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Karrieresprung

Karrieresprung

Titel: Karrieresprung
Autoren: Klaus Erfmeyer
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nicht gelungen erschien und die er in dem Gefühl hatte abtragen lassen, dass ihm wesentliche Aspekte entgangen waren. Er hatte Dr. Hübenthals Abmahnung entgegengebebt, bereit, seine Fehler einzugestehen und nicht gewagt, dem Senior ins Gesicht zu blicken. Hübenthal hingegen hatte gütig lächelnd Knobels nervöse Anspannung beobachtet und schließlich dessen banges Warten erlöst.
    »Herr Rosenboom hält große Stücke auf Sie, er ist richtig begeistert. Er lädt Sie zu seinem Jubiläum in sein Haus ein. Übrigens als einzigen Kollegen außer mir. Und Sie werden natürlich kommen.«
    Knobel hatte sich beeilt, sein Kommen zu versichern.
    »Wir werden gemeinsam hinfahren und gemeinsam zurückfahren. Sie brauchen sich um den Weg nicht zu kümmern und auch nicht mit Ihrem alten Auto vor Rosenbooms Haus zu parken. An diesem Abend sind Sie ein erwachsener Anwalt.«
    Bevor Knobel antworten und für die Einladung danken konnte, hatte der Senior schon die Eckpunkte des Protokolls markiert.
    »Dunkler Anzug mit Weste, weißes Hemd, dezente Krawatte, schwarze Schuhe, wenn möglich, alles neu.«
    Hübenthal zwinkerte ihm zu.
    »Ich weiß, Sie werden das schon machen. Und Ihre reizende Frau sowieso. Sie wissen ja, ich kenne die Familie«.
    Hübenthal erhob sich und trat ans Fenster.
    »Der Ausblick ist fantastisch«.
    Offensichtlich hatte er noch nie aus diesem Fenster gesehen.

    Während der Fahrt redete Hübenthal pausenlos. Eigentlich sprach er weder mit seiner eigenen Frau noch mit seinen hinten sitzenden Fahrgästen, gleichwohl warfen Stephan und Lisa immer wieder ihn bestätigende Floskeln oder interessierte Nachfragen ein. Der Senior erging sich in der Prognose zur weiteren Entwicklung des Telekommunikationsmarktes, schloss die Kritik am misslungenen Umbau des Messegeländes an und verbreitete sich anschließend über die rechtlichen Probleme der Aufweichung des Nachtflugverbots am Dortmunder Flughafen.
    Knobel konzentrierte sich darauf, mit einer passenden Antwort aufzuwarten, sofern er gefragt würde, und ermahnte Lisa mit einem sanften Stoß in die Rippen zur eigenen Aufmerksamkeit. Zweifellos stellte Dr. Hübenthals Repertoire ein durchaus beachtliches Potpourri der Themen der Zeit dar, die ebenso schnell wechselten, wie sie unvermittelt verschwanden. Doch wenn Knobels Nachfragen dem Wunsch zur Vertiefung gezollt waren, hatte sich der Senior monologisierend schon dem nächsten Thema zugewandt, und so schwieg Knobel schließlich, trotzdem nicht unzufrieden, weil Dr. Hübenthals ständiges Reden besser zu ertragen war als ein fortwährendes Schweigen, auf das er sich eigentlich eingestellt und deshalb sich genötigt gesehen hatte, darüber nachzudenken, was er denn von sich aus in das Schweigen hinein hätte sagen können. So blieb sein vorbereiteter Katalog bunt zusammengewürfelter interessanter und unterhaltender Themen ungenutzt.
    Es fiel ihm schwer, mit dem Senior Gespräche zu führen. Wenn sie der Zufall zusammenführte und man aus einer gewissen spontanen Gelegenheit heraus miteinander ein paar Worte hätte wechseln können, fühlte er eine verunsichernde Distanz zwischen ihnen, die ihn daran hinderte, unbefangen zu reden. So musste er sich eingestehen, nichts zu finden, worüber er mit Dr. Hübenthal hätte reden können. Allerweltsthemen waren zu banal und nicht der Erwähnung wert, und rechtliche Diskussionen mied er, weil er die Überlegenheit des anderen fürchtete. Wovon man nicht reden konnte, musste man also schweigen, was ihn angesichts seiner redlichen Skrupel stillschweigend belastete.
    Lisa waren solche Ängste fremd. Sie sagte, man müsse nur ein wenig mitreden können, aber eben das gelang ihm nicht. Er würde gerne spontan mitreden, antwortete er, aber eben das könne er nicht, worauf Lisa erklärte, dass er das gelassene Schweigen lernen müsse.
    Das gelassene Schweigen, dachte er, was für ein großes Wort.
    Rosenbooms Haus war ein großzügiges, jedoch keinesfalls protziges Gebäude, das sich in die Villengegend unauffällig einfügte.
    Seine Frau öffnete.
    Dr. Hübenthal tauschte mit ihr Wangenküsse aus. Gemeinsam schritt man durch das große Wohnzimmer auf die Terrasse, die in eine gepflegte, an einem Buchenwald endende Rasenfläche mündete. Seitlich versperrten hoch aufragende, maigrün sprießende Thuja-Hecken den Blick auf Rosenbooms Grundstück, wo sich unter ihrem Schutz auf dem frisch gemähten Rasen die Schar der Gäste in festlicher Garderobe versammelt hatte, darunter lokale
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