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Karpfen, Glees und Gift im Bauch

Karpfen, Glees und Gift im Bauch

Titel: Karpfen, Glees und Gift im Bauch
Autoren: Werner Rosenzweig
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Wald Bruchholz in Hülle und Fülle gab? Reser liebte in der kalten Jahreszeit die mollige Wärme seines Kachelofens. Sie tat seinen alten Knochen richtig gut.
    Der letzte Herbststurm hatte massenweise Bäume entwurzelt und Äste, so dick wie ein kräftiger Männerarm, abgerissen. Die lagen da einfach auf dem Waldboden herum. Von Zeit zu Zeit musste im Wald einfach mal sauber gemacht werden!
    Fünf Stunden harte Arbeit hatte er hinter sich und seinen Anhänger beladen, als er sich endlich wieder auf den Heimweg machte. Von der körperlichen Anstrengung war er heftig ins Schwitzen gekommen. Um nicht zu sagen: Er schwitzte wie eine Sau. Die Soße rann ihm von seinem kahlen Schädel bis in die buschigen Augenbrauen, und am Hals entlang bis in den Kragen seines karierten Flanellhemdes.
    Gnadenlos knallte die Sonne vom strahlend blauen Himmel, an dem nicht die kleinste Wolke stand. Lediglich weit im Westen verdunkelte sich der Horizont. Es schien sich ein Wärmegewitter zusammenzuziehen. Noch regte sich kein Wind. Die Luft war zum Schneiden dick. Ständig wischte sich der Reser mit dem Hemdsärmel über Augen und Stirn. Das passte ihm gar nicht. Er musste sich auf seinen Fahrweg konzentrieren. Gerade tuckerte er mit seinem alten Traktor und dem mit Holz schwer beladenen Anhänger auf einem engen Feldweg zwischen zwei Karpfenweihern dahin. Der Weg war nicht ganz ungefährlich. Es gab einige feuchte, weiche Stellen. Denen sollte er besser ausweichen. Wenn er nicht aufpasste, konnte sein Gefährt einsinken und stecken bleiben. Wenn das geschähe, na dann »Gute Nacht, Marie!«
    Eine Bremse, einer dieser blutsaugenden Plagegeister, die sich gerne in der Nähe von Wasser aufhielten, schien keine Rücksicht darauf zu nehmen, dass sich der Reser auf seinen Weg konzentrieren musste. Angelockt durch den menschlichen Schweißgeruch umtänzelte sie brummend seinen Kopf.
    »Sakra…. Scheißviech!«, fluchte er, »Hau ab, lass mer mei Ruh!« Doch der summende und schwirrende Blutsauger verstand Reser nicht. Mitnichten dachte das Insekt daran zu verschwinden. Im Gegenteil, der Schweißgeruch wurde immer intensiver, immer verlockender, und die Stechmücke wurde immer aufgeregter und aggressiver. Wenn da bloß nicht dieser fuchtelnde Arm wäre, der ständig nach ihr schlug. Beharrlich versuchte die Bremse erneut einen Landeplatz zu finden, um ihren Stechapparat durch die menschliche Haut zu bohren und sich an dem süßen Blut zu laben. »Zisch ab, Sarah«, fluchte der Reser erneut, »odder iech hau di zu Brei!«.
    Der Plagegeist legte sich in eine enge Flugkurve und steuerte Resers ungeschützten Hals an. Der sah den Brummer im Sturzflug auf sich zukommen und die einmalige Gelegenheit, sich endgültig des lästigen Blutsaugers zu entledigen. Geistesgegenwärtig ließ er mit einem triumphierenden »Wardner, gleich habbi di, du Fregger«, das Lenkrad für einen kurzen Moment los, verfolgte konzentriert den Anflug der Bremse, klatschte beide Hände zusammen und verspürte Sekundenbruchteile später, wie der matschige Insektenbrei in seinen Handtellern klebte.
    Unglücklicherweise hatte er durch diese wilde Aktion auch sein Todesurteil heraufbeschworen. Als er seine Hände vom Lenkrad nahm, genügten dem alten Fendt weniger als zwei Sekunden, um sich selbstständig zu machen. Die Vorderräder der Zugmaschine scherten im 90 Grad Winkel nach links aus und fraßen sich in die steile, weiche Böschung, welche schnurstracks auf die Wasseroberfläche des Fritzenweihers zuführte. Den Reser durchzuckte es siedend heiß, und er versuchte noch das Steuer herumzureißen.
    Zu spät. Der schwer beladene Anhänger drückte von hinten nach und den Traktor unerbittlich in Richtung Wasser. Die Zugmaschine geriet außer Kontrolle, sank in den weichen Untergrund ein, kippte zur Seite, riss sich vom Anhänger los und überschlug sich.
    »Jessesla!«, war das letzte Wort, welches der Reser erschrocken von sich gab. Dann wurde er aus seinem Sitz katapultiert und durchbrach, Kopf voran, mit einem satten Klatscher die braunen Wasser des Fischgewässers. Als er in den morastigen, schwarzen Bodenschlamm des Weihers einschlug, begrub ihn sein alter Fendt-Traktor unter sich.
    Die traurige Nachricht, welche die Landpolizei der Retta wenige Stunden später überbrachte, quittierte die mit einer kernigen Aussage: »Je älder dass wern die Mannsbilder, desdo bleeder werns aa. Was muss denn der alde Gaul in seim Alder nu in Wald foahrn, um Holz zu huln? In unserer Schubfn
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