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Karibische Affaire

Karibische Affaire

Titel: Karibische Affaire
Autoren: Agatha Christie
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wir müssen es verhindern! Wir müssen sofort handeln!«
    »Sie sagen das ja sehr schön«, meinte Mr Rafiel. »Wen meinen Sie denn mit ›wir‹? Was kann denn ich in dieser Sache tun? Nicht einmal gehen kann ich allein! Und da wollen Sie mit mir einen Mord verhindern? Sie sind eine alte Frau, und ich bin ein altes Wrack!«
    »Aber Sie haben Jackson«, sagte Miss Marple. »Jackson, der tun wird, was Sie ihm befehlen – oder nicht?«
    »Ja, das wird er«, sagte Mr Rafiel. »Besonders wenn ich ihm sage, dass es sein Schaden nicht sein wird. Also das wollen Sie?«
    »Jawohl. Befehlen Sie ihm, mit mir zu kommen und zu tun, was ich ihm sage!«
    Sekundenlang blickte Mr Rafiel sie an. Dann sagte er:
    »Gemacht. Scheint zwar das größte Risiko meines Lebens zu werden – aber es wäre nicht das erste Mal.« Er rief: »Jackson!« Gleichzeitig drückte er auf den Klingelknopf neben seinem Bett.
    Kaum dreißig Sekunden später erschien Jackson in der Tür zum Nebenraum. »Ja, Sir? Ist Ihnen nicht gut?« Dann bemerkte er Miss Marple und starrte sie an.
    »Also, Jackson, hören Sie genau zu: Sie gehen jetzt mit dieser Dame, mit Miss Marple! Und zwar, wohin sie will! Und Sie werden genau das tun, was sie Ihnen sagt, Sie werden jeden Befehl von ihr ausführen! Verstanden?«
    »Ich – «
    »Ob Sie verstanden haben 1 .«
    »Jawohl, Sir.«
    »Gut – dann soll es Ihr Schaden nicht sein. Ich werde dafür sorgen, dass es die Mühe lohnt.«
    »Besten Dank, Sir!«
    »Kommen Sie, Mr Jackson«, sagte Miss Marple. Über die Schulter rief sie Mr Rafiel zu: »Auf dem Weg verständigen wir Mrs Walters, sie soll Ihnen aufstehen helfen und Sie mitbringen.«
    »Wohin mitbringen?«
    »Zum Bungalow der Kendals«, sagte Miss Marple. »Ich glaube, wir werden Molly dort treffen.«
     
    Starr vor sich hin blickend und gelegentlich aufschluchzend, kam Molly den Weg vom Meer herauf. Sie nahm die Stufen zur Loggia, verharrte einen Augenblick, stieß dann die Balkontür auf und trat ins Schlafzimmer. Das Licht brannte, aber das Zimmer war leer. Molly ging zum Bett und setzte sich. Während der nächsten Minuten saß sie nur da, abwechselnd die Stirn runzelnd und wieder glattstreichend. Dann, nach einem verstohlenen Rundblick, griff sie unter die Matratze, zog das Buch hervor, beugte sich darüber und begann suchend darin zu blättern.
    Als von draußen laufende Schritte erklangen, versteckte sie es mit einer raschen, schuldbewussten Bewegung.
    Tim Kendal kam ganz außer Atem herein und stieß bei ihrem Anblick einen Seufzer der Erleichterung aus.
    »Wo bist du gewesen, Molly? Ich hab’ dich überall gesucht!«
    »Ich bin zum Fluss gegangen.«
    »Du bist – « er unterbrach sich.
    »Ja, zum Fluss. Aber ich hab’ dort nicht warten können – ich konnte einfach nicht – es liegt jemand dort, im Wasser – eine Tote – «
    »Du meinst – Weißt du, dass ich sie zuerst für dich gehalten habe? Erst vorhin hab’ ich erfahren, dass es Lucky ist.«
    »Ich habe sie nicht umgebracht! Wirklich, Tim, ich habe sie nicht umgebracht! Ich bin sicher, dass ich es nicht getan habe! Sonst müsste ich mich doch erinnern, nicht wahr?«
    Langsam sank Tim am Fußende des Bettes zusammen.
    »Du hast sie nicht – bist du auch sicher? Nein, nein, natürlich hast du es nicht getan!« Er schrie es fast heraus. »Fang erst gar nicht an, das zu glauben, Molly! Lucky ist ins Wasser gegangen, weil Hillingdon mit ihr fertig war. Sie ist einfach zum Fluss und hat sich hineingestürzt!«
    »Das würde Lucky niemals tun! Aber ich hab’ sie nicht umgebracht, das schwöre ich dir!«
    »Aber Liebling, selbstverständlich hast du’s nicht getan!« Er legte die Arme um sie, aber sie entzog sich seinem Griff.
    »Ich will nicht mehr hierbleiben! Hier, wo alles eitel Sonne hätte sein sollen! Und es schien ja auch so zu werden – aber jetzt ist nichts als Schatten – ein großer, dunkler Schatten… und ich bin darin – und kann nicht hinaus!« Ihre Stimme schwoll zum Schrei.
    »Schsch, Molly! Um Himmels willen, sei doch still!« Er ging ins Badezimmer und kam mit einem Glas zurück.
    »Da – trink das! Es wird dich beruhigen.«
    »Ich kann nicht. Meine Zähne klappern so.«
    »Aber ja, du kannst schon! Hier, setz dich zu mir.« Er legte den freien Arm um sie und näherte das Glas ihren Lippen.
    »Na siehst du! Und jetzt trink das hinunter!«
    Eine Stimme erklang vom Fenster her.
    »Jackson«, sagte Miss Marple scharf, »nehmen Sie ihm das Glas weg und halten Sie es fest! Vorsicht,
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