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Kammerdiener gesucht

Kammerdiener gesucht

Titel: Kammerdiener gesucht
Autoren: Friede Birkner
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Augen ziemlich lange in denen von Mary. Es fiel ihm schwer, das nächste harmlose Wort zu finden, und er suchte sich das Dümmste aus, was er finden konnte.
    »Da wär schon noch was, Fräulein Bergemann. Aber wenn ich das sage, dann fliege ich, und weil ich nicht fliegen will, kann ich es eben nicht sagen. Meine Tante hat mich schon oft gewarnt, ich solle meine Augen nicht ganze Romane erzählen lassen. So, das wär es, sonst nichts weiter, Fräulein Bergemann.«
    Eine lange Pause. Mary hob den Kopf nicht und sagte um einige Schwingungen leiser und unsicherer: »Natürlich darf ich diesen letzten, inhaltreichen Satz nicht gehört haben, weil der Kammerdiener Kuno nicht fliegen will und soll. Sonst wäre also nichts weiter?«
    »Durchaus nichts weiter, Fräulein Bergemann.«
    »Aber ich hätte noch etwas zu bemerken, Kuno, das wiederum Sie nicht gehört zu haben brauchen, genau wie ich Ihren Satz nicht hörte. Also, ich habe ein kleines, durchaus nicht häßliches Mißtrauen gegen den perfekten Kammerdiener Kuno und weiß noch nicht, ob ich mir wünschen soll, diesem Mißtrauen zu folgen oder es einfach nicht zu hegen.«
    »Darf ich ergebenst bitten, sich letzteres zur Richtlinie zu nehmen, falls ich mir diesen Rat erlauben darf, und falls ich den Satz gehört hätte.« Eine tadellose Verbeugung. »Ich bestelle also Herrn Professor, daß Sie zur Teezeit unten sein werden.«
    »Den Teetisch bitte auf der Terrasse. Ich hoffe, daß Herr Brunnig mit dem Nachmittagsbus zurückkommt. Decken Sie also für drei Personen.«
    »Sehr wohl, Fräulein Bergemann.«
    Dann stand Mary und schaute vor sich hin, und draußen stand Kuno, lehnte sich gegen die geschlossene Tür und drückte, als wäre es »seine« Mary, die Lippen fest dagegen. Dann wurde noch gemurmelt: »Weil ich dich doch halt sooo lieb habe!« und rasch lief Kuno davon zu seiner Arbeit.
    Mary aber murmelte als aller Weisheit letzten Schluß vor sich hin: »Irgend etwas stimmt mit Kuno nicht, und es täte mir schrecklich leid, wenn es etwas wenig Schönes sein sollte, was da nicht stimmt. Bis ich das aber erfahre, werde ich mit keiner Wimper zucken, Herr Kammerdiener.«
     
    Eine Etage tiefer nahm Gertraude ein Diktat von Achim auf. Nicht in die Maschine, da sie empfunden hatte, es störe ihn, also zurück zur Natur und wie bei den alten Deutschen ins Heft stenografiert. Sie merkte nicht, daß er öfter, wenn er sich besinnen mußte, diese Momente ausgiebig dazu verwendete, auf Gertraudes hübschen Kopf zu sehen. Blickte sie dann fragend zu ihm auf, wartend, was er weiterhin sagen wollte, spürte sie diesen Blick und wendete ihre Augen sofort wieder ab.
    »Und warum das, Gertraude?«
    »Was bitte, Herr Professor?«
    »Das eben, dieses Wegblicken, Gertraude, möchte der Herr Professor erklärt haben.« Er stand neben ihr, sich mit der Linken auf den Schreibtisch stützend.
    »Ich warte halt, daß Sie weiter diktieren, Herr Professor.«
    »Aha - Sie warten. Nun gut, dann legen wir schnell eine Zwischennotiz ein, damit Sie arbeitswütiges Menschenkind ja nicht eine Sekunde warten müssen. Bitte, einen neuen Bogen anfangen.«
    Sofort legte Gertraude ein Blatt des Heftes um, machte sich ein Zeichen und sah ihn wieder wartend an. Es sei aber vermeldet, daß sie nicht mehr so ruhig war wie vor wenigen Minuten. »Soll es ein Brief werden oder eine Texteinlage?«
    »Eine Notiz für mich. In den nächsten Tagen will ich mit ihr sprechen - haben Sie das?«
    »Ja, Herr Professor.«
    »- daß sie endlich dieses langweilige >Ja, Herr Professor< oder >Nein, Herr Professor< läßt und sich überlegt, ob sie nicht andere Worte für mich finden kann. Dann könnte ich ihr viel leichter gestehen, daß ich mir mein Leben ohne sie nicht mehr denken könnte. Ich habe sie sehr lieb, vertraue ihr und könnte mir niemals denken, daß sie mir mit einer häßlichen Lüge begegnen könnte, es sei denn, sie täte dies aus einer Notwendigkeit heraus. Haben Sie das auch schon?«
    »Ja, Herr Professor«, kam es sehr zögernd, und er konnte sehen, daß Gertraude blaß geworden war.
    »Gut, dann bitte ich Sie, mir das bis morgen früh mit drei Durchschlägen abzutippen.« Ein unterdrücktes Lachen war in seiner ruhigen, guten Stimme zu hören. Er schüttelte den Kopf und faßte dann nach ihrer Hand, die auf dem Heft ruhte. »Nun, Gertraude, wäre das eine zu schwere Arbeit?«
    Sie schüttelte nur den Kopf, hob langsam den Blick zu ihm, und er konnte sehen, daß Tränen in ihren Augen waren. »Gertraude
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