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Kammerdiener gesucht

Kammerdiener gesucht

Titel: Kammerdiener gesucht
Autoren: Friede Birkner
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ebenso langsam ging er über die Parkwiese zum offenen Tor und machte es peinlich korrekt hinter sich zu.
     

XII
     
    Still war es in der Halle, keiner wagte, das Wort zu ergreifen. Die Frauen hatten die Augen niedergeschlagen, so als wollten sie keine Stellungnahme erkennen lassen.
    Achim sah Kuno fragend an, als wolle er von ihm eine Bestätigung, daß er recht gehandelt habe, als er Einar gehen ließ.
    Kurz gab Kuno den Blick zurück, nickte und wollte gerade etwas sagen, als Michel wieder in die Halle kam, sich umblickte und fragte: »Wo ist der Schwede?«
    Stumm reichte Achim ihm das Schriftstück, welches Michel langsam und bedächtig durchlas. Dann sah er Schirin an, nachdem er einen verächtlichen Blick auf Schlamm geworfen hatte. »Habe die richtige Stelle erreicht. Man sucht diesen Menschen schon lange - er hat falsche Papiere, mit denen er ins Ausland ging.«
    »Was hat er denn noch auf dem Gewissen, der Peter Schlamm?«
    »Mord an einem entlassenen Häftling, mit dem er während seiner Haft die Zelle in der Strafanstalt teilte. Raubmord, denn er ließ seinem Opfer nichts als die Kleider auf dem Leibe. Man wird in gut zwei Stunden hier sein, um ihn abzuholen. Wo können wir den miserablen Schuft indessen verwahren?«
    »Unser Schlößchen hat eine Art Burgverlies«, platzte Kuno heraus.
    »Gut, gut - als Kammerdiener müssen Sie ja sämtliche Ecken und Winkel eines Hauses kennen, wo Sie Ihre unschätzbaren Dienste walten lassen«, mokierte sich Schirin und pfiff Kuno gewissermaßen zurück. »Und wo wäre dieses Burgverlies?«
    »Bei einem abendlichen Spaziergang zerrten mich die Dackelhunde einmal an das Torhaus. Dort fand ich eine morsche Tür angelehnt und dahinter eine prächtige Gefangenenzelle.«
    »Na also, wozu nicht so'n Abendspaziergang mit den Dackeln gut ist. Herr Professor, ich könnte mich wohl verabschieden und zu Lina gehen. Wann soll’s denn Mittagessen geben?«
    Achim atmete wie befreit auf bei Schirins ruhigem und alltäglichem Ton, sah seine Schwester an, die neben Gertraude stand.
    »Entscheide du, Mary, ich meine, unsere prächtige Frau Sörensen hat recht damit, daß das alltägliche Leben weitergehen sollte.«
    »Oh, Achim, mir ist ein Stein von der Seele genommen, ich fühle mich wie erlöst! Gottlob, daß wir dies alles bald hinter uns haben werden. Ich gehe mit Gertraude nach oben, Frau Sörensen sagt Lina Bescheid, daß wie üblich gegessen wird.«
    Gertraude beugte sich schnell über die Maschine, ordnete die wichtigen Papiere sorglich, legte sie neben Achim und fragte, ihn besorgt ansehend: »Kann ich noch etwas für Sie erledigen, Herr Professor?«
    Nur eine Sekunde strich er über ihre Hand, nickte ihr mit gutem Lächeln zu: »Nichts mehr jetzt. Alles andere verschieben wir, bis wir wieder ruhiger geworden sind.«
    Dann waren die Männer mit dem bleichen, inzwischen wieder zu sich gekommenen Peter Schlamm allein, der sich auf die Lippen gebissen hatte, als er Michels Bericht hörte. Die Falle war zugeschnappt, sein jämmerliches Verbrecherleben würde beendet sein, bis Peter Schlamm, diese widerliche Ratte wieder durch irgendeine Lücke des Gesetzes, des Gefängnisses, des Lebens durchschlüpfte und an anderem Ort sein teuflisches Unwesen weiter treiben konnte.
     
    Wochen waren vergangen, friedliche, schöne und harmonische Wochen für Torhaus Gleichen und seine Bewohner.
    Mary, welche die Aufregung durch das Erscheinen Einar Thorsens überwunden und ihren fröhlichen Gleichmut wieder errungen hatte, saß an einem sonnigen Nachmittag in ihrem kleinen Salon und arbeitete für die Bibliothek. Michel war nach München gefahren, um Kataloge einzukaufen, damit auch diese Arbeit einmal fertig wurde. Als es klopfte, rief sie heiter: »Herein!« Und herein trat der Kammerdiener, dem das Herz bibberte, als er »seine« Mary frisch und sommerlich gekleidet vor sich sah. Dann aber reichte er ihr die aus dem Dorf mitgebrachte Post.
    »Danke Ihnen, Kuno. Sagen Sie bitte Achim, daß ich bis zum Tee mit dieser Sache hier fertig bin. Wäre sonst noch etwas?« Ihre Frage klang leicht irritiert, denn der herzliche und tiefe Bewegung verratende Blick des »Perfekten« machte sie wie so oft unsicher.
    Er war auch nicht eben ruhig und sicher, riß sich aber zusammen, da es halt doch nicht anging, daß der Kammerdiener die Schwester seines Chefs an seine Brust zog und erklärte, er habe sie verdammt noch mal mächtig lieb. Kuno war also bemüht, dies nicht zu tun, verweilte aber mit seinen
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