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Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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gegeben hat, so war es sicherlich ich, als ich bemerkte, daß ich auf der anderen Seite des Kamingesimses den Generalkontrolleur als Gegenüber hatte. Augenscheinlich war Herr von Calonne eingeschlummert oder gab sich einer jener Meditationen hin, welche die Staatsmänner tyrannisieren. Als ich den eben auf mich zutretenden Beaumarchais mit einer Geste auf den Minister aufmerksam machte, erklärte mir Figaros geistiger Vater, ohne ein Wort verlauten zu lassen, dies Geheimnis. Abwechselnd wies er auf meinen eigenen und Bodards Schädel mit einer reichlich malitiösen Handbewegung hin, die darin bestand, zwei Finger der Hand – die anderen hielt er geschlossen – nach uns auszustrecken. In meiner ersten Erregung wollte ich aufstehn, um Calonne einige Bosheiten zu sagen, blieb aber sitzen, weil ich erstens dem Günstling einen Streich zu spielen gedachte, und weil zweitens Beaumarchais mich vertraulich bei der Hand festgehalten hatte.
    »Was wollen Sie, mein Herr?« fragte ich ihn.
    Er blinzelte mit den Augen, um mich auf den Kontrolleur aufmerksam zu machen.
    »Wecken Sie ihn nicht auf,« sagte er mit leiser Stimme zu mir, »man ist zu glücklich, wenn er schläft.«
    »Doch auch der Schlummer ist ein Finanzplan«, erwiderte ich.
    »Sicherlich«, antwortete uns der Staatsmann, der unsere Worte einzig an der Lippenbewegung erraten hatte: »und gäbe es Gott, daß wir lange schlafen könnten, dann würde nicht das Erwachen kommen, das Sie erleben werden.«
    »Gnädiger Herr,« sagte der Dramatiker, »ich hab' Ihnen einen Dank abzustatten.«
    »Und wofür?«
    »Herr von Mirabeau ist nach Berlin abgereist. Ich weiß nicht, ob wir in jener Wassersache nicht alle beide ertrunken wären.«
    »Zuviel Gedächtnis haben Sie und sind nicht dankbar genug«, erwiderte der Minister, der ärgerlich war, eines seiner Geheimnisse vor mir ausgekramt zu sehen, trocken.
    »Das ist möglich,« antwortete, aufs äußerste gereizt, Beaumarchais, »habe aber Millionen hinter mir, die Rechnungen wohl zu regeln vermögen.«
    Calonne tat als ob er nichts höre.
    Eine halbe Stunde nach Mitternacht waren die Spielpartien zu Ende. Man setzte sich zu Tisch. Wir waren zehn Leute, Bodard und seine Frau, der Generalkontrolleur, Beaumarchais, die beiden Unbekannten, zwei hübsche Damen, deren Namen verschwiegen werden müssen, und ein Generalpächter namens Levoisier, glaube ich. Von den dreißig Personen, die ich beim Betreten des Salons vorfand, waren nur diese zehn Gäste übriggeblieben. Auch nahmen die beiden Spezies an dem Abendmahle nur auf Frau von Bodards inständige Bitten hin teil. Dem einen vermeinte sie dadurch ihre Schulden zu bezahlen, daß sie ihm zu essen gab, und den anderen lud sie vielleicht ein, um ihrem Gatten, mit dem sie, ich weiß nicht gerade warum, kokettierte, einen Gefallen zu tun. Alles in allem, Herr von Calonne bildete eine Macht, und wenn sich einer zu ärgern hatte, so war ich es.
    Das Abendessen hub sterbenslangweilig an. Jene beiden Leute und der Generalpächter waren uns im Wege. Durch ein Zeichen gab ich Beaumarchais zu verstehen, er solle den Äskulapssohn, den er zu seiner Rechten hatte, bezecht machen, und machte ihm begreiflich, daß ich den Advokaten auf mich nähme. Da uns nur mehr dies Mittel zu unserer Belustigung übrigblieb, das uns seitens dieser beiden Männer Impertinenzen versprach, über die wir uns schon im voraus amüsierten, lächelte Herr von Calonne zu meinem Vorhaben. In zwei Sekunden waren die drei Damen über unsere bacchische Verschwörung im Bilde; durch sehr bezeichnendes Augenzwinkern verpflichteten sie sich, ihre Rolle dabei zu spielen. Der Sillery krönte mehr als einmal die Gläser mit seinem Silberschaum. Der Arzt war ziemlich leichtsinnig; beim zweiten Glase aber, das ich meinem Nachbar einschenken wollte, sagte dieser mit kalter Wuchererhöflichkeit, daß er weiter nichts trinke.
    In diesem Augenblicke hatte uns Frau von Saint-James, ich weiß nicht durch welchen Unterhaltungszufall, auf das Kapitel der Wundersoupers des Grafen von Cagliostro gebracht, welche der Kardinal von Rohan veranstaltete. Nicht genau hatte ich auf das hingehört, was die Hausherrin sagte, denn seit der Antwort, die sie mir gegeben, beobachtete ich mit unbezähmbarer Neugier das gezierte und bleifarbige Antlitz meines Nachbars, dessen Hauptmerkmal eine zugleich stumpfe und spitze Nase war, die ihn für Augenblicke einem Spürhunde gleichen ließ. Als er Frau von Saint-James sich mit Herrn von Calonne
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