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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Eva Rossmann
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überleben. Aber was interessiert Sie an der Sache?«
    »Mich hat Ihre Kollegin angesprochen, und ich habe ihr versprochen, mit Ihnen zu reden.«
    »Lassen Sie es, nicht böse sein, ich freue mich über Ihren Besuch, aber das, was bei uns faul ist, können wir nur intern regeln. Indem wir uns auf die Füße stellen.«
    »Und die Gewerkschaftsspitze?« Ich musste den Mund verzogen haben, ich kannte einige der Spitzenfunktionäre aus den Medien. Bei Society-Events tauchte seit einiger Zeit ein neuer Gewerkschafts-Shootingstar auf, der etwas von Mitden-Unternehmern-an-einem-Strang-Ziehen, Flexibilität und Wohlstand für alle faselte.
    »Na ja«, erwiderte sie, »ein Männerverein eben, was willst du da schon groß? Die denken, dass für uns ein Taschengeld schon reicht. Jedenfalls die meisten. Brauchen tun wir sie trotzdem, wäre nur an der Zeit, dass dort andere Typen sitzen würden.«
    »Sie waren allein, als der Unfall geschah?«
    »Ich sage nicht, dass es ein Unfall war. Ich weiß nur nichts anderes, und letztlich ist es auch nicht so wichtig. Ja, ich war allein.«
    »Was ist mit den Cognacdiebstählen? Waren Sie hinter den Dieben her?«
    Ihr Lachen ging in ein Grunzen über. »Hören Sie auf, mich zum Lachen zu bringen. Warum sollte ich Cognacdiebe jagen wollen? Ich hab davon erst im Krankenhaus gehört, wenn die Diebe gefunden werden, werde ich mich bei ihnen bedanken. Vielleicht haben sie mir das Leben gerettet. Wegen der leeren Kisten vorne.«
    »Wissen Sie, wer den Cognac geklaut hat?«
    »Weiß ich nicht, aber es werden wohl welche aus unserem Lager gewesen sein oder ein paar der Zulieferer. Blöd, wie sie sich offenbar angestellt haben. Einfach aus den vordersten Kisten die Flaschen herausnehmen, dort, wo es am schnellsten auffällt. Wissen Sie, Diebstähle werden bei uns meistens aufgeklärt. Wareneingang und Warenausgang sind computerisiert, da wird dauernd verglichen, und Fehlbestände werden so sofort sichtbar. Außerdem beschäftigen sie für so etwas hin und wieder Privatdetektive, zur Abschreckung. Auf der anderen Seite steht alles offen herum. Wenn das für gewisse Idioten keine Einladung ist …«
    »Ultrakauf ist also selbst schuld?«
    »So weit würde ich nicht gehen … Aber in gewisser Weise. Sie können es verkraften, glauben Sie mir.« Nach sorgfältiger Überlegung nahm sie eine Praline mit einer aufgesetzten Mandel und deutete dann auf die Schachtel. »Nehmen Sie sich auch eine, die sind köstlich.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Mögen Sie nicht?«
    »Ich mag Pralinen zu sehr, das ist das Problem.«
    Sie musterte mich kritisch. »Sie haben eine tadellose Figur, also was spricht dagegen?«
    »Ich habe zehn Kilo zu viel.«
    »Wer sagt das?«
    Ich verstummte und nahm eine Praline mit dunklen und hellen Schichten. Ja, wer sagt das?
    »Richten Sie Grete vielen Dank aus, es ist nett, dass sie sich so um mich kümmert. Muss für sie gar nicht so einfach gewesen sein, Sie anzusprechen. Schüchtern, wie sie ist. Aber: In einer Woche oder in zwei bin ich zurück. Die Sache ist abgehakt. Wer weiß, vielleicht bekommt unsere Gewerkschaftsgruppe sogar neuen Auftrieb.«
    »Wer ist eigentlich dieser Regionaldirektor Heller?«
    Sie sah mich aufmerksam an. »Wie kommen Sie auf den?«
    »Na ja, scheint so etwas wie Ihr Lieblingsfeind zu sein.«
    »Der Wicht? Er ist in erster Linie unser Personalchef. Er genehmigt Dienstpläne und Stundenabrechnungen, er teilt ein, wie viele Menschen pro Filiale beschäftigt werden. Dafür musst du nicht viel können – nach oben buckeln und nach unten treten, das reicht. Und das kann er.«
    »Waren Sie immer schon so …?«
    »Sagen Sie es nur: rabiat.«
    »Kämpferisch, wollte ich sagen.«
    »Nein, war ich nicht. Eigentlich, auch wenn Sie es nicht glauben werden, war ich früher sehr schüchtern. Hab mir meinen Teil gedacht, mich aber nichts zu sagen getraut. Ich war schon als Kind groß und fett. Man wird gehänselt, wissen Sie. In der Schule war ich gut, aber meine Mutter ist immer an die falschen Männer geraten, und so haben wir fast jedes Jahr die Wohnung und die Schule gewechselt. Ich glaube, ich bin eine der ganz wenigen Wienerinnen, die sich in allen Bezirken auskennen. Bin ja dann zwischendurch einmal auch Taxi gefahren. Sie würden es allerdings gar nicht glauben, wie viele Taxifahrer sich nicht auskennen. Auf alle Fälle hab ich nicht eben ein überwältigendes Selbstbewusstsein gehabt. Dass ich den Mund aufmache, ist ganz plötzlich gekommen. Ich war damals in
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