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Katerstimmung (German Edition)

Katerstimmung (German Edition)

Titel: Katerstimmung (German Edition)
Autoren: Philipp Reinartz
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eingebürgert», «Bohlen wird ausgebürgert» oder «Erwiesen: Schädelhirntrauma gesundheitsschädlich» abhalten. Aber mit Camus, Sisyphos und Luftballons holt man mich da nicht runter. Wilhelm merkt, dass meine Gedanken springen.
    «Ja hier, der mit dem Stein. Rock’n’Roll.»
    «Mhm, klar.» Ich schalte den Türsteherblick an und scanne unsere Umgebung. Bald müssten sie kommen. Hoffentlich. Mir fällt ein, dass sie bei unserem ersten Treffen auch eine halbe Stunde zu spät waren.
    Wir werden mit dem Paellaberg schneller fertig als Mesner mit dem Nanga Parbat. Und wir lassen auch nur vier Knoblauchzehen zurück. Statt sieben Fußzehen. Stand neulich im stern . «Seither hatte ich mehr Platz in den Schuhen, dadurch waren meine Füße vor Erfrierungen geschützt.» Britische Wissenschaftler sicher: Bergsteigen macht doof.
    Und dann geht es los. Schon von weitem sehe ich die zwei nervös die Hafenpromenade entlangrennenden Mädels.
    «Jungs, schaut mal, wer da kommt!», lenke ich die Aufmerksamkeit von Lenny und Wilhelm auf die beiden und rufe laut: «Hier! Hier sind wir!»
    «Spinnst du? Weißt du, wer das ist?», faucht mich Lenny an.
    «Der Mile High Club», sage ich freudig. Lenny würde sich gerne in einen Rosmarinzweig verwandeln und zu den Knoblauchzehen in die Pfanne legen. Oder mir wenigstens die Zunge amputieren. Dadurch hätte ich auch mehr Platz im Mund. Aber Johanna und Yasmin haben uns schon entdeckt.
    «Hilfe! Hilfe!»
    «Was ist denn mit denen los?», will Wilhelm wissen.
    «Keine Ahnung», lüge ich. Zielgenau stürzen sie auf Lenny zu.
    «Hey! Du musst uns helfen! Die Alex ist ins Hafenbecken gefallen, und die kann doch nicht schwimmen!»
    «Ich? Was habe ich denn …?»
    «Du warst doch auf dieser Elitetiefseeakademie!»
    «Ja, aber das ist nicht das, wo man in roten Badehosen auf Türmen sitzt und mit dem Fernglas nach Silikon…»
    «Du trainierst doch sogar für das Kuba-USA-Distanzschwimmen!»
    «Ja gut, aber ich bin eben eher so ein Langstreckentyp.»
    «Jetzt tu was! Es geht um Leben und Tod!», schreie ich Lenny an. «Du hast vor den Malediven in 200 Metern Tiefe getaucht, da wirst du doch noch jemanden aus dem Hafenbecken fischen können.» Zu fünft rennen wir los.
    «Hier! Hier war es!», ruft Yasmin und zeigt auf das schwarze regungslose Wasser vor uns. Alle schauen Lenny an. Er reißt sich die Schuhe von den Füßen, blickt Wilhelm und mich hilflos an und springt. Als ich seinen Körper auf die nasse Oberfläche klatschen höre, geht es mir gut. Das Wasser muss ziemlich kalt sein um diese Zeit. Er taucht auf.
    «Ich kann nichts sehen! Wo ist die?»
    «Die muss da sein!»
    Lenny taucht wieder unter. Ich stoße Wilhelm an.
    «Das schafft der alleine nicht. Wir müssen auch springen», rufe ich und täusche an, meine Schuhe auszuziehen. Wilhelm steigt ein. Als er bereits absprungbereit ist, plage ich mich vorgeblich noch immer mit meinem Schnürsenkel und summe leise die Toten Hosen: «Komm, ich zeig dir, wie groß meine Liebe ist, und bringe mich für dich …»
    «Oder ich springe erst mal, und du bleibst hier.» Na, geht doch.
    «Wieso denn?»
    «Max! Lass einfach mich springen.» Sehr gerne.
    «Wenn du meinst.»
    «Hier ist nichts!», brüllt Lenny von unten.
    «Lasst auf keinen Fall Max springen», ruft Wilhelm dem dezimierten Mile High Club zu, dann stürzt auch er sich in die ungewisse Tiefe.
    Abwechselnd tauchen sie auf und tauchen sie ab, prusten, husten, geraten außer Puste.
    «Ich glaube, es reicht», zwinkere ich den Mädels zu. Kurz darauf kommt Alexandra hinter einem Container hervor.
    «Jungs, meint ihr wirklich, man kann Stewardess werden, ohne schwimmen zu können?», rufe ich hinunter.
    «Was?», schreit Lenny.
    «Von mir aus kannst du noch tauchen, bis du von einem Rochen gebissen wirst, aber ich bin hier oben», lacht die fälschlicherweise Vermisste.
    «Was soll der Scheiß?», schreit einer der Rettungsschwimmer mit so abgekämpfter Stimme, dass ich nicht mal sagen kann, ob es Lenny oder Wilhelm ist.
    «Ihr habt mich die ganze Zeit verarscht. Ihr habt mich nach Spanien gelockt und Ana gespielt, nur um an euren Urlaub zu kommen!»
    «Das haben wir doch nur für dich gemacht», brüllt Wilhelm. Ich glaube, dass Uwe Ochsenknecht den gleichen Text gleich verzweifelt in irgendeinem seiner Filme ruhrpottet. Aber da hängt er kopfüber aus dem Fenster.
    «Können wir das vielleicht verschieben? Ich krieg hier unten gleich keine Luft mehr», wendet Lenny keuchend
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