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Karl der Dicke & Genossen

Karl der Dicke & Genossen

Titel: Karl der Dicke & Genossen
Autoren: Werner Schrader
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dürfte dich kaum interessieren“, entgegnete Guddel, „obwohl es dich betrifft.“
    „Nun lies schon vor!“ drängte Karl, durch Guddels Abwehr neugierig geworden.
    „Meinetwegen“, sagte Guddel, „wenn du es unbedingt hören willst.
    Also: Karl der Dicke will nicht warten,
übt das Radfahrn hier im Garten,
macht mit seinem Schwergewichte
edles Bohnenkraut zunichte.
    Klasse, was?“
    Aber Karl fand das saublöd. Er tupfte sein Knie mit dem Taschentuch ab und begann wieder zu singen: „Auf die Berge möcht ich fliegen, möchte sehn ein grünes Tal...“ Da hörten sie, wie die Gartenpforte geöffnet wurde. „Egon“, sagte Guddel, „endlich!“
    Tatsächlich schob Egon nun sein von brüderlicher Hand gepflegtes Fahrrad vorsichtig über den Hof.
    „Hallo“, sagte er zur Begrüßung. „Alles klar bei euch?“ Lässig stellte er sein Rad auf den Ständer und setzte sich zu den beiden Freunden. „Dann ist es wohl endlich an der Zeit, das Sportliche und Kulturelle unserer Fahrt harmonisch zu verschmelzen.“
    Nach diesen bedeutenden Worten fummelte er eine bunte Kulturkarte aus seiner Gesäßtasche und breitete sie aus. „Also“, sagte er, „paßt auf. Die Route liegt zwar schon fest, aber die Tagesetappen und die verschiedenen Unterbrechungen zwecks des Besteigens von Burgen, des Besichtigens von Grabstätten, in denen alte Könige eingemottet sind, und so weiter sollten auch besprochen werden. Ich habe mir erlaubt, den ersten Tag bis in alle Einzelheiten zu durchdenken. Hört: Um sechs Uhr brechen wir auf. Nicht später! Denn Morgenstunde hat Gold im Munde. Dann erst einmal mit Volldampf nach Bremen. Da halten wir uns gar nicht auf. Roland, Rathaus, Böttcherstraße und Hafen kennen wir von innen und außen. Schnell durch Brinkum, Bassum, Sulingen, Petershagen nach Minden. Da machen wir die erste Rast. Hin zur Kanalbrücke, die die Weser überquert, das soll ja ein architektonischer Knüller sein. Dann raus aus der Stadt. Ganz nebenbei ein, zwei Interviews mit den Eingeborenen. Und dann mit einem Affenzahn weiter zur Porta Westfalica, einer erdgeschichtlich interessanten Stelle. Wenn euch nichts daran liegt, können wir auch gleich ohne Aufenthalt nach Hameln weiterfahren zu deinem rüstigen Opa aus den Wesermühlen.“
    Karl der Dicke schnappte nach Luft.
    „Du bist wohl als Kind zu heiß gepudert worden!“ rief er. „Das sind ja über zweihundert Kilometer!“
    „Na und?“ sagte Egon. „Traust du deiner Körperfülle diesen Katzensprung nicht zu?“
    Karl tippte sich an den Kopf.
    „Was du schaffst, schaffe ich noch mit drei Zentnern Kartoffelsalat auf dem Rücken“, knurrte er. „Aber abhetzen und kaputtmachen ist bei mir nicht drin.“
    „Trimm dich fit, mein Lieber“, sagte Egon, „das hast du doch besonders nötig.“
    Karl wandte sich hilfesuchend an Guddel.
    „Was meinst du denn zu Egons idiotischem Tagesplan?“ fragte er.
    „Ich halte ihn für eine Fehlplanung“, sagte Guddel. „Wir wollen doch nicht die Tour de France fahren!“
    Egon spuckte verächtlich zwischen seine langen Füße. „Meinetwegen können wir auch zu Fuß gehen“, sagte er, „mit Mutti an Hand und immer hübsch langsam, damit Bubi nicht hinfällt und Höschen schmutzig macht. Das wird ja eine langweilige Fahrt für mich, wenn ich zwei solche Schnecken wie euch an den Hacken habe.“ Er stand auf und faltete die Karte zusammen.
    „Von Sport scheint ihr alle beide noch nichts gehört zu haben, ihr Flaschen“, brummte er. „Vergeßt bloß eure Windeln nicht.“
    Er ließ den Fahrradständer hochschnellen und schob los. Bevor er um die Ecke bog, rief er noch über die Schulter zurück: „Morgen früh um sechs. Aber pünktlich!“ Dann war er verschwunden.
    Guddel und Karl sahen sich an und lachten.
     

 
    Am Tage der Abfahrt klingelte es morgens um sechs anhaltend bei Familie Böving. Guddel Schmalz hieß mit richtigem Nachnamen nämlich Böving. Karl der Dicke hatte sein Fahrrad an die Hauswand gelehnt und auf den Klingelknopf gedrückt. Aber der hatte sich verklemmt. Geistesgegenwärtig schraubte er mit seinem Taschenmesser den Klingeldeckel ab und brachte das wilde Ding zur Ruhe. Das fängt ja gut an! dachte er.
    Endlich wurde die Tür geöffnet. Guddel erschien, fix und fertig zum Aufbruch. Er trug einen Rucksack in der rechten und zwei Zeltstäbe in der linken Hand.
    „Moin, du Krachmacher“, sagte er, „geh ‘rein und hol das Zelt.“
    Er ging an Karl vorbei nach draußen und lud sein Gepäck
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