Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalter Zwilling

Kalter Zwilling

Titel: Kalter Zwilling
Autoren: Catherine Shepherd
Vom Netzwerk:
öffnete.
    Nach schier unendlich langer Zeit erreichte Oliver die Autobahnausfahrt Dormagen. Noch nie war ihm die Strecke zwischen dem Polizeirevier in Neuss und Zons so lange vorgekommen. Er preschte über die Straßen und in die Altstadt von Zons. In der Grünewaldstraße machten sie halt und sprangen aus dem Auto. Oliver stürmte zur Haustür, die sich im selben Moment öffnete. Emily stand mit schreckgeweiteten Augen vor ihm. Direkt dahinter erblickte er Anna. In ihren Augen standen Tränen. »Sie ist nicht hier!« Annas Stimme klang erstickt.
    In diesem Moment klingelte Olivers Handy.
    »Guten Morgen, Herr Bergmann. Hier spricht Professor Morgenstern. Meine Mitarbeiter haben mir soeben berichtet, was vorgefallen ist. Ich muss mich entschuldigen, dass ich erst jetzt anrufe, aber ich war vor ein paar Nächten in einen Verkehrsunfall verwickelt. Ich habe bis spät in die Nacht gearbeitet und war völlig übermüdet. Leider habe ich nicht aufgepasst und direkt vor der Klinik einen Unfall gebaut, bei dem ich selbst mehrere Schnittwunden davongetragen haben. Zum Glück bin ich Arzt und konnte meine Wunden sofort selbst versorgen. Heute Morgen musste ich meine Aussage bei der Polizei zu Protokoll geben.« Er machte eine kurze Pause. »Vielleicht kann ich Ihnen helfen. Ich kenne Adrian Helmhold sehr gut und weiß, wie er vorgeht.«
    Oliver stellte den Lautsprecher seines Handys ein. »Nun, ich befürchte, es ist zu spät. Wir sind soeben am Haus von Bettina Winterfeld eingetroffen und sie ist nicht hier.«
    »Wenn er unterbrochen wurde, dann hat er sie mit Sicherheit versteckt. Haben Sie alle Nischen des Kellers und den Dachboden gründlich durchsucht?«
    Emily schüttelte den Kopf. »Auf dem Dachboden waren wir noch nicht.«
    Professor Morgensterns Stimme krächzte durch den Lautsprecher. »Suchen Sie alles gründlich ab und schauen Sie in Kisten oder unter Planen nach. Ich habe Helmhold einmal aus dem Aktenschrank in meinem Büro gezerrt. Er liebt solche Verstecke.«
    Noch während der Professor sprach, stürmte Oliver nach oben, Anna und Emily dicht hinter ihm. Klaus sicherte den Eingang, Petra Ludwig überprüfte derweil den Keller des Hauses.
    Der Dachboden war höchstens zehn Quadratmeter groß und glich eher einer Kammer. Ein kleines Dachfenster spendete mäßiges Licht. Oliver duckte sich, um mit dem Kopf nicht an die Holzbalken zu stoßen. Anna, die sich hier seit ihrer Kindheit auskannte, kroch atemlos zu einer riesigen Kiste und öffnete sie. Entmutigt ließ sie die Schultern sinken. Sie war voller Bücher, wie eh und je. Die dicken Staubflocken, die durch das Öffnen in die Luft geschleudert wurden, zeigten ihr, dass sich jahrelang niemand mehr an dieser Kiste zu schaffen gemacht hatte.
    Aus dem Untergeschoss hörten sie Petra Ludwigs Stimme. Der Keller war leer. Anna setzte sich und ließ ihre Tränen hemmungslos laufen. Sie spürte, dass ihre Mutter in den Händen dieses Wahnsinnigen war. Doch sie hatte keine Ahnung, wo sie noch nach ihr suchen sollten.
    Oliver wollte den Dachboden gerade verlassen und in den Wohngeschossen weitersuchen, als ein letzter Blick in die Kammer ihn zurückhielt. Mit den Augen maß er die Größe des Dachbodens ab und versuchte sich gleichzeitig die Außenansicht des Gebäudes in Erinnerung zu rufen. Er nahm ein Holzstück in die Hand und begann die Wände abzuklopfen. Sie waren hohl. Oliver trat mit den Füßen gegen die dünne Holzwand, die sofort nachgab und krachend umkippte. Atemlos kniete er sich hin und starrte in die Dunkelheit des Hohlraumes hinein. Nichts. Nur unendlich viele Staubflocken, die sich in seiner Nase festsetzten und ihn zum Niesen brachten.
    Auf Knien kroch er hinein. Der gesamte Dachboden war mit Holzwänden ausgekleidet. Der Hohlraum lief wie ein langer Schlauch an der Außenseite herum. Oliver zückte eine Taschenlampe. Ungefähr einen Meter vor sich sah er Spuren im Staub. Adrenalin schoss durch seine Blutbahnen, während er der Spur folgte, die an einer Holzkiste endete. Sie war unverschlossen. Oliver hörte ein schwaches Stöhnen und zerrte den Deckel herunter. Da lag Bettina Winterfeld, halbnackt, zusammengepfercht und geknebelt.
    »Ich habe sie ...«
    Ein Schlag auf den Hinterkopf ließ ihn zusammensinken. Sein Bewusstsein driftete in die Dunkelheit ab, doch Emilys Stimme hinderte ihn daran, sich fallen zu lassen. Er öffnete die Augen und kämpfte mit aller Kraft gegen das Schwindelgefühl an, welches wie eine Nebelwolke um seinen Kopf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher