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Kein Durcheinander

Kein Durcheinander

Titel: Kein Durcheinander
Autoren: Jules Verne
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betheiligen, zumal da die Resultate derselben sehr fraglicher Natur zu werden schienen. Nur diejenigen Mächte, deren obere Grenz-oder Küstenlinie sich – relativ – dem vierundachtzigsten Breitengrade nähert, beschlossen, ihre Rechte durch officielle Abgesandte vertreten zu lassen. Es wird sich übrigens zeigen, daß diese nur bis zu einem verhältnißmäßig geringen Preise mit zu bieten beauftragt waren, denn es handelte sich ja um ein Stück Erde, dessen wirkliche Besitznahme sich vielleicht als unmöglich erwies. Nur das nimmersatte England glaubte seinem Vertreter einen ziemlich bedeutenden Credit bewilligen zu müssen. Doch beeilen wir uns, es auszusprechen; die Abtretung der circumpolaren Gegenden bedrohte in keiner Weise das europäische Gleichgewicht und konnte keine Veranlassung zu internationalen Verwickelungen abgeben. Selbst Fürst Bismarck – der große Kanzler lebte zu jener Zeit noch – runzelte dazu nicht die mächtigen Augenbrauen des deutschen Jupiter.
    Es blieben also nur England, Dänemark, Schweden-Norwegen, Holland und Rußland übrig, welche ihre Angebote vor dem Auctionscommissär in Baltimore gegenüber dem der Vereinigten Staaten abgeben sollten. Dem Meistbietenden sollte die eisige Calotte des Pols, deren Handelswerth mindestens sehr zweifelhaft war, zugeschlagen werden.
    Wir verzeichnen hier noch zum Ueberfluß die persönlichen Gründe, aus denen die fünf europäischen Staaten wünschten, die Versteigerung zu ihren Gunsten ausfallen zu sehen:
    Schweden-Norwegen, als Eigenthümer des Nordcaps, jenseit des siebenzigsten Breitengrades, verhehlte nicht, daß es glaube, Anrechte auf die ausgedehnten Gebiete zu besitzen, welche sich bis Spitzbergen und über dieses hinaus bis zum Pole erstrecken. Der Norweger Kheilhau und der berühmte Schwede Nordenskjöld hatten ja unbestreitbar zu den Fortschritten der Geographie jener Gegenden wesentlich beigetragen.
    Dänemark seinerseits erklärte, es sei bereits Herr von Island und den Faröern (Inseln) nahe dem Polarkreise; ihm gehörten die im Norden der arktischen Regionen bisher gegründeten Niederlassungen, wie die Insel Diskö in der Davisstraße, die Etablissements von Holsteinborg, Proven, Godhavn, Uppernivik im Bassinsmeere und an der Westküste Grönlands. Dazu war der berühmte Seefahrer Behring von dänischer Abstammung, obwohl er später in russische Dienste trat, und dieser hatte ja vom Jahre 1728 an die Meerenge, der sein Name verblieben ist, überschritten; leider kam er dreizehn Jahre später mit dreißig Köpfen Mannschaft elend am Strande einer Insel um, welche ebenfalls nach ihm benannt wurde. Lange vorher, 1619, hatte schon der Seefahrer Johann Munk die Ostküste Grönlands erforscht und mehrere bisher gänzlich unbekannte Punkte aufgenommen, Dänemark besaß also sehr begründete Rechte, sich jenen Besitz zu erwerben.
    Was Holland anging, so hatten seine Seefahrer Barentz und Heemskerk bereits gegen Ende des sechzehnten Jahrhunderts Spitzbergen und Nowaja Semlja besucht. Einer seiner Söhne, Johann Mayen, war es auch gewesen, dessen kühner Nordlandszug seinem Vaterlande den Besitz der jenseit des einundsiebzigsten Breitengrades gelegenen Insel dieses Namens eingetragen hatte. Die Vergangenheit verlieh diesem Staate also auch gewisse Anrechte.
    Die Russen betreffend, hatten diese mit Alexis Tschirikof, unter dessen Befehl einst Behring stand; mit Paulutsky, dessen Expedition 1751 bis über die Grenzen des Eismeeres hinauskam; mit dem Kapitän Martin Spanberg und dem Lieutenant Wilhelm Walton, die sich 1739 in jene unbekannten Gebiete hinauswagten – einen beträchtlichen Antheil an den Forschungen genommen, welche über der Asien und Amerika trennenden Meerenge zu verzeichnen sind. Ueberdem beherrschen sie durch die Lage und Ausdehnung der sibirischen Landmasse, welche sich über einhundertzwanzig Längengrade bis zu den äußersten Grenzen Kamtschatkas ausdehnt – jene ungeheuere asiatische Küstenstrecke, an der Samojeden, Jakuten, Tschuktschen und andere ihrer Herrschaft unterworfene Völker wohnen – schon an und für sich die eine Hälfte des Eismeeres. Dazu besitzen sie unter dem fünfundsiebzigsten Breitengrade, kaum neunhundert (See-) Meilen vom Nordpol entfernt, die Inseln und Eilande von Neu-Sibirien, d. h. jenen von Liatkow zu Anfang des 18. Jahrhunderts entdeckten Archipel. Endlich hatte im Jahre 1764, vor den Engländern, den Amerikanern und den Schweden, ihr Seefahrer Tschitschagoff eine nördliche
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