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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Eva Rossmann
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sechs am Abend. Wir hatten beide den Tag verschlafen. Die Nacht war schlimm genug gewesen. Ich überlegte. Etwas Leichtes, Krankenkost. Ich taute rasch etwas Kalbfleisch auf und vermischte es mit in Milch eingeweichter Semmel. Gismo schien wenig begeistert. Oder merkte sie erst jetzt, dass sie doch noch keine Lust zu fressen hatte?
    Ich jedenfalls spürte plötzlich enormen Appetit und durchstöberte den Kühlschrank. Da lagen vier kalte Cevapcici von gestern Abend. Ich halbierte eine Semmel, bestrich die eine Seite mit Ketchup, die andere mit Senf, schnitt eine Essiggurke auf und legte sie gemeinsam mit zwei Cevapcici in die Semmel. Gismo starrte gierig zu mir hoch. Ich ließ sie vom scharf gewürzten Faschierten kosten. Nicht eben die Diät für eine Schwerkranke. Gismo fiel voller Gier darüber her. Den nächsten Teil des Kalbfleisches gab ich ihr ohne Semmel. Das war schon mehr nach ihrem Geschmack. Sie sah mich aufmerksam aus ihren gelben Augen an, als wäre nie etwas passiert. Erst nachdem ich eine zweite Semmel mit Cevapcici aufgegessen hatte, erinnerte ich mich an meine Vorsätze der letzten Nacht, ab nun vielleicht gar kein Fleisch, sicher aber keines von Tieren aus Fabrikhaltung mehr zu essen.

19.
    Ich wollte mich gerade wieder niederlegen, als es Sturm läutete. Ich sprang auf und ging zur Gegensprechanlage.
    »Vesna ist da. Was ist los? Warum du gehst nicht zum Telefon? Habe x-mal versucht, dich anzurufen. Man macht sich Sorgen.«
    Ich sah irritiert zum Telefonapparat. Jemand musste den Anrufbeantworter eingeschaltet haben. Er sprang nach dem zweiten Läuten an, zu rasch, als dass mich die sechs Anrufe, die auf dem Band verzeichnet waren, heute aus dem Schlaf hätten reißen können.
    »Du weißt, dass heute die Sache mit dem LKW-Fahrer ist? Er hat zugesagt, er ist ganz froh, dass für ihn die Sache aus ist, hat er gesagt. Er redet mit Doktor K. und erzählt.«
    Das hatte ich vollständig vergessen.
    »Komm rauf.«
    »Wir müssen los.«
    »Hoffentlich hat Oskar es nicht vergessen.«
    »Ich glaube nicht. Ich komme.«
    Als Vesna vor der Tür stand, hatte ich den Anrufbeantworter abgehört. Vier der Anrufe stammten von Vesna, zwei von Oskar. Er fragte, ob es trotz allem bei dem geplanten Gespräch bleibe. Ich erreichte ihn, wir vereinbarten, uns so schnell wie möglich im »Espresso Evi« zu treffen.
    Zwei Tische waren besetzt, als Vesna und ich ankamen. Ein Pärchen, beide schienen nicht älter als fünfzehn zu sein. Eine ältere Dame, die einen ramponierten Fuchskragen mit Glasaugen um den Hals trug und in Illustrierten blätterte.
    »Der Herr ist schon im Extrazimmer«, flüsterte die Kellnerin konspirativ.
    Oskar saß am Tisch, der dem zugekleisterten Fenster am nächsten stand. »Wisst ihr, warum ich mich ausgerechnet da hersetzen musste?«
    Ich deutete auf die Tapete. »Dahinter ist ein Luftschacht, ich werde auf dich aufpassen.«
    »Das meinst du nicht im Ernst.«
    »Natürlich. Wie geht es dir?«
    Oskar hatte tiefe Ringe unter den Augen, grinste aber fröhlich. »Hab schon lange keine Nacht mehr durchgemacht. Wie geht es Gismo?«
    »Sie wollte mir die Cevapcici wegfressen. Jetzt schläft sie.«
    Er nickte zufrieden. »Irgendwelche Anweisungen?«, fragte er Vesna und mich. Ich hatte das Gefühl, er nahm uns nicht ganz ernst. Vesna hatte es entweder nicht bemerkt, oder sie schien sich nicht darum zu kümmern.
    »Sie müssen vor allem nach Karin fragen. Und wer im Ultrakauf mit den Fleischbetrügern unter einer Decke gesteckt hat. Wer der Boss ist. Wer Heller …«
    »Geht in Ordnung. Ich habe ein Aufnahmegerät in der Tasche, es funktioniert zuverlässig.«
    »Ich lausche mit«, wiederholte ich.
    »Ich auch«, assistierte Vesna.
    Oskar seufzte. »Was soll mir der LKW-Fahrer tun? Glaubt mir, ich hab im Laufe der Jahre schon mit schwereren Jungs geredet.«
    »Aber nicht unter solchen Voraussetzungen.«
    »Das kann man wohl sagen. Glaubt ihr, er wird einen Kriminalbeamten eher erschießen als einen Anwalt?«
    Vesna schüttelte genervt den Kopf: »Natürlich nicht. Er erschießt Sie nur, wenn er dahinter kommt, was wir vorhaben. Vielleicht jedenfalls. Mir wirkt er harmlos. Und froh, dass er reden kann.«
    Wir gingen mit der Kellnerin durch die winzige Küche in den Lichtschacht. Zum Glück bestand das gesamte Personal des Espressos aus ihr allein. »Außer am Samstag, da habe ich frei, und der Chef kommt.« Misstrauisch sah ich nach oben. Der Taubendreck stand zentimeterhoch.
    »In der Nacht schlafen
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