war ein Fehler gewesen, ihm nach Mailand zu folgen, durchfuhr es sie. Sie zog Laura den Schlafsack an. Ihre vielversprechende Karriere hatte sie für Christiano geopfert. Berge von Dokumenten, vollgepackte Posteingänge, aufreibende Telefonkonferenzen und lange Nächte kamen ihr in den Sinn. Aber auch das Hochgefühl nach gewonnenen Verhandlungen, erfolgreich abgeschlossenen Projekten. So hatte ihr Leben ausgesehen. Eine leise Sehnsucht nach dem Adrenalin, der Herausforderung und der Anerkennung befiel sie. Laura krähte. Liebevoll ruhte Annas Blick auf
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