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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Eva Rossmann
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rote Karin auch schon gesagt, aber mein Mann mag blonde Haare. Deswegen sind sie eben blond. Man muss ihn ja nicht extra dazu bringen, sich nach anderen Blonden umzusehen.«
    Ich nickte. Oder hätte ich ihr etwa einen Vortrag über Eigenständigkeit und selbst bestimmtes Frauenleben halten sollen?
    Kurz vor neun keuchte ich die acht Treppen zu meiner Altbauwohnung hinauf. Ich sollte mehr Sport treiben. Aber war das nicht Sport genug? Besser, die Hauseigentümer ließen endlich wie versprochen einen Lift einbauen. Gismo lauerte schon hinter der Türe. Ihr flammend orangeroter Streifen quer über der Brust leuchtete, die gelben Augen waren erwartungsvoll aufgerissen. Sie wummerte mir den Kopf in die Kniekehle und hätte mich damit beinahe zu Fall gebracht. »Schleich dich«, sagte ich zu meiner Schildpattkatze. Sie wusste, dass ich es nicht ernst meinte. Und wenn: Es hätte sie wenig gestört. Sie tänzelte vor mir, bis ich die Hühnerkrägen aus der Einkaufstasche genommen hatte. Dann setzte sie sich auf ihr nicht eben zierliches Hinterteil und starrte die Beute regungslos und gebannt an. Ich entfernte das Plastik und stellte die Styroporschale auf Gismos Futterplatz. Jetzt hatte ich Ruhe. Aus der Ecke war das Knacken von Knochen zu hören, begleitet von einem tiefen Schnurrlaut.
    Vielleicht stand die Kassiererin, diese Grete Berger, noch unter dem Eindruck des Überfalls und fantasierte sich etwas zusammen. Spätestens morgen Mittag müsste meine Reportage über die New Yorker In-Lokale fertig sein. Am Nachmittag könnte ich die rote Karin besuchen. Ich hasse Krankenhäuser. Noch nie war ich als Patientin in einem gewesen, und als Besucherin ging ich nur hin, wenn es sich absolut nicht vermeiden ließ. Schon allein der Geruch nimmt mir den Atem. Wenn es leicht geht, dann blende ich Krankheit, Leid und Tod aus.
    Ich öffnete den Kühlschrank, fand noch ein Fläschchen Campari Soda und goss den Inhalt in ein hohes, dickwandiges Glas. Herb und erfrischend.
    Die New-York-Reise mit Oskar war schön gewesen. In den letzten Jahren war ich lieber alleine gereist, man kann tun, was man will, muss sich nach niemandem richten, braucht nur für sich selbst Pläne zu machen, oder man macht eben keine Pläne und schaut, was sich ergibt. Oskar war sensibel genug, mir genug Raum zu lassen. War ich das umgekehrt auch? Vielleicht war er für einen Anwalt etwas zu gutmütig. Auf alle Fälle hatten wir die meiste Zeit in New York gemeinsam verbracht, nur weniges hatten wir getrennt unternommen.
    Ob ich noch kochen sollte? Es war gegen halb zehn. Dass er immer zu spät kam, nervte. Andererseits: Wir hatten bloß vereinbart, uns ungefähr um halb neun zu treffen, er hatte gesagt, dass sein letzter Termin auch länger dauern könnte. Was für ein Termin? Welcher Rechtsanwalt empfing um diese Zeit noch Klienten? Oder war es eine Klientin? Ich musste grinsen. Womöglich wurde ich auf meine alten Tage noch eifersüchtig.
    Ich würde uns ein einfaches Trüffelsoufflé machen und danach überbackenen Kalbslungenbraten. Als ich die Packung mit dem Fleisch öffnete, war Gismo wie ein Blitz neben mir. Ich schaute auf ihre Schüssel. Nichts war von der üppigen Portion Hühnerkrägen noch übrig. Oder sie hatte, während ich in Gedanken war, einige der Hühnerkrägen für schlechte Zeiten versteckt. Ich zuckte mit den Schultern. Spätestens in ein paar Tagen würde ich es riechen, wenn sie einen zu fressen vergessen hatte. Wahrscheinlicher war, dass Vesna ihn vorher finden würde. Vesna ist meine Putzfrau, aber sie ist eigentlich viel mehr als das. Freundin, Partnerin in heiklen Situationen und dazu eben auch, was man in Wien »Bedienerin« nennt. Das Wort behagt Vesna gar nicht. Sie sei kein Dienstbote, keine Dienerin, sondern putze Dreck weg, korrigiert sie, wenn sie jemand so nennt. Was sie wohl von der Sache im Supermarkt halten würde?
    Ich versuchte Gismo zu ignorieren, heizte das Backrohr an, schnitt den Kalbslungenbraten in dicke Scheiben, salzte und pfefferte sie, gab Butter und Öl in eine Pfanne und briet die Stücke bei maximaler Hitze auf beiden Seiten an.
    Wahrscheinlich hatte die rote Karin einfach Pech gehabt. Ein schlecht aufgebauter Stapel, in dem vorne ein paar Cognacflaschen fehlten, und schon konnte so etwas passieren. Oder war sie etwa hinter den Cognacdieben her gewesen? Aber das hätte sie ihren Kolleginnen wohl erzählt. Spätestens im Krankenhaus.
    Noch einmal etwas frisches Öl und Butter in eine Keramikpfanne, dann die
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