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Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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endlich schlug er mit fünfzehnhundert ermatteten und vor Hunger halb toten Soldaten zehntausend Franzosen! Das als Beispiel für den Krieg. Wenn wir von da aus zur Literatur übergehn, so gilt Rabelais, ein nüchterner Mann, der nur Wasser trank, für einen Liebhaber der Gutlebe, für einen leidenschaftlichen Zecher. Tausend lächerliche Geschichtchen machen über den Verfasser eines der schönsten Bücher der französischen Literatur, den Pantagruel, die Runde. Aretin, der Freund Tizians und der Voltaire seines Jahrhunderts, hat zu unseren Zeiten ein Renommé, das im krassen Gegensatz zu seinen Werken und seinem Charakter steht und ihm geistige Unsittlichkeit angesichts der vielen, vielen Schriften jenes Jahrhunderts zum Vorwurf macht, wo das Drollige in Ehren stand, wo Königinnen und Kardinäle Geschichten schrieben, die heute als unzüchtig gelten. Die Beispiele dieser Art könnte man ad infinitum vermehren.
    In Frankreich, und in dem einflußreichsten Teile der modernen Geschichte, hat kein Weib, wenn man von Brunhild oder Fredegunde absieht, mehr unter den volkstümlichen Irrtümern gelitten als Katharina von Medici; während Maria von Medici, deren Handlungen in ihrer Gesamtheit Frankreich zum Schaden gereichten, der Schande entronnen ist, welche ihren Namen bedecken müßte. Maria hat die von Heinrich dem Vierten aufgehäuften Reichtümer vertan und sich niemals von dem Vorwurf reingewaschen, um des Königs Ermordung gewußt zu haben. Ihr Intimus war Épernon, der Ravaillacs Dolchstich nicht abwendete und diesen Menschen schon lange kannte. Sie hat ihren Sohn gezwungen, sie aus Frankreich zu verbannen, wo sie ihren anderen Sohn Gaston zu Revolten ermutigte; kurz Richelieus Sieg über sie am Prellereitage konnte nur erfolgen, weil der Kardinal Ludwig dem Dreizehnten die geheimgehaltenen Dokumente über Heinrichs des Vierten Tod unterbreitete. Katharina von Medici dagegen hat Frankreichs Krone gerettet; aufrecht erhalten hat sie die königliche Autorität unter Umständen, inmitten welcher mehr als ein großer Fürst unterlegen wäre. Auf dem Halse saßen ihr Aufrührer und Ehrsüchtige wie die Guisen und das Haus Bourbon, Männer wie die beiden Kardinäle von Lothringen und die beiden Balafré, die beiden Prinzen von Condé, die Königin Johanna d'Albret, Heinrich der Vierte, der Kronfeldherr von Montmorency, Calvin, die Colignys und Theodor von Béza, und sie mußte die seltensten und besten Eigenschaften, die kostbarsten Gaben des Staatsmannes unter dem Spottfeuer der calvinistischen Presse entfalten. Das sind Tatsachen, die wahrlich unbestreitbar sind. Wer daher die Geschichte des sechzehnten Jahrhunderts in Frankreich durchforscht, vor dem steht Katharina von Medicis Gestalt wie die eines großen Königs da. Wenn die Verleumdungen erst einmal durch Tatsachen zerstreut werden, die man mühsam aus dem Wust der Widersprüche der Pamphlete und der verlogenen Anekdoten heraussuchen muß, wird sich alles für den Ruhm dieser außergewöhnlichen Frau erklären, die keine der Schwächen ihres Geschlechts besaß, die züchtig lebte inmitten der Liebschaften des galantesten Hofes Europas, und die trotz ihrer Geldknappheit wundervolle Bauwerke aufzuführen verstand, wie um die Verluste wettzumachen, welche die Verwüstungen der Calvinisten verursachten, die der Kunst ebensoviele Wunden beibrachten wie dem Staatskörper. Zwischen Fürsten, die sich Karls des Großen Erben nannten, und eine aufrührerische Nebenlinie gestellt, welche des Konnetabels von Bourbon Verrat unter dem Throne verscharren wollte, hat Katharina, die gezwungen war, eine Ketzerei abzuwehren, die schier den Thron verschlang, ohne Freunde, den Verrat in den Häuptern der katholischen Partei und die Republik in der calvinistischen Partei erkennend, die gefährlichste, in der Politik aber sicherste Waffe: die List, angewendet! Sie entschloß sich, nacheinander die Partei, welche den Ruin des Hauses Valois wollte, die Bourbonen, die nach der Krone strebten, und die Reformierten, die Radikalen jener Zeit, naszuführen, welche von einer unmöglichen Republik träumten, wie diejenigen unserer Zeit, die doch nichts zu reformieren haben. So haben denn die Valois, solange sie am Leben war, den Thron behalten.
    Sehr wohl verstand er den Wert dieses Weibes, der große Historiker Thou, als er, von ihrem Tode hörend, ausrief:
    »Das ist kein Weib, das Königtum ist gestorben!«
    Tatsächlich besaß Katharina im höchsten Maße das Gefühl für die Würde des
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