Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg
Autoren: E Mendoza
Vom Netzwerk:
der Präsident stammten beide aus Priego, einem Ort in der Provinz Córdoba. Außergewöhnlich intelligent, beharrlich und fleißig, verließ Alcalá Zamora als junger Mann Priego, um an der Universität zu studieren, in die Politik zu gehen und es bis ins höchste Amt der Nation zu bringen. Sie, ein wenig jünger als er, verließ kurz darauf den Ort ebenfalls, um im Internat der Sacre-Cœur-Nonnen von Sevilla eine sorgfältige Bildung zu erhalten; danach heiratete sie Álvaro del Valle, Herzog von Igualada. Bevor sie sich aus den Augen verloren, hatten Niceto und Marujín als Kinder miteinander gespielt und Streiche angestellt und danach sogar mit harmlos pubertärem Kokettieren begonnen. Später hatten sie sich gelegentlich wiedergesehen, stets im Rahmen von Protokoll und Zeremoniell.
    «Du bist so hübsch wie immer, Marujín. An dir geht die Zeit spurlos vorbei.»
    «Man hat mir schon gesagt, dass du weniger siehst als ein Maulwurf, Niceto. Ich bin eine Vogelscheuche geworden. Zudem ist mir das Schlimmste passiert, was einer Frau passieren kann, und darum bin ich gekommen.»
    Aufgeschreckt durch diese unerwartete Erklärung, strich sich Alcalá Zamora über den Schnurrbart. «Erzähl mir deine Nöte, Kindchen», sagte er.
    Die Herzogin ließ mit einer Gebärde ihrer behandschuhten Hand den Schmuck klingeln. «Ich bin gekommen, um dich um einen kleinen Gefallen zu bitten. Eine Angelegenheit zwischen dir und mir, Niceto. Ich habe das Haus durch die Hintertür verlassen, damit niemand mitbekommt, dass ich hier bin, und es darf es auch niemand wissen. Nicht wegen unserer Reputation, das Alter schützt uns vor bösem Geschwätz. Sondern wegen dem, worum ich dich bitten möchte.»
    «Was in meiner Macht liegt – du weißt schon.»
    «Ich will, dass du den Marquis de Estella ins Gefängnis wirfst. Versprich mir, es zu tun, Niceto, um unserer alten Freundschaft willen.»
    «Den Sohn von Primo? Donnerlittchen, manchmal hätte ich wirklich Lust dazu, ich gestehe es. Dieser Kerl ist ein Windbeutel. Vielleicht nicht aus eigenem Verschulden – mit fünf hat er die Mutter verloren, und dann die Gelage seines Vaters … Aber deine Bitte liegt außerhalb meiner Kompetenz, Maruja. Ich bin kein Diktator. Ich muss über die republikanische Gesetzmäßigkeit wachen, mit dem Wort und noch mehr mit dem Beispiel.»
    Übergangslos schlüpfte die Herzogin in die Rolle der Tragödin. Eine Weile hörte der Präsident der Republik sie wimmern und sah ihren Busen wogen. Nachdem er sie mehrmals liebevoll ermahnt hatte, fand die trostlose Mutter endlich die Sprache wieder. «Dieser Emporkömmling von Marquis ist die Quelle all meines Schmerzes», sagte sie. «Gestern habe ich meine ältere Tochter dabei ertappt, wie sie in Tränen zerfloss. Den Grund wollte sie mir nicht nennen, aber einer Mutter braucht man gewisse Dinge gar nicht erst zu erzählen. Seit längerem scharwenzelt er um sie herum. Paquita ist durch und durch eine Frau, sie hat zwar den Kopf auf den Schultern und die Füße auf dem Boden, aber sie ist eine Frau. Und für Schmalspurschürzenjäger hält der Teufel viele Tricks bereit.»
    «Maruja, wir haben ja keine Gewissheit. Und ohne Anzeige gibt es kein Gerichtsverfahren.»
    «Gewissheit! Ich bin die Herzogin von Igualada, und mein Wort ist mehr als ausreichend. Aber da ist noch etwas. Mit seinen Gedanken beherrscht er unsere Familie vollkommen: Mein Mann will seinen Besitz veräußern, mein älterer Sohn ist in Rom, weil er diesem gestikulierenden Clown jeden Wunsch von den Augen abliest, und der Kleine läuft wie ein Klempner im blauen Hemd durch Madrid. Das wird alles noch ein böses Ende nehmen. Niceto, du bist der Präsident der Republik, schaff mir diese Missgeburt vom Hals!»
    Da sich eine neue Überflutung abzeichnete, entschied sich Alcalá Zamora für eine salomonische Lösung. «Weine nicht, Maruja. Ich sage dir, was ich tun werde. Ich werde der Polizei Anweisung erteilen, ihn unter irgendeinem Vorwand zu verhaften. So, wie er ist, wird sich mühelos ein leichter Verstoß finden lassen. Und wenn er hinter Gittern ist, denken wir über den nächsten Schritt nach. Überlass es getrost mir.»
    Noch bevor die Herzogin das Angebot abschätzen konnte, trat in großer Erregung der Adjutant ein. Ohne sich für die Störung zu entschuldigen, ging er zum Präsidenten und sagte ihm etwas ins Ohr. Alcalá Zamora wurde blass. «Maruja, meine liebe Freundin», sagte er feierlich, «ich habe eine schlechte Nachricht für dich. Man
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher