Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg
Autoren: E Mendoza
Vom Netzwerk:
teilt mir mit, dass dein Sohn Guillermo bei einer Schießerei verwundet worden ist. Ich weiß nicht, ob schwer. In diesem Moment wird er in der Klinik behandelt. Dein Platz ist jetzt bei ihm. Er braucht dich. Ich lasse dich in einem Dienstwagen hinbringen. Und halte mich bitte auf dem Laufenden, was mit deinem Sohn passiert.»
    Er drückte auf eine Klingel, Gehilfen kamen, und nach einem kurzen Abschied entfernte sich die bekümmerte Herzogin. Wieder allein, ließ sich Alcalá Zamora mit dem Innenminister verbinden und beauftragte ihn damit, José Antonio Primo de Rivera zur Fahndung auszuschreiben. Ein wenig überrascht, wagte Amós Salvador Einwände zu erheben. «Rein juristisch wäre das problemlos, Herr Präsident. Aber der Landeschef der Falange im Gefängnis ist eine Zeitbombe. Seine Trupps werden auf die Barrikaden steigen. Und alle können wir nicht einsperren.»
    «Sperr ein paar Rädelsführer ein. Du weißt schon, ihre Reihen vorübergehend dezimieren. Einige Zeit im Kittchen zu verbringen ist in diesem Land kein Schandfleck. Mich hat man noch 1931 verhaftet. Steck sie ins Modelo-Gefängnis, und wenn es Radau gibt, schaffst du sie aus Madrid raus und bringst sie an einen ruhigen Ort; nach Lugo, Teneriffa, Alicante, was dir eben einfällt. Dort werden sie vor den anderen und vor sich selber sicher sein.»

41
    Anthony Whitelands schreckte aus dem Schlaf auf. Sein Begleiter hatte ihm einen Strahl Siphon ins Gesicht gespritzt. Er erinnerte sich nur mit Mühe, wo er sich befand, bis er nach dem Reinigen der Brillengläser José Antonio Primo de Riveras düsteres Gesicht sah. Sie befanden sich nach wie vor in der Bar in der Calle de Alcalá. Als José Antonio sah, dass Anthony wach war, sagte er: «Schlechte Nachrichten. Man hat Guillermo del Valle umgebracht.»
    Im Lokal war niemand mehr; inzwischen schien auch der Kellner verschwunden zu sein. Schlagartig war Anthony wieder nüchtern. «Guillermo ist tot?», fragte er ungläubig. «Das bist du gewesen! Guillermo del Valle war der Falangist, der zu mir gekommen ist. Der einen Verräter in euren Reihen entdeckt hatte. Jetzt verstehe ich alles! Die Toñina hat im Schrank gelauscht, wo sie sich versteckt hatte. Dann hat sie mir eine Ohnmacht vorgegaukelt und nachher bei der erstbesten Gelegenheit alles Higinio Zamora erzählt. Und Higinio, der Mistkerl, hatte mir sein Mündel aufgehalst, damit sie mich überwachen konnte …»
    «Jetzt reicht es aber mit dem Schwachsinn. Sogar wenn deine Phantasien stimmten, würde ich einem Bruder von Paquita kein Haar krümmen. Guillermo ist von zwei Agenten deines Freundes umgebracht worden, des Oberstleutnants Marranón. Und jetzt hat man Order erteilt, mich zu verhaften. Mein Bruder Miguel und andere Falangechefs sind bereits festgenommen worden, und in ganz Madrid suchen mich Patrouillen. Sie werden bald hier sein. Bestimmt hat ihnen der Kellner den Tipp gegeben. Darum ist er auch abgehauen.»
    «Was hast du vor? Du kannst dich immer noch verkrümeln.»
    «Nein. Ich bin der Landeschef der Falange. Ich verstecke mich nicht. Wenn sie mich verhaften wollen, dann sollen sie auch dafür geradestehen.»
    Beim Sprechen zog er die Pistole aus der Tasche. Anthony erschrak. «Du wirst doch wohl der Polizei keinen Widerstand leisten.»
    José Antonio lächelte, entnahm der Waffe das Magazin und legte beides auf den Tisch. «So verrückt bin ich denn doch nicht. Ich lasse die Waffe hier liegen, damit sie nicht unter dem Vorwand der Notwehr auf mich schießen können. Ich will keine weitere Gewalt mehr. Ob du es glaubst oder nicht, ich habe die Gewaltanwendung immer abgelehnt. Gott weiß, welche Anstrengungen ich habe unternehmen müssen, um die gerechte Empörung der Kameraden über den Machtmissbrauch der ruchlosen Sozialisten zu zügeln, dem gegenüber die Behörden blind sind, und um zu verhindern, dass die Falange diesen Abhang ohne Ende hinabstürzt. Leider habe ich angesichts der Realität dem Gebrauch der Waffen zustimmen müssen, damit man uns nicht wie Ungeziefer ausrottet. Ich habe es satt. Vielleicht hast du recht, vielleicht habe ich mehr als genug Grund, meiner eigenen Schöpfung den Rücken zu kehren. Ich wollte Frieden und Versöhnung. Aber man hat mich nicht gewähren lassen. Ich habe mein Leben für Spanien hingegeben, und Spanien hat mir den Rücken zugedreht. Ich habe die Arbeiterklasse verteidigt, und die Arbeiterklasse greift mich an, statt mir zuzuhören. Niemand hört auf mich. Dabei hätte ich erreichen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher