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Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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Königtums; auch verteidigte sie es mit wunderbarem Mute und Ausdauer. Die Vorwürfe, welche ihr die calvinistischen Schriftsteller machen, bilden klärlich ihren Ruhm; auf sich geladen hat sie sie nur durch ihre Triumphe. Konnte sie anders als durch List triumphieren? Da steckt die einzige Frage. Was die Gewalttätigkeit anlangt, so bildet dies Mittel eine der am meisten umstrittenen Fragen der Politik, die zu unserer Zeit auf dem Platze gelöst ward, auf den man einen ägyptischen Obelisken stellte, um den Königsmord vergessen zu machen und um das Emblem des augenblicklichen Systems der materialistischen Politik darzubieten, die uns beherrscht. Gelöst ward sie bei den Karmelitern und in der Abtei; auf den Stufen von Sankt Rochus ward sie gelöst, sie ward 1830 vor dem Louvre noch einmal von dem Volke, das wider den König stand, gelöst, wie sie seitdem durch die beste der Republiken Lafayettes wider die republikanische Insurrektion in Saint-Merri und der Rue Transnonnain gelöst wurde. Jedwede Macht, ob sie legitim oder illegitim ist, muß sich verteidigen, wenn sie angegriffen wird. Doch es ist eigentümlich, da, wo das Volk in seinem Siege über den Adel heroisch ist, gilt die Macht in ihrem Zweikampfe mit dem Volke für hinterlistig. Wenn die Macht schließlich, zur Gewalt genötigt, unterliegt, gilt sie noch für schwachsinnig. Die augenblickliche Regierung wird sich durch zwei Gesetze vor dem nämlichen Übel zu retten suchen, das Karl den Zehnten befiel und von welchem der Fürst sich durch zwei Verordnungen befreien wollte. Wird das nicht ein bittrer Hohn sein? Darf die Macht der List gegenüber List gebrauchen? Muß sie die töten, die töten wollen? Die Metzeleien der Revolution entsprechen den Metzeleien der Sankt Bartholomäusnacht. Wenn das Volk einmal König geworden ist, geht es gegen Adel und König vor, wie König und Adel wider die Aufrührer des sechzehnten Jahrhunderts vorgingen. So sind denn die Volksschriftsteller, die sehr wohl wissen, daß bei ähnlicher Gelegenheit das Volk noch ebenso handeln würde, nicht zu entschuldigen, wenn sie Katharina von Medici und Karl den Neunten tadeln. Jede Macht ist eine ständige Verschwörung, sagte Casimir Perrier, als er vernahm, was Macht sein müßte. Man bewundert die antisozialen Maximen, welche kühne Schriftsteller veröffentlichen; warum heftet sich also in Frankreich der Mißkredit an soziale Wahrheiten, wenn sie kühn proklamiert werden? An sich allein schon macht diese Frage alle historischen Irrtümer verständlich. Wendet die Lösung dieser Frage auf die verheerenden Doktrinen, welche den Volksleidenschaften schmeicheln, auf die konservativen Lehren an, welche das wilde und wahnsinnige Unterfangen des Volkes unterdrücken wollen, dann werdet ihr den Grund für die Unbeliebtheit wie für die Beliebtheit bestimmter Persönlichkeiten erkennen. Laubardemont und Laffemas hatten sich wie gewisse Leute heutzutage der Verteidigung der Macht geweiht, an die sie glaubten. Ob Soldaten oder Richter, sie gehorsamten, die einen und die anderen, einem Königtume. Heutzutage würde d'Orthez abgesetzt werden, weil er des Ministers Befehle ignorierte, Karl der Neunte aber beließ ihm die Leitung seiner Provinz. Die Macht aller rechnet mit niemandem, die Macht eines einzelnen ist aber gezwungen, mit den Untertanen, mit den großen wie mit den kleinen, zu rechnen.
    Katharina, wie Philipp der Zweite und der Herzog von Alba, wie die Guisen und der Kardinal Granvella, haben die Zukunft erkannt, welche die Reformation Europa aufsparte: Monarchien, Religion und Macht sahen sie am Boden liegen. Im Arbeitszimmer der Könige von Frankreich schrieb Katharina ein Todesurteil wider den Geist der Untersuchung, der die moderne Gesellschaft bedrohte; ein Befehl, ein Urteil, das Ludwig der Vierzehnte schließlich vollstreckte. Die Widerrufung des Edikts von Nantes war nur deshalb eine unglückliche Maßnahme, weil sie Europa gegen Ludwig den Vierzehnten empörte. Zu einer anderen Zeit würden England, Holland und das deutsche Kaiserreich nicht die verbannten Franzosen bei sich und die Revolte in Frankreich ermutigt haben. Warum soll man denn zu unseren Zeiten der majestätischen Gegnerin der unfruchtbarsten aller Ketzereien nicht die Größe zubilligen, die sie sich durch ihren Kampf selbst erworben hat? Die Calvinisten haben viel gegen Karls des Neunten Strategie geschrieben. Eilt aber durch Frankreich: wenn ihr die Ruinen so vieler schöner zerstörter Kirchen seht, wenn
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