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Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern
Autoren: M Gibert
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Gerät in der Hand schlief er sofort wieder ein.
    Zehn Sekunden später klingelte es erneut. Diesmal war er schneller wach, knipste das Licht an, setzte seine Lesebrille auf und drückte die richtige Taste.
    »Lenz.«
    »Aufstehen, Paul, wir müssen uns um eine Leiche kümmern.«
    »Ich wünsch dir auch einen guten Morgen, Thilo. Wie spät ist es?«
    »Halb drei. Zieh dir was Warmes an, wir fahren in den Wald. Ich bin in zehn Minuten bei dir. Ach ja, wenn ich die Kollegen richtig verstanden hab, brauchst du festes Schuhwerk.«
    Lenz setzte sich aufrecht und nahm das Telefon ans andere Ohr.
    »Nun mal ganz langsam. Was ist passiert?«
    »In zehn Minuten!«
    Damit war das Gespräch beendet. Lenz legte das Telefon zur Seite, streckte sich und wischte sich den Schlaf aus den Augen.
    Was für eine Nacht, dachte er.
    15 Minuten später hupte es kurz auf der Straße. Der Hauptkommissar band sich die Schnürsenkel, steckte einen kleinen Schirm in seine Jackentasche und verließ die Wohnung.
    Draußen hatte der Schneefall nachgelassen, aber die Räumfahrzeuge hatten die Straßen in diesem Teil Kassels noch nicht von der weißen Pracht befreit.
    »Moin, Thilo«, begrüßte er seinen Mitarbeiter. »Wo fahren wir denn hin?«
    Oberkommissar Thilo Hain legte den ersten Gang ein und beschleunigte schlingernd das kleine Cabriolet.
    »Morgen Paul. Wir haben einen Toten im Reinhardswald. Erhängt, mehr weiß ich noch nicht, weil die Kollegen da draußen bis jetzt nur mit Taschenlampen arbeiten konnten. Der technische Zug mit der Beleuchtung ist aber schon unterwegs.«
    »Hm«, brummte Lenz.
    Hain hatte alle Hände voll damit zu tun, den Wagen auf der Straße zu halten. Er fuhr, so schnell es ging, wollte aber keinen Unfall riskieren. Trotzdem musste der Hauptkommissar mehr als einmal schlucken, wenn das Auto ausbrach oder beim Bremsen ins Rutschen geriet. Nach 25 schweigsamen Minuten hatten sie den Parkplatz im Wald erreicht, wo sich Hain mit einem uniformierten Kollegen verabredet hatte, und fuhren hinter ihm her zum Fundort der Leiche.
    »Das hätten wir alleine nie gefunden«, war sich Lenz sicher, als sie auf einem weiteren Parkplatz anhielten. Durch die hoch aufragenden, kahlen Bäume sahen die beiden Kripobeamten in etwa 500 Metern Entfernung eine hell erleuchtete, gespenstisch wirkende Szenerie.
    »Ich fahre wieder zurück an meinen alten Standort, vielleicht kommt ja noch ein Kollege von Ihnen«, erklärte der Uniformierte aus dem geöffneten Fenster des Streifenwagens und deutete auf den Boden.
    »Wenn Sie auf dem Weg hier bleiben, kommen Sie automatisch zum Fundort.«
    Lenz nickte ihm zu.
    »Ist gut. Und vielen Dank fürs Herbringen.«
    Nachdem der Wagen auf die Straße eingebogen und kurze Zeit später verschwunden war, standen sie im Dunkeln. Hain zog sein Mobiltelefon aus der Tasche und schaltete die darin eingebaute Taschenlampe an.
    »Na, das bringt ja die Wende«, spottete Lenz ob der mickrigen Lichtausbeute.
    »Besser, als ganz im Dunkeln hier herumzuirren.«
    Mehr tastend als sehend näherten sie sich dem grellen Schein mehrerer Lichtmasten, die auf der Ladefläche eines kleinen Lkw montiert waren, und mit jedem Meter konnten sie mehr von dem erkennen, was sich vor ihnen befand. Dann hörten sie das leise Knattern des Notstromaggregats und rochen verbranntes Benzin. Hain hielt seinem Chef das Absperrband hoch und stieg selbst darüber.
    »Guten Morgen!«, rief Lenz in die Runde.
    Etwa ein halbes Dutzend Köpfe flog in seine Richtung.
    »Musst du dich hier so anschleichen, Paul? Ich hab mich zu Tode erschreckt.« Heinrich Kostkamp von der Spurensicherung der Kasseler Polizei sah ihn vorwurfsvoll an.
    »Tut mir leid, Heini, aber wir konnten nicht ahnen, dass ihr alle so gebannt dem Geräusch des Notstromaggregates lauscht und uns nicht kommen hört.«
    Die beiden gaben sich die Hand, und Lenz registrierte erleichtert, dass sich die Miene seines alten Kollegen wieder aufhellte. Auch die anderen Männer grinsten.
    »Wo ist er denn?«
    Kostkamp deutete auf einen Baum etwa zehn Meter von ihnen entfernt.
    »Er hängt ziemlich hoch, deswegen sieht man ihn auf den ersten Blick nicht.«
    Lenz und Hain hoben die Köpfe und sahen nach oben. Dort hing ein etwa 50 Jahre alter Mann mit schief hängendem Kopf und drehte sich langsam im Wind. Er trug einen langen Wollmantel und Halbschuhe. Von seinem Genick führte ein dunkles Seil zum Ast über ihm und nach unten. Dort war es um einen anderen Baum geschlungen und verknotet.
    Hain
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