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Kein Durcheinander

Kein Durcheinander

Titel: Kein Durcheinander
Autoren: Jules Verne
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hatte, als er bei der Grenzberichtigung zwischen Ostindien und Birma beschäftigt war. Er lachte niemals und hatte wahrscheinlich in seinem Leben noch nicht gelacht. Wozu auch?… Hat man jemals eine Locomotive, einen Elevator oder ein Dampfschiff lachen sehen?
    In dieser Beziehung unterschied sich der Major sehr wesentlich von seinem Secretär Dean Toodrink – ein geschwätziger, lustiger Kerl mit offenem Kopfe, auf der Stirn sich kräuselnden Haaren und kleinen, faltenumrahmten Augen. Er war Schotte von Geburt und in »dem alten Rauchfang« (Edinburgh) allbekannt wegen seiner ergötzlichen Streiche und seiner Liebhaberei für Witzworte. Doch, so aufgeräumt er sich meist zeigte, so halsstarrig, abweisend und unversöhnlich – – ganz wie Major Donellan – konnte er werden, wenn es sich um die ungerechtfertigtesten Ansprüche Großbritanniens handelte.
    Diese beiden Abgesandten mußten offenbar die hitzigsten Widersacher der amerikanischen Gesellschaft werden. Der Nordpol gehörte eben ihnen, als ob der Weltenschöpfer ausschließlich den Engländern den Auftrag ertheilt hätte, die Drehung der Erde um ihre Achse zu überwachen, und sie es schon zu verhindern wissen würden, daß diese in andere Hände käme.
    Wir müssen hier auch erwähnen, daß, wenn Frankreich davon abgesehen hatte, einen officiellen oder officiösen Vertreter zu entsenden, sich doch ein französischer Ingenieur »aus Liebe zur Kunst« eingestellt hatte, um den Verlauf dieser merkwürdigen Angelegenheit aus der Nähe zu verfolgen. Wir werden diesen später auf der Bildfläche erscheinen sehen.
    Die Vertreter der nördlichen Staaten Europas waren also in Baltimore eingetroffen und zwar mit verschiedenen Postdampfern, als Leute, welche sich vor gegenseitiger Beeinflussung zu hüten suchen. Sie waren ja Rivalen – jeder trug den zum Wettkampf nöthigen Credit in der Tasche, doch, wohl zu bemerken, sollten sie nicht mit gleichen Waffen kämpfen. Der eine konnte über eine Summe verfügen, welche eine Million noch nicht erreichte, der Andere über eine solche, die weit darüber hinausging. Und wahrlich, um einen Bruchtheil unseres Sphäroïds zu erwerben, auf den den Fuß zu setzen fast unmöglich schien, mußte das ein viel zu hoher Preis sein. Der nach dieser Seite am besten ausgestattete Abgesandte war unbedingt der Englands, denn das Vereinigte Königreich hatte diesem einen sehr beträchtlichen Credit ausgeworfen. Dank diesem Credite konnte es Major Donellan keine große Mühe machen, seine schwedischen, dänischen, holländischen und russischen Mitbewerber zu besiegen. Mit Amerika freilich lag die Sache anders, und es wurde sicherlich nicht so leicht, dieses auf dem Dollars-Schlachtfelde zu überwinden. Mindestens war es sehr wahrscheinlich, daß die geheimnißvolle Gesellschaft über sehr beträchtliche Geldmittel verfügte. Der mit Millionen geführte Kampf concentrirte sich also voraussichtlich zwischen den Vereinigten Staaten und Großbritannien.
    Mit der Ausschiffung der europäischen Abgesandten begann die öffentliche Meinung sich ernstlicher zu erwärmen. Durch die Zeitungen liefen die seltsamsten Gerüchte und über die Erwerbung des Nordpols wurden die unglaublichsten Hypothesen aufgestellt. Was sollte denn mit ihm geschehen, was konnte mit ihm vorgenommen werden?… Nichts – wenn er nicht etwa dazu dienen sollte, die Eismagazine der Alten und der Neuen Welt zu speisen. Eine Pariser Zeitung, der »Figaro«, trat wirklich aus Scherz für diese Ansicht ein. Freilich mußte man dazu über den vierundachtzigsten Breitengrad hinaus gelangen können.
    Hatten sich die Abgesandten während ihrer transatlantischen Reise gemieden, so traten sie nach ihrem Zusammentreffen in Baltimore doch einander schnell näher.
    Die Gründe hierfür waren folgende.
    Seit der Ankunft hatten sich alle einzeln, und ohne von einander darum zu wissen, mit der »
North Polar Practical Association
« in Beziehung zu setzen gesucht. Was sie zu erfahren strebten, um gegebenen Falls davon Nutzen zu ziehen, waren die der ganzen Sache zu Grunde liegenden Motive, neben Aufklärung darüber, welchen Vortheil die Gesellschaft sich von jener verspreche. Bisher wies nichts darauf hin, daß sie in Baltimore eine Geschäftsstelle errichtet oder schon Beamte angestellt habe. Nichts von alledem; wegen näherer Auskunft hatte man sich nur nach der
High-street
an William S. Forster zu wenden. Es schien aber nicht, als ob der ehrenwerthe Stockfischagent von der ganzen
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