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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg
Autoren: E Mendoza
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von der Straße getrennt war, glaubte er im Benehmen der beiden etwas Heimliches wahrzunehmen. Als ihm bewusst wurde, dass er Menschen beobachtete, die nicht gesehen werden wollten, wandte er den Blick vom Fenster ab und richtete ihn auf seinen Gastgeber, dessen Gesicht sich umwölkt hatte, sei es wegen der Szene im Garten, sei es, weil ein Fremder es beobachtet hatte. Aber keiner der beiden verlor ein Wort darüber. Die Züge des Herzogs glätteten sich wieder, und er deutete auf eine lederne Sitzgruppe. Anthony machte es sich auf dem Sofa bequem, während der Herzog in einem Sessel Platz nahm. Er griff nach einer silbernen Dose auf einem Tischchen, öffnete sie, bot dem Gast eine Zigarette an und steckte sich, da dieser ablehnte, selbst eine an, schlug die Beine übereinander und rauchte eine Weile, als wollte er zu verstehen geben, dass die Angelegenheit, die sie zusammengeführt hatte, nicht in Eile abgehakt werden könnte.
    «Es ist nicht leicht», sagte er schließlich, «ein so heikles Thema mit jemandem zu besprechen, den man nur durch Dritte kennt. Pedro Teacher hat mir in lobenden Worten von Ihnen berichtet, sowohl hinsichtlich Ihrer Fachkenntnisse als auch Ihrer persönlichen Eigenschaften. Ich kenne Pedro Teacher seit vielen Jahren, und obwohl wir eine eher wirtschaftliche als eine Freundschaftsbeziehung pflegen, lässt mich nichts an der Redlichkeit seines Urteils und seiner Absichten zweifeln. Dass ich mein Vertrauen nur in Unbekannte setzen kann, ist ein Beweis dafür, wie heikel die Situation ist. Sie sind ein Gentleman – beurteilen Sie selbst, wie schmachvoll es für einen Mann wie mich ist, auf die Hilfe Fremder angewiesen zu sein.»
    Bei diesen Worten zitterte seine Stimme leicht, doch er kontrollierte die Erregung und fuhr scheinbar natürlich fort: «Ich spreche nicht so zu Ihnen, um mir Ihre Sympathie einzuhandeln, oder gar, um an Ihre Solidarität zu appellieren, ganz im Gegenteil: Alles, was heute in Spanien geschieht, hat den Charakter des Anormalen und unleugbar auch der Gefahr. Folglich wäre es mir absolut verständlich, wenn Sie irgendwann beschließen, die Hände von dieser Geschichte zu lassen und in Ihr Land zurückzukehren. Mit anderen Worten: Handeln Sie nach professionellen Gesichtspunkten, stellen Sie Ihre eigenen Interessen jeder anderen Erwägung voran, und lassen Sie nicht die Gefühle Ihre Entscheidung beeinflussen. Ich mag keine weitere Last auf meinem Gewissen spüren.» Mit einer heftigen Bewegung drückte er die Zigarette im Aschenbecher aus, stand auf und trat ans Fenster. Der Blick in den Garten schien ihn zu beruhigen – er setzte sich wieder hin, zündete eine weitere Zigarette an und fügte hinzu: «Wenn ich nicht irre, hat Sie unser gemeinsamer Freund ins Bild gesetzt …»
    Anthony nickte. Da sein Gesprächspartner stumm blieb, fügte er hinzu: «Ihre entzückende Tochter hat mich, vielleicht ganz unbeabsichtigt, darüber informiert, dass Sie vielleicht ins Ausland ziehen. Ich nehme an, unsere Angelegenheit hat mit diesen Plänen zu tun.»
    Der Herzog seufzte und sagte mit tiefer Stimme: «Meine Tochter ist sehr aufgeweckt. Ich habe ihr nichts davon gesagt, aber natürlich hat sie meine Absichten erraten. Man braucht nur hinauszugehen, um zu sehen, wie unhaltbar die Lage ist. Vor über einem Monat habe ich Lilí aus Sicherheitsgründen von der Schule genommen. Im Moment kümmert sich ein Geistlicher um ihre Ausbildung, sowohl in moralischer als auch in akademischer Hinsicht.»
    Er drückte die Zigarette aus, steckte sich mechanisch eine neue an und fuhr fort: «Dass die Revolution ausbricht, ist nur noch eine Frage der Zeit. Die Lunte brennt, und nichts kann sie mehr löschen. Ich will ganz aufrichtig zu Ihnen sein, Señor Whitelands, ich fürchte mich nicht vor der Revolution. Ich bin nicht so blind, dass ich die Ungerechtigkeit nicht sehe, die in Spanien jahrhundertelang geherrscht hat. Die Privilegien meiner Klasse haben mich nicht daran gehindert, des öfteren reformerische Maßnahmen zu unterstützen, deren erste die Landreform war. Die Verwaltung meiner Güter und der Umgang mit den Pächtern haben mich in diesem Sinn mehr gelehrt als alle Reden, Berichte und Debatten einiger Kaffeehaus-, Wandelhallen- und Ministerialpolitiker. Ich halte eine Modernisierung der Klassenbeziehungen und des Wirtschaftssystems, die für das Land im Allgemeinen und letztlich für alle Spanier vorteilhaft wäre, ob reich oder arm, für möglich. Wozu dient all der Reichtum, wenn
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