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Kammerdiener gesucht

Kammerdiener gesucht

Titel: Kammerdiener gesucht
Autoren: Friede Birkner
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dürfen.«
    Dem konnte Kuno, der soeben den Tee servierte, nur begeistert, wenn auch stumm, zustimmen. Nirgends auf der Welt war es schöner als im Torhaus Gleichen. So geschickt er es auch versuchte, Mary in die Augen schauen zu können, sie sah den Diener Kuno einfach nicht, dankte nur flüchtig für seine Handreichungen und sonst nichts.
     
    Als sie mit Achim und Michel allein war, besprachen sie das Schreiben von Staatsanwalt Dr. Sellermann. Achim fragte den Freund: »Was meinst du, wollen wir darangehen und forschen, ob tatsächlich etwas von Wert in dieser Götzenstatuette ist?«
    »Ich war heute im Museum und habe mich mit einem Experten besprochen. Der sagte mir, ich solle sehr vorsichtig zuerst versuchen, den Boden der Figur anzubohren. Dann gäbe es vielleicht eine Möglichkeit, daß sich ein Teil herausziehen ließe, oder man könnte sich so einen Einblick verschaffen. Unklar ist mir nur, wieso du und Mary bisher nie aufgefallen ist, daß sich in dieser Figur etwas bewegte; daß dies erst Kuno auffiel, nachdem er das Biest hatte hinfallen lassen.«
    »Wahrscheinlich eben durch das Hinfallen hat sich innen irgend etwas gelöst. Eigentlich müßte man Kuno Finderlohn geben, wenn wir vielleicht Edelsteine finden sollten«, war Achims etwas sarkastische Entgegnung. »Aber ich bin einverstanden -gehen wir, wenn es euch recht ist, heute abend nach dem Essen an diese Arbeit, die das letzte sein wird, was uns jemals an diese Tragödie erinnern soll. Ich gedenke diese Figuren an ein Museum zu verkaufen. Ich will sie nicht mehr hier in dem geliebten Schlößchen haben.«
    »Oh, gut, Achim, gut! Ich mag sie auch nicht mehr sehen. Ich glaube, ich habe noch einige Fotos, die ich während deiner Krankenhauszeit drüben in Mexiko machen ließ. Die kannst du vielleicht brauchen, wenn du die Statuetten anbietest.«
    »Bist doch ein tüchtiges Mädel!«
    Mary strich den zusammengerollten schwarzen Dackelhunden zärtlich über die weichen Fellchen und ging nach oben. Dabei mußte sie wieder auf der Treppe dem Kammerdiener begegnen, der artig beiseite trat und kein Wort sagte, als sie an ihm vorbei ging.
    »Sind Sie stumm geworden, Kuno?« fragte Mary beinahe zornig, denn alles, was er tat oder nicht tat, irritierte sie von Tag zu Tag mehr.
    »Ich fürchte, Ihnen mit unsachlichen Bemerkungen lästig zu fallen, und schweige lieber, bis ich gefragt werde.«
    »Prächtig - dabei bleiben Sie!« kam zornig die Antwort, und wütend knallte Mary die Tür ihres Appartements hinter sich zu.
    Kuno stand ans Geländer gelehnt, spielte mit einer Kleiderbürste, sah ihr nach und dachte vieles.
     
    In ihrem Zimmer warf Mary erst einmal verschiedenes durcheinander. Ihre hübschen Kissen mußten büßen, was Kuno verbrochen hatte. Mary schob dies hierhin, jenes dorthin, trat ans Fenster, kaute auf der Unterlippe und flüsterte vor sich hin: »Er soll zum Teufel gehen - es aber nicht wagen, Gleichen zu verlassen!« Unlogisch war sie wie alle Menschen, die mit ihrem Herzen nicht ganz im Gleichgewicht sind. Dann suchte sie in den schmalen Fächern des hübschen alten Schreibtisches nach den besprochenen Fotos, fand sie nicht, suchte weiter und überlegte, wo sie diese Bilder denn hingetan hatte. Dabei schweifte ihr Blick zu der wundervollen kleinen Truhe, die ihr Michel repariert hatte. Ob sie die Fotos vielleicht vor Monaten, als sie nach Gleichen kamen, da hineingetan hatte? Also setzte sie sich an den Schreibtisch, zog die Truhe heran und legte den gewölbten Deckel zurück.
    Briefschaften, Bilder, Kuverts, alles durcheinander, wie sie es damals wohl im Umzugstrubel hinein gelegt hatte. Also alles ausstürzen und gründlich suchen. Plötzlich hatte sie mehrere Fotos in der Hand, die ihr fremd waren. Wie kamen die hier herein? Ob noch von dem früheren Besitzer Dinge drinnen gelegen hatten, die sie damals gar nicht wahrgenommen hatte? Sie beugte sich über die zahlreichen Bilder - und sprang im nächsten Augenblick auf, hielt ein großes Foto in der Hand und flüsterte: »Das - das ist doch nicht möglich! Ich muß mich irren! Aber nein, deutlich erkenne ich es!« und starrte auf das eine Foto. Eine ausgezeichnete Aufnahme von Gertraude und Kuno, die beide die Reitpferde am Zügel hielten, und zwischen ihnen groß, freundlich und massig Tante Schirin! Hastig sah Mary die anderen Fotos durch. Immer wieder Bilder von Gertraude, von Kuno, auch ab und an Schirin dabei. Und, was sie am meisten überraschte, die Dackelviecher, Castor und Pollux,
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