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Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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Beaumarchais.
    »Oder ist es was Indezentes?« fragte Calonne; »die Damen hier würden es Ihnen verzeihen.«
    »Es handelt sich um Regierungsdinge«, antwortete der Advokat.
    »Also los«, sagte der Minister. »Voltaire, Diderot und Konsorten haben ja schon Erkleckliches in der Erziehung unserer Ohren geleistet.«
    Der Kontrolleur wurde sehr aufmerksam und seine Nachbarin, Frau von Genlis, recht unruhig. Der Provinzmann zauderte noch. Lebhaft sagte Beaumarchais zu ihm: »Aber gehen Sie doch, Meister, wissen Sie denn nicht, daß die Völker, wenn ihnen die Gesetze so wenig Freiheit einräumen, sich an den Sitten schadlos halten?«
    Dann begann der Gast: »Sei es, daß gewisse Gedanken mir unbewußt in meiner Seele eingeschlossen waren, sei es, daß ich von einer fremden Macht angestachelt ward, ich sagte zu ihr:
    ›Ach, Madame, Sie haben ein sehr großes Verbrechen begangen!‹
    ›Welches?‹ fragte sie mit einer ernsten Stimme.
    ›Das, zu welchem am vierundzwanzigsten August von der Palaisglocke das Zeichen gegeben ward.‹
    Verächtlich lächelte sie und einige tiefe Falten zeichneten sich auf ihren bleifarbenen Wangen ab.
    ›Das nennt Ihr ein Verbrechen?‹ antwortete sie; ›es war nur ein Unglück. Das schlecht geleitete Unternehmen hat, indem es mißlang, nicht das Gute für Frankreich, für Europa, für die katholische Kirche zum Ergebnis gehabt, das wir von ihm erwarteten. Ja, was wollt Ihr denn! Die Befehle sind schlecht ausgeführt worden. Wir begegneten nicht so vielen Montlucs, als wir ihrer bedurften. Nicht zugute halten wird die Nachwelt uns den Kommunikationsmangel, der uns daran hinderte, unserm Werke jene Bewegungseinheit zu geben, welche großen Staatsstreichen notwendig ist: das ist das Unglück. Wenn am fünfundzwanzigsten August auch nicht der Schatten eines Hugenotten übriggeblieben wäre, würde ich bis in die entfernteste Nachwelt als schönes Bild der Vorsehung dastehen. Wie viele Male haben die klarsehenden Seelen Sixtus des Fünften, Richelieus und Bossuets mich nicht heimlich angeklagt, mit meinem Unternehmen gescheitert zu sein, nachdem ich es einmal auszudenken gewagt! Von wie vielen Klagen war nicht auch mein Tod begleitet... Dreißig Jahre nach der Sankt Bartholomäusnacht währte die Krankheit noch an; sie hatte bereits zehnmal mehr des edlen Blutes in Frankreich dahinströmen lassen, als man am fünfundzwanzigsten August 1572 noch hätte vergießen müssen. Die Aufhebung des Edikts von Nantes, der zu Ehren ihr Medaillen habt prägen lassen, hat mehr Tränen, mehr Blut und Geld gekostet, mehr Glück in Frankreich getötet als drei Bartholomäusnächte zusammengenommen. Mit einem einzigen Federstriche wußte Letellier das Dekret zu vollenden, welches der Thron seit meiner Zeit in aller Heimlichkeit bekanntgegeben hatte; wenn am fünfundzwanzigsten August 1572 aber diese ungeheure Hinrichtung notwendig war, am fünfundzwanzigsten August 1685 war sie zwecklos. Unter Heinrichs von Valois zweitem Sohne war die Ketzerei eben geboren worden. Die fruchtbare Mutter hatte ihre Saat über den ganzen Weltkreis verbreitet... Mich zeiht ihr eines Verbrechens, Anna von Österreichs Sohne aber errichtet ihr Standbilder! Und doch haben er und ich das nämliche versucht: er hat Erfolg gehabt, ich bin gescheitert. Waffenlos aber hat Ludwig der Vierzehnte die Protestanten vorgefunden, die unter meiner Herrschaft mächtige Armeen besaßen, Staatsmänner und Heerführer und Deutschland auf ihrer Seite hatten.‹
    Bei diesen leise geäußerten Worten fühlte ich etwas wie einen inneren Schauder in mir. Den Blutdunst, von ich weiß nicht wie vielen Opfern meinte ich einzuatmen. Katharina war in die Höhe gewachsen. Stand da wie ein böser Geist, und es kam mir vor wie wenn sie in mein Gewissen eindringen wollte, um sich dort einzunisten ...«
    »Das hat er geträumt,« sagte Beaumarchais mit leiser Stimme, »erfunden hat er's sicherlich nicht.«
    »›Meine Vernunft ist verwirrt‹, sagte ich zur Königin. ›Sie beglückwünschen sich zu einer Handlung, welche drei Generationen verurteilen, brandmarken und...'‹
    ›‹Fügt hinzu,› fuhr sie fort, ›daß mir gegenüber alle Schreibfedern ungerechter gewesen sind, als es meine Zeitgenossen waren. Keiner hat etwas zu meiner Verteidigung unternommen. Des Ehrgeizes hat man mich geziehen, mich, die ich reich und Herrscherin war. Als grausam hat man mich erachtet, mich, die ich nur zwei heruntergeschlagene Köpfe auf dem Gewissen habe. Und für die
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