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Katzensprung

Katzensprung

Titel: Katzensprung
Autoren: Christiane Gibiec
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aufgeregte Beamte stapfte wie Rumpelstilzchen vor Kürten
herum, der Hanna über dessen Schulter heranwinkte.
    Dann wandte er sich dem geifernden Jungpolizisten zu: »Das ist ja
alles höchst interessant und informativ. Allerdings muss ich die Angelegenheit
wegen einer wichtigen Ermittlung leider erst einmal vertagen.«
    »Wie bitte? Sind Sie noch ganz dicht?«, giftete der Beamte. Sein
Muttermal zuckte angeekelt auf und ab. »Die fette Kuh wollte mich über den
Haufen fahren!«
    »Berti, jetzt lass doch …«, war seine Kollegin beschwörend aus dem
Hintergrund zu hören.
    Doch es war bereits zu spät. Nun brannten auch bei Hanna sämtliche
Sicherungen durch.
    »Wenn ich dich hätte erwischen wollen, wärst du jetzt ein Fleck auf
meiner Windschutzscheibe, du Wicht!«, rief sie. Der Beamte namens Berti drängte
sich an Kürten vorbei und ging auf die Kommissarin in der Lederjacke los.
    Aus der Fußgängerzone traten mehrere Passanten näher an die Szenerie
heran. Viele von den Schaulustigen hatten bereits eine Zeit lang von der
Mittel- und Bismarckstraße dem Aufgebot an Polizei und Feuerwehr durch den Zaun
hindurch zugesehen.
    Doch dort war nicht mehr besonders viel passiert. Auf der Baustelle,
die sich seit Monaten wie eine überdimensionale Wunde im Zentrum der Stadt
ausgebreitet hatte, herrschte kompletter Baustopp. Und nun standen auch die Einsatzfahrzeuge
der Ordnungskräfte nur noch um einen gelb-schwarzen Bagger herum, dessen
Schaufel ungewohnt hoch in den Himmel gereckt und dort wie vor Schreck erstarrt
war.
    Der Baggerführer und einige Blaumänner standen rauchend auf der dem
Rathaus zugewandten Seite hinter dem flatternden Absperrband der Polizei. Durch
die für Neugierige in der blickdichten Folie extra angebrachten Gucklöcher in
der Fußgängerzone waren nach dem spektakulären Einzug der Hilfskräfte mit
Blaulicht und Sirene am frühen Morgen nun nur noch Warterei und Stillstand zu
beobachten.
    Also bedeutete der Aufstand am Eingang zur Baustelle eine
willkommene Abwechslung für alle Beteiligten. Die Schaulustigen konnten
beobachten, wie die leicht übergewichtige Frau in der Lederjacke den Angriff
des jungen Polizeibeamten ins Leere laufen ließ, indem sie sich mit einer
eleganten Drehung von ihm wegdrehte. Die ins Leere gehende kinetische Energie
des Uniformierten nutzte sie, um ihn vor dem dunkelblauen Opel, der schon
bessere Tage gesehen hatte, zu Fall zu bringen. Allerdings ohne dass sich der
übereifrige Polizist beim Aufschlag auf das Verbundsteinpflaster allzu sehr
verletzen konnte.
    »Alle Achtung, nicht schlecht!«, meinte ein Mann mit zwei Aldi-Tüten
zu einer neben ihm stehenden Frau mit Kinderwagen. Die nickte. Hinter den
beiden klatschte jemand in die Hände. Das tat auch das Kleinkind im
Kinderwagen.
    * * *
    Kürten konnte gerade noch verhindern, dass Hanna dem Idioten aus
Düsseldorf bei dem Versuch, ihre Waffe zurückzuerobern, die Schulter auskugelte.
Der Polizist am Boden schrie, während Hanna mit ihren obligatorischen
Blundstones, den australischen Tretern mit Stahlkappe und dem geländetauglichen
Profil, erst dessen Waffe wegkickte und den anderen Fuß dann auf seinem Rücken
platzierte. Sie überdehnte den Arm des Mannes, bis er ihre Dienstwaffe kraftlos
auf den Boden fallen ließ.
    »Sofort aufhören!«, rief Kürten.
    Er zerrte Hanna von dem Polizisten am Boden weg. Seine Kollegin half
ihm wortreich auf und entfernte ihn vom Schauplatz, nicht ohne dass Berti »Dich
krieg ich noch!« über seine Schulter rief und »Das wird ein Nachspiel haben!«.
    »Du kannst jederzeit Revanche haben. Wenn du noch eine Abreibung
willst!«, rief Hanna zurück.
    In der Menge der Neugierigen waren Gelächter und vereinzelter Applaus
zu hören. Offensichtlich stieß der erfolgreiche Widerstand der vermeintlichen
Zivilistin gegen die Staatsmacht auf Gegenliebe.
    Nicht so bei Kürten.
    »Sag mal, bist du noch zu retten?«, zischte er, während er Hanna
hinter die schützende Einzäunung der Baustelle zog.
    »Das Letzte, was wir gebrauchen können, ist ein Skandal, weil du
einen Kollegen umhaust!«
    Kürten schob Hanna über den hellbraunen Sand der Baustelle. Das
Gelände war schätzungsweise so groß wie ein Fußballfeld. Verschiedene Sorten
Bauschutt waren säuberlich nach Arten geordnet auf der Itterseite des Geländes
gestapelt worden. Baustahl, Holzbalken und mit erstarrtem Beton verklebte
Schütten für die Baukräne standen herum.
    Das gesamte Areal der ehemaligen Sparkasse lag vor ihr
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