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Kein Biss unter dieser Nummer

Kein Biss unter dieser Nummer

Titel: Kein Biss unter dieser Nummer
Autoren: Mary Janice Davidson
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getötet
hatten.
Doch einem Unschuldigen würde er niemals ein Leid zufügen. Er war tadellos gekleidet, aber auch in eine Wolke aus Hundehaaren gehüllt. Und obwohl er alt genug war, um Rente zu beziehen, steckte er für immer in dem straffen, durchtrainierten, faltenfreien, muskulösen Körper eines jungen Mannes im besten Alter. Im Schlafzimmer war er ein unaufhaltsamer, unersättlicher Satyr mit weitaus mehr Erfahrung in flotten Dreiern als Charlie Sheen, doch er war mir absolut treu. Mit einem Blick seiner glänzenden schwarzen Augen war er fähig, jedem seinen Willen aufzuzwingen, doch wenn er mich ansah, stand darin nur süße, rührselige Liebe. Vermutlich wäre mir ein ruhiger, spießiger, berechenbarer Partner eh bald zu langweilig geworden. Sinclair war niemals langweilig.
    Er war mein Ehemann und mein König, und zusammen regierten wir (gewissermaßen) die Vampirnation (die keine Landesgrenzen hatte; es gab auch keine Grenzpatrouillen, Einbürgerungstests, patriotische Stoßstangenaufkleber oder Steuern). Wir wurden von vielen gefürchtet und gehasst und von noch weitaus mehr belästigt. König Personifizierte Welpenliebe baute sich in all seiner schwachsinnigen Welpenkuschelpracht vor mir auf.
    Dennoch war es mir schier unmöglich, ihn nicht mit einem Dauergrinsen im Gesicht anzustarren, denn seine ungetrübte Freude über seine neue Freiheit war ansteckend.
    Im Moment allerdings entschloss ich mich, auf meinem Glück herumzutrampeln. Einer von uns musste ja der vernünftige Erwachsene sein, verflucht, und das Universum schien es spaßig zu finden, dass ausgerechnet ich das sein sollte. Dennoch musste ich ein Exempel statuieren. Oder so was in der Art.
    »Als ich den Teufel darum bat, das Licht für dich erträglich zu machen, wusste ich nicht, dass die Sonne deinen IQ um fünfzig Punkte schmelzen würde.« Ich hatte mich fürs Tadeln entschieden und wollte es durchziehen. »Ist es zu viel verlangt, dass du einen Hauch an Selbstachtung bewahrst? Zumindest dazu solltest du doch fähig sein. Falls dein Gedächtnis noch funktioniert.«
    Puppi und Struppi antworteten für ihn mit Welpenjapsen. Die kleinen schwarzen Hunde wanden sich wie haarige Würmer, seit ich herausgekommen war. Sie himmelten ihn an, wichen nicht von seiner Seite und jaulten bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen er sie nicht mitnahm, zum Steinerweichen, aber sie liebten es mindestens ebenso sehr, ihre Haare und ihren Sabber über mich zu verteilen. Sinclair hielt sie in jeder Hinsicht für perfekt; ich hingegen konnte ihre unendliche Niedlichkeit nur in kleinen Dosen ertragen. Ich bin ein Katzenmensch, dessen Katze tot ist. Im Grunde genommen war mein Verhältnis zu Giselle zu ihren Lebzeiten nicht anders gewesen: Wir hatten einander ignoriert und waren unserer eigenen Wege gegangen. Was uns beiden recht war, also machen Sie sich gar nicht erst die Mühe, darüber zu urteilen!
    »Wo ist mein tougher Vampirkönig geblieben?«, beklagte ich mich. Im Gegensatz zu den meisten rhetorischen Fragen ließ sich diese beantworten. »Er hat sich auf unbestimmte Zeit in einen Bauernjungen verwandelt«, lautete die richtige Antwort. Sinclair war auf einer Farm aufgewachsen und von Kindesbeinen an immer von einem Rudel von Hunden umgeben gewesen (er kam übrigens ins Teenageralter, bevor man das Wort
Teenager
erfunden hatte). Nachdem er zum Vampir geworden war, hatte er es jedoch für grausam gehalten, sich einen Hund anzuschaffen, da er tagsüber niemals mit ihm Gassi gehen und jeden Augenblick wieder sterben konnte. Ein ziemlich düsteres Schicksal, nicht wahr? Tja, rein zufällig habe ich es geändert. So, wie ich rein zufällig den Zeitstrom verändert und Lena Olin getötet habe. Denn so bin ich halt: ein Katastrophenmagnet.
    Nicht nur, dass ich (buchstäblich) einen Handel mit dem Teufel geschlossen hatte, um Sinclairs Seele zu retten (gewissermaßen), ich hatte ihm auch die Welpen geschenkt. Sozusagen als ein »Hey, wie schön, dich wieder im Sonnenschein zurückzuhaben!«-Geschenk. Allerdings hatte ich keine Ahnung, dass er dadurch schwachsinnig werden würde, wie ich zu meiner Verteidigung erneut betonen möchte.
    »Du warst mal ein harter Typ, aber jetzt bist du der untote Hundeflüsterer«, sagte ich spöttisch. »Wo ist der kaltblütige, rücksichtslose Vampir geblieben, den ich liebe und hasse?«
    »Hier! Der böse, böse Vampirkönig ist genau hier, meine kleinen utzidutzi Prachtstücke, ja, das ist er! Ja, das ist er!«
    Jesses
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