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Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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streiten hörte, färbten sich plötzlich seine Wangen.
    »Aber ich versichere Sie, meine Herrn, ich habe die Königin Kleopatra gesehen«, sagte sie mit einer gebieterischen Miene.
    »Ich glaube das gern, gnädige Frau«, antwortete mein Nachbar. »Ich, ich habe mit Katharina von Medici gesprochen.«
    »Oh, oh!« sagte Herr von Calonne.
    Die von dem kleinen Provinzler geäußerten Worte zeigten eine Stimme an, welche eine unerklärliche Resonanz – wenn es erlaubt ist, diesen Ausdruck der Physik zu entlehnen – besaß. Solch plötzliche helle Intonation bei einem Menschen, der bislang sehr wenig, immer sehr leise und mit möglichst sanftem Tone gesprochen hatte, überraschte uns aufs äußerste.
    »Aber er redet ja!« rief der Chirurg, den Beaumarchais in einen befriedigenden Zustand versetzt hatte.
    »Sein Nachbar wird ein Uhrwerk bei ihm aufgezogen haben«, entgegnete der Satiriker.
    Als er solche Worte, obwohl sie murmelnd gesagt worden waren, vernahm, errötete mein Mann.
    »Und wie war die verstorbene Königin?« fragte Calonne.
    »Ich möchte nicht beschwören, daß die Person, mit der ich gestern soupiert habe, Katharina von Medici selber war. Solch Wunder muß einem Christen ebensowohl wie einem Philosophen unmöglich erscheinen«, erwiderte der Advokat, sich mit seinen Fingerspitzen leicht auf den Tisch stützend und sich in seinen Sessel zurücklehnend, wie wenn er lange zu sprechen gedächte. »Nichtsdestoweniger kann ich schwören, daß dies Weib Katharinen von Medici so ähnlich sah, wie wenn sie beide Schwestern gewesen wären. Die ich sah, trug ein schwarzes Sammetkleid, welches dem völlig glich, womit die Königin auf dem in des Königs Besitz befindlichen Porträt bekleidet ist. Ihr Haupt war mit jener so charakteristischen Sammetkappe bedeckt, kurz sie hatte den bleifarbigen Teint und das Antlitz, welches Sie alle kennen. Ich konnte nicht umhin, Seiner Eminenz meine Überraschung zu bezeigen. Die Schnelligkeit der Beschwörung schien mir um so wunderbarer, als der Graf von Cagliostro den Namen der Person, mit welcher ich zusammen zu sein wünschte, nicht hatte erraten können. Ich war verblüfft. Die Magie des Schauspiels, das ein Souper darstellte, zu welchem berühmte Frauen vergangener Zeiten erschienen, nahm mir alle Geistesgegenwart. Ich lauschte, ohne eine Frage zu wagen. Als ich gegen Mitternacht den Schlingen dieser Zauberei entwischte, zweifelte ich schier an mir selber. Dies ganze Wunder aber kam mir im Vergleich zu der seltsamen Halluzination, die ich noch über mich ergehen lassen sollte, noch recht natürlich vor. Ich weiß nicht, mit welchen Worten ich Ihnen den Zustand meiner Sinne zu schildern vermöchte. Aufrichtigen Herzens erkläre ich nur, daß es mich nicht mehr wundernimmt, daß es einstmals Seelen gegeben hat, die schwach oder stark genug waren, an die Geheimnisse der Magie und an des Dämons Macht zu glauben. Ich für meine Person halte, bis ich weitgehender informiert sein werde, die Erscheinungen, von denen Cardan und einige Wundertäter gesprochen haben, für möglich.«
    Solche mit einem unglaublich beredten Tone geäußerten Worte mußten natürlich bei allen Gästen maßlose Neugier erwecken. Auch hefteten sich unsere Blicke auf den Redner, und wir blieben unbeweglich. Einzig unsere Augen verrieten das Leben, indem sie den Kerzenschimmer der Armleuchter reflektierten. Beim längeren Betrachten des Unbekannten kam es uns vor, als sähen wir, wie die Poren seines Gesichtes und vor allem die seiner Stirne das innere Gefühl, von dem er durchdrungen war, durchsickern ließen. Dieser anscheinend kalte und steifleinene Mann schien einen heimlichen Feuerherd in sich zu bergen, dessen Flamme plötzlich auf uns einwirkte.
    »Ich weiß nicht,« fuhr er fort, »ob die zitierte Gestalt, sich unsichtbar machend, mir folgte; sobald mein Kopf aber auf meinem Bettpfühl ruhte, sah ich Katharinas hohen Schatten sich vor mir aufrecken. Unwillkürlich fühlte ich mich in einer lichtvollen Sphäre, denn meine, mit unerträglicher Bewegungslosigkeit auf die Königin gehefteten Augen sahen nur sie. Plötzlich neigte sie sich zu mir . ..«
    Bei diesen Worten machte sich bei den Damen eine übereinstimmende neugierige Bewegung bemerkbar.
    »Doch«, fuhr der Advokat fort, »weiß ich nicht, ob ich weiterreden soll; wiewohl ich zu glauben veranlaßt bin, daß es nur ein Traum war, ist das, was mir zu sagen übrigbleibt, etwas tief Ernstes.«
    »Sollte es sich um Religion handeln?« fragte
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