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Katerstimmung (German Edition)

Katerstimmung (German Edition)

Titel: Katerstimmung (German Edition)
Autoren: Philipp Reinartz
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ein.
    «That’s what she said. 2–1. Ihr habt das eiskalt ausgenutzt, dass ich ein Blackout hatte.»
    «Alter, das war doch nicht geplant! Ich wusste ja nicht, dass du dich an nichts mehr erinnern kannst.»
    «Woran denn?»
    «Dass du irgendwann eingeschlafen bist und Ana gegangen ist», schnaubt Wilhelm, während er sich mühsam über Wasser hält.
    «Ana ist einfach so gegangen?»
    «Ja sicher», bestätigt Lenny. «Dann bist du irgendwann aufgewacht und in die Küche gekommen. Hast dir dein T-Shirt ausgezogen und was von Cranberry-Ernte gefaselt. Und dass du jetzt Miss Fitch suchen gehst.»
    Auch wenn ich mich überhaupt nicht daran erinnere, ich kann es mir gut vorstellen. Hektisch rudernde Arme durchwühlen das stille Wasser des Hafenbeckens. Lenny ringt nach Luft.
    «Und dann hast du dir auch noch die Sahne geschnappt und wild durch die Gegend gesprüht. Und irgendwas gelallt von wegen Dieter.»
    «Jetzt wird zurückgeschossen, Dieter», ergänzt Wilhelm.
    «Genau.»
    Das meinte Chris also mit dem starken Auftritt.
    «Ich konnte dich in deinem Zustand doch nicht auf die Straße lassen! Daher habe ich dich wieder in das Zimmer gebracht. Und als du partout nicht dableiben wolltest, habe ich irgendwas gesucht, womit ich dich an das Bett binden kann. Und da lag dann eben dieser BH.»
    Von wegen Fessel-Sahne-Spiele. Lenny hat mich ans Bett gebunden. Der Mile High Club hält sich kaum noch vor Lachen. Diese Privatvorstellung entschädigt die drei locker für das verwüstete Zimmer. Selbst als wir wieder in unserem kleinen Hafenrestaurant sitzen, hören die Stewardessen nicht auf zu giggeln. Jetzt ein «Und dann die Szene mit dem Tiger im Badezimmer», und die Stimmung würde überlaufen.
    Beim Anblick von Lenny und Wilhelm merke ich, dass es hier nachts gar nicht mehr so warm ist. Zumindest in klatschnassen Klamotten. Bibbernd und mit verschränkten Armen sitzen sie auf ihren Stühlen. Ein Ober mit Weste lehnt sich zu uns und fragt irgendwas mit postre .
    «Der Kellner fragt, ob wir Nachtisch wollen?», übersetzt Johanna.
    «Me muero por un helado», raunt Lenny mit zitternder Stimme.
    «Nein!», rufe ich vorfreudig. «Gibt es Torte?»

[zur Inhaltsübersicht]
    Nachlese
    Ich werfe die leere Sprühdose mit dem kochmützenähnlichen Deckel in den Müll und schreibe «Sahne» auf die Liste am Kühlschrank. Auch Oliven, Jamón Serrano, Bacalao und Reis stehen da drauf, nur fehlt das «Nie mehr» in der Überschrift.
    «Viele Anleger haben nach der Krise ihr Portfolio ganz neu zusammengestellt. Vor allem Produkte aus dem Mittelmeerraum haben momentan Hochkonjunktur. Sie sind zwar teuer und werden nicht überall gehandelt, doch gelten sie als Liebhaberaktien, und wenn der Kuchen neu aufgeteilt wird, darf die Sahne nicht fehlen», hallert meine innere Börsen-Valerie.
    Nicht nur mein Portfolio hat sich geändert. Das mit der inneren Tupperdose hat ganz gut geklappt. Okay, ich habe sie vielleicht nicht immer im richtigen Moment aufgemacht. Ich hätte dem Supermarktkassierer durchaus glauben können, dass über Karneval wirklich kein Flaschenbier verkauft wird. Anstatt das komplette Tiefkühlgemüse zu durchpflügen. Aber die Tage im Süden haben abgefärbt.
    Mit manchen Dingen komme ich in Deutschland sogar gar nicht mehr zurecht. So wie meine Schlumpkönigphobie. Wenn sich im Zug ein bärtiger Araber mit ungewöhnlich viel tickender Masse unter dem Michael-Ballack-Trikot neben mich setzte und nervös auf die Uhr schauend «Allah ist groß, Allah ist mächtig» flüsterte – ich wäre nicht so nervös, wie wenn es mal wieder um 8:31 Uhr kurz vor Rommerskirchen «Drink doch ene met» aus sieben heiseren Frauenkehlen schallt.
    Auf dem Küchentisch liegt noch immer die DVD. Das Geburtstagsgeschenk von Lenny und Wilhelm. Über einer nackten Stewardess mit «Rein-Air»-Haube im «Kabinengang-Bang» prangt der Titel «Priority Bondage – angeschnallt und weggeknallt». Darunter in etwas kleinerer Schrift «mit Zissy van Heekern und Pitt Cock». Im ersten Moment dachte ich wirklich, Zissy habe den Job gewechselt und das Cover sei echt. Aber spätestens als ich den Zusatz «Rubbel los: 0 Euro – zzgl. Steuern und Gebühren» las, wurde mir klar, dass die beiden da selbst Hand angelegt und Zissys Foto von der Ryanair-Webseite reingebastelt hatten. Auch der Titel ist überklebt. Wenn man die Rückseite gegen die Sonne hält, schimmert ganz deutlich «Hilfe, Captain: Samendruckverlust im Cock, Pitt!» durch. Und der Untertitel
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