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Katzensprung

Katzensprung

Titel: Katzensprung
Autoren: Christiane Gibiec
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der
offenkundigen Ursache von Emilios Wandlung in den Magen und in die Knie. Sie
wankte, fasste sich dann aber und bestellte an der Theke mit klirrender Stimme
ein Bier, stürzte es hinunter und rief Emilio, bevor sie abrauschte, zu, dass
er entweder in der nächsten Stunde nach Hause kommen solle oder nie mehr.
    Er kam und ließ reuig ihren Ausbruch über sich ergehen, versicherte
Trudi, dass es nichts von Belang sei, sie solle das alles nicht so hochspielen.
Dann war er zur Charmeoffensive übergegangen, hatte sie auf die Stupsnase
geküsst, sie zärtlich umworben und ihr wieder und wieder seine Liebe
versichert.
    Sei la sola, sempre la sola, scusa amore mio .
    Wie sie den Italienerschmus mit dem gewollten Akzent inzwischen
hasste, eine durchschaubare Masche, die er anwendete, wenn er bei Frauen
Eindruck schinden wollte, und der auch Trudi früher auf den Leim gegangen war.
    Nach dem Schema war es in den folgenden Monaten immer wieder
abgelaufen. Emilio verhielt sich mustergültig, bis ihr Misstrauen schwand und
sie sich einigermaßen in Sicherheit wiegte. Kaum war es so weit, entdeckte sie
wieder Anrufe oder SMS auf seinem Handy, als
deren Urheberin sich jene Frau herausstellte, Parfumgeruch und lange schwarze
Haare an seiner Jacke, den Bon einer Nachtbar in Heckinghausen, in die sich
Emilio normalerweise niemals verirrt hätte.
    Und jedes Mal wieder Panikattacken und Schweißausbrüche, Angst- und
Wutzustände. Alles kaputt schlagen, ein Fußtritt nach zwanzig Jahren, die
Familie zerstören! Schreien, brüllen, mit den Fäusten auf ihn einschlagen,
weglaufen, wiederkommen, die Drohung, mit dem Geld und mit Luna abzuhauen, auf
den Knien wimmern, er möge von dieser Frau – Trudi belegte sie mit
unaussprechlichen Ausdrücken – ablassen, was Emilio ihr immer wieder schwor.
    Und nun, nach einer Phase der relativen Ruhe, dieser bodenlose
Anruf. Es reichte, sie konnte und wollte nicht mehr, der Alptraum musste ein
Ende haben.
    Während des Streits klingelte dreimal das SMS -Glöckchen
von Emilios Handy. Bevor Trudi nachsehen konnte, öffnete er das Fenster, riss
ihr das Gerät aus der Hand und warf es auf den Hof. Als es dort ausdauernd zu
klingeln begann, rannte er ins Bad, kam mit einem gefüllten Wassereimer zurück
und kippte ihn hinterher.
    Beweismaterial, er vernichtet Beweismaterial, dachte Trudi. Vor Wut
und Ohnmacht kamen ihr wieder die Tränen, und sie sank erschöpft auf die
Bettkante.
    ***
    Mit einem Ruck hob Olga Popovich den Kopf von der Brust ihres
Kollegen und fixierte ihn durch die Haarsträhne, die ihr über das Gesicht fiel.
Ihre Augen wurden zu Schlitzen.
    »Sag das noch mal.«
    Der blonde Polizist Max Zapatka zuckte mit den Schultern und nickte
schuldbewusst, sie hatte richtig gehört. Die Beichte war ein Hammer für Olga,
das war ihm klar, aber er hatte sie nicht mehr aufschieben können.
    Zwillinge, ein halbes Jahr alt, mit der Mutter nichts zu tun, aber
zuständig nach Wochenplan. Kein Sonntagspapa.
    Olga setzte sich auf und atmete durch, eine Weile verschlug es ihr
die Sprache.
    »Irgendwann hattest du aber mit der Mutter zu tun, oder war es
Fremdbestäubung?«
    »One-Night-Stand, sie hat’s drauf angelegt, sie wollte unbedingt ein
Kind. Von mir oder von jemand anderem, war ihr ganz egal. Es war vor deiner
Zeit, du kannst es mir nicht zum Vorwurf machen.«
    »Hauptsache, ein hübscher blonder Bubi, was?«
    Olgas Stimme war schrill und kippte. Dass er ihr das jetzt sagte,
nach dreimonatiger Beziehung, wo sie gerade dabei war, sich einzulassen. Nun
gab es auch eine plausible Erklärung dafür, dass er so oft nicht konnte. Da
hatte sie sich ja mal wieder den Richtigen ausgesucht.
    »Sie ist sicher auch groß und blond?«
    »Ja, Süße, ist sie, aber ich stehe auf klein und dunkel,
Zigeuneraugen, du weißt es.«
    Er zog sie wieder herunter. »Ich will nur dich, hörst du? Die Frau interessiert
mich nicht die Bohne.«
    »Und jetzt musst du zu deiner Brut? Ausgerechnet am Freitagabend?«
    »Noch nicht gleich, ein Stündchen geht noch. Um zehn muss ich in
Oberbarmen sein, die Mutter will auf ’ne Party. Sind zwei goldige Jungs,
ehrlich, ganz knuddelige Bürschchen, so süß wie meine Olga.«
    Wenn er jetzt die Namen sagt, schmeiße ich ihn raus, dachte Olga und
richtete sich wieder auf.
    »Warum tust du das, warum kümmerst du dich um sie?«
    »Weil es meine Kinder sind, sie sehen mir ähnlich, ich habe
Vatergefühle. Wer weiß denn, ob ich noch jemals andere Kinder kriege, bei den
Frauen
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