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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Eva Rossmann
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umsah, bemerkte ich, dass ich die Arme vor Anstrengung kaum mehr heben konnte. Gismo wog immerhin gute sechs Kilo. Ich kniete vor dem Bett und streichelte sie. Die Atmung war jetzt schneller, laut Tierärztin ein gutes Zeichen. Aus dem Maul floss dicker, gelber Speichel.
    Ich holte eine Schüssel mit Wasser und benetzte ihren Mund.
    »Wasser«, sagte ich, dann streichelte ich sie wieder. Vielleicht sollte ich eine schwarze Olive holen? Vielleicht würde sie davon aufwachen?
    Das Telefon läutete. Ich fuhr hoch, hatte keine Lust, Gismo aus den Augen zu lassen. Es klingelte weiter.
    »Ja?«, fauchte ich in den Apparat und zog ihn gleichzeitig in Richtung Schlafzimmer.
    »Ich hab schon einige Male angerufen, ich war in Sorge, weil du nicht abgehoben hast. Versteh mich nicht falsch, aber bei dem ganzen Fleisch …«
    »Oskar, Gismo ist überfahren worden.«
    »Wie?«
    »Sie ist mir entkommen, ich bin selbst schuld.«
    »Ist sie … Wie geht es ihr?«
    »Sie hat ein Schädel-Hirn-Trauma, sagt die Tierärztin.«
    »Soll ich kommen?«
    »Nein, man kann nichts tun.«
    »Du bist sicher?«
    »Ja, geh schlafen, morgen wissen wir mehr.«
    »Ich umarme dich.«
    »Ich dich auch.«
    Gismo machte einen tiefen Seufzer und sah mich an.
    Erst später, als sie längst wieder in tiefe Bewusstlosigkeit geglitten war, merkte ich, wie zottig ihr sonst so seidiges Fell war. War es der Straßenschmutz? Waren es die Verletzungen? Ich holte einen Waschlappen und versuchte sie vorsichtig und fast trocken abzuputzen. Auf Wasser reagierte Gismo wie allergisch. Sie hob für einen Moment, unwillig, wie mir schien, den Kopf. Ich streichelte ihr sanft über das Fell. »Du bekommst Schokokekse, so viel du willst. Und ein ganzes Glas schwarze Oliven. Ich werde dich nie mehr vom Tisch scheuchen, wenn Gäste da sind.«
    Ich musste eingenickt sein. Meine Arme schmerzten höllisch. Ich saß noch immer auf dem Boden, Gismo lag noch immer auf dem Bett. Ängstlich starrte ich auf ihre Flanke. Sie atmete. Flach, aber regelmäßig. Ich dachte an das ältere Ehepaar in der Gasse. »Die ist hin«, hatte er von oben herab gesagt. So, als wäre das völlig egal. Sachlich, nicht einmal unfreundlich. Eine desinteressierte Feststellung. Wer hatte sie auf dem Gewissen? Wahrscheinlich war der Idiot einfach weitergefahren und hatte sich gedacht: War zum Glück eh nur eine Katze. Ein Tier. Ein Ding.
    Ich schreckte in die Höhe, als ein Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Oskar kam herein. Zum ersten Mal hatte er nicht vorher geläutet.
    »Wie geht es ihr?«, sagte er.
    Ich deutete auf das Bett.
    Er streichelte sie, redete abwechselnd auf sie und auf mich ein.
    »Ich hatte daheim keine Ruhe, also bin ich wieder aufgestanden und hergefahren.«
    »Du musst morgen arbeiten«, protestierte ich schwach.
    »Das ist wichtiger. Wenn du willst, dass ich bleibe.«
    Mir kamen die Tränen, ich wischte sie nicht weg. »Natürlich«, schniefte ich.
    »Wenn du mich brauchst, dann sag mir das bitte«, flüsterte er leise.
    »Ich bin es nicht gewohnt«, flüsterte ich zurück.
    »Ich will gebraucht werden.«
    »Ich auch.«
    Als es Tag wurde, hob Gismo den Kopf, sah uns mit klaren Augen an und zuckte beim Versuch zu gähnen zusammen. Am Vormittag biss sie die Tierärztin mit aller Kraft in den Finger. Die Tierärztin fluchte und lachte zur gleichen Zeit: »So fest, wie sie zugebissen hat, können keine wesentlichen Schädelknochen gebrochen sein. Sie ist, glaube ich, über den Berg. Sie werden staunen, wie rasch sie sich erholt. Was sie jetzt braucht, ist eine Menge Ruhe.«
    »Kann ich weggehen? Nur, wenn es für kurze Zeit sein muss.«
    »Ja, gar kein Problem. Sie schläft sich gesund, Sie werden sehen.«
    Ich taumelte etwas, als ich der Tierärztin noch einmal dankte und sie zur Tür begleitete.
    »Sie machen mir mehr Sorgen«, sagte sie zu mir und sah mich skeptisch an. »Sie haben wohl gar nicht geschlafen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Aber ich bin zäh. Zumindest so sehr wie Gismo.«
    Oskar war vor einer Stunde zum Gericht gefahren. Ausgerechnet heute hatte er Prozesstag.
    Meine Katze hingegen rollte sich ein, nur das rechte Hinterbein stand weiß verbunden eigenartig steif weg, so als würde es gar nicht zu ihr gehören. Ich legte mich, wie ich war, zu ihr auf das Bett.
    Gismo maunzte an meinem Ohr, bis ich aufwachte. Sie sprang mit drei halbwegs gesunden und einem gebrochenen Bein auf den Boden, sie wusste, was sie wollte, und hinkte in die Küche.
    Ich sah auf den Wecker. Halb
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