Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kassandra Verschwörung

Titel: Kassandra Verschwörung
Autoren: I Rankin
Vom Netzwerk:
Spielzeuge, den Superreichen und Superparanoiden vorbehalten. Die Gemeinde der mit Spionage Befassten war gewachsen und hatte ihr Betätigungsfeld auf alle Gebiete ausgeweitet, aber sie war zugleich auch geschrumpft, indem sie sich selbst in eine Elite verwandelte. Alles hatte sich geändert.
    Er hatte das Wort »paranoid« tatsächlich bei einem seiner Bewerbungsgespräche verwendet. Es war ein kalkuliertes Risiko gewesen. Wenn der Geheimdienst sich nicht selbst für paranoid halten wollte, musste er Leute rekrutieren, die ihn der Paranoia verdächtigten. Jedenfalls hatte er die Prüfungen und Tests sowie die Einführung bestanden und bei den regelmäßigen Beurteilungen gut abgeschnitten. Er war auf dem Weg, selbst langsam die Leiter hinaufzuklettern. Und er hatte gesehen, dass die Welt sich veränderte.
    Es gab keine Spione mehr, sondern nur noch Techniker. Man nehme zum Beispiel die Telemetrie. Wer, zum Teufel, wusste denn, was all dieses Informationschaos bedeutete? Wer konnte es entwirren? Nur die Techniker. Maschinen mochten mit Maschinen kommunizieren, aber es bedurfte eines wunderbaren menschlichen Verstands, etwas abzuhören und zu verstehen. Barclay hatte das Seinige getan und Elektrotechnik studiert. Schon als Teenager hatte er ein Händchen für Mikrochips und Leuchtdioden gehabt und sich seine Digitaluhr gebastelt. Mit sechzehn baute er Lautsprecher und Verstärker. Und mit siebzehn verwanzte er die Mädchendusche in seiner Schule.
    Während seines Studiums war er ihnen »aufgefallen«: So hatten sie es genannt. Seine Arbeit zum Thema Fernüberwachung war aufgefallen. Sein Wissen über geostationäre Satellitentechnologie war aufgefallen. Sein spezielles Forschungsprojekt zum Thema Miniaturisierung war aufgefallen. Zum Glück war niemandem aufgefallen , dass er für sein Projekt eine Menge von der frühen Forschungs- und Entwicklungsarbeit japanischer Hi-Fi-Firmen abgekupfert hatte. Ihm stand eine interessante und abwechslungsreiche Karriere offen. Eine Karriere beim Geheimdienst.
    Michael Barclay, Geheimdiensttechniker. Nur, dass er stattdessen hier gelandet war.
    An Joyce Parrys Tür brauchte er nicht anzuklopfen. Sie stand gewöhnlich weit offen. Über das Warum wurde im Büro kontrovers diskutiert. Ließ sie die Tür offen, um ihre Mitarbeiter im Auge zu behalten? Oder um ihre Verbundenheit mit ihnen zu demonstrieren? Oder um ihnen zu zeigen, wie hart sie arbeitete? Die meisten Theorien sprudelten freitagabends im Bull by the Horns hoch, dem schauderhaften Pub auf der anderen Straßenseite gegenüber dem Bürokomplex. The Bull war ein Produkt der sechziger Jahre und sah auch nach der Umgestaltung in den Achtzigern kein bisschen freundlicher aus. Zu jener Zeit hatte eine Modernisierung jede Menge Kunstholz, exzentrische Verzierungen und Bücher als Meterware bedeutet. Das Resultat war kitschig, edwardianisch à la »Steptoe and Son«, mit miesem Bier und miserablen Graffiti auf der Herrentoilette. Doch manchmal schafften sie es freitagabends irgendwie, The Bull in eine gemütliche, lebendige Kneipe zu verwandeln. Es war schon erstaunlich, was ein paar Drinks bewirken konnten.
    Joyce Parrys Tür war geschlossen.
    Ein unerwartetes Scheitern an der ersten Hürde. Barclay, der die Faxseiten zusammengerollt hatte, um besser damit herumfuchteln zu können, tippte sich mit der Rolle ans Kinn. Gut, auch egal. Vielleicht war sie in einer Besprechung. Oder außer Haus – denn wenn Mrs. Parry das Haus verließ, blieb ihre Bürotür zu. Vielleicht konnte er in der Zwischenzeit schon mal ein paar Nachforschungen anstellen, damit er ihr nicht nur die ursprüngliche Information vorlegen konnte, sondern auch gleich seine eigenen Anmerkungen und Ergänzungen. Ja, warum nicht guten Willen zeigen?
     
    John Greenleaf hatte das Gefühl, dass irgendwo auf der Welt während jeder Sekunde des Tages jemand auf seine Kosten lachte. Das lag doch nahe, oder? Er hatte das bei Witzen schon erlebt. Man lässt sich einen Witz einfallen, erzählt ihn jemandem in einem Pub, und drei Monate später im Urlaub in Ecuador erzählt einem irgendein Einheimischer genau diesen Witz. Denn es bedurfte nur einer Person, die den Witz zwei oder drei anderen erzählte, die es wiederum ihren Freunden weitererzählten. Wie bei Kettenbriefen, oder hieß es Kettenpost? Es bedurfte nur dieser ersten Person, diesem Jemand, der sagte: »Ich kenne einen Mann, der Greenleaf heißt. Rate mal, für wen er arbeitet? Für die Special Branch! Greenleaf of the
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher