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Kalter Zwilling

Kalter Zwilling

Titel: Kalter Zwilling
Autoren: Catherine Shepherd
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durchgeführt worden. Die Punktion diente der Entnahme von Eizellen, die später mit dem Sperma des Ehemannes zusammengeführt und so befruchtet wurden. Oliver blätterte zurück. Es hatte einen Embryotransfer gegeben, aber der komplette Vorgang der Befruchtung war nicht in der Akte verzeichnet. Sein Puls stieg merklich an. Oliver spürte instinktiv, dass er etwas Wichtiges entdeckt hatte.
    Er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Es wurden also keine Eizellen von Frau Helmhold verwendet. Wie konnte diese Frau schwanger werden, wenn ihr nicht ein einziges Ei entnommen worden war? Erstaunt stellte Oliver fest, dass Kevin Helmhold einen älteren Bruder hatte. Tatsächlich war auch dieser durch künstliche Befruchtung gezeugt worden. Die Dokumentation der Behandlung wies die gleichen Lücken auf. Auch hier waren offensichtlich nicht die Eizellen der Mutter befruchtet worden. Oliver wischte sich aufgeregt über die Stirn. Seine Lippen fühlten sich trocken an.
    Er hob den Telefonhörer ab und rief Petra Ludwig an. »Ich habe hier eine Auffälligkeit entdeckt. Könntest du herausfinden, wer der Bruder von Kevin Helmhold ist?«
    »Er hat einen Bruder? Davon hat er während des Verhörs kein Wort gesagt!«
    Oliver blickte auf das Datum des Behandlungsberichtes. »Vielleicht weiß er es gar nicht. Dieses Kind wurde neun Jahre vor ihm geboren.« Er legte auf.
    Woher hatte Frau Helmhold Eizellen bekommen? Irgendjemand musste sie ihr geliehen haben, wie sonst hätte sie schwanger werden können? Oliver kam ein Gedanke. Bei jeder Fruchtbarkeitsbehandlung wurden den Patientinnen mehrere Eizellen entnommen. Nach den deutschen Gesetzen durften aber nie mehr als drei Embryos in die Gebärmutter einer Frau eingepflanzt werden. Sollte eine Patientin also mehr als drei Embryos zur Verfügung haben, wurden diese für weitere Versuche eingefroren. Oliver verglich die Anzahl der tiefgefrorenen Embryos mit denen, die während der Behandlung nicht eingesetzt werden durften. Bei einer Patientin namens Bettina Winterfeld wurde er fündig.
    Eine Alarmglocke schrillte bei dem Namen in Olivers Gehirn, doch er ignorierte sie. Stattdessen starrte er fassungslos auf die Zahl der Embryos, die dort im Untersuchungsbericht eingetragen war. Fünf Embryos waren durch die künstliche Befruchtung gezeugt worden. Drei davon waren von hervorragender Qualität und nur ein Embryo wurde der Patientin auf eigenen Wunsch eingesetzt. Oliver entzifferte die handschriftliche Notiz von Professor Neuhaus: Die Patientin wünscht ausdrücklich die Vernichtung der übrigen Embryos.
    Oliver suchte nun nach dem Bericht über die Kryokonservierung, in dem die Anzahl der tiefgefrorenen Embryos ausgewiesen wurde. Das Papier fehlte. Stattdessen gab es in der Akte eine knappe Anmerkung von Hans-Peter Mundscheit: erledigt.
    Abermals überprüfte Oliver die Daten und fand seine Vermutung bestätigt. Die Schwangerschaft der beiden Patientinnen war auf den Tag genau zum selben Zeitpunkt eingetreten.
    Oliver versuchte, für den Zeugungszeitpunkt von Kevin Helmhold einen ähnlichen Zusammenhang zu finden. Doch diesmal wiesen die Berichte über die tiefgefrorenen Embryos keinerlei Unstimmigkeiten auf. Vielleicht waren die Unterlagen einfach gefälscht. Das Klingeln seines Handys riss ihn aus den Gedanken. Schnell griff er in die Hosentasche und zog es hervor. Sein Herz machte einen freudigen Sprung, als er Emilys Namen im Display entdeckte.
    »Guten Morgen, mein Schatz. Wie geht es Dir?«
    Emilys Stimme hallte wie aus weiter Ferne. »Anna und ich waren eigentlich mit Professor Morgenstern verabredet, aber er ist bisher nicht aufgetaucht. Alle wundern sich, wo er bleibt. Und da ich hier sitze und warte, wollte ich einfach deine Stimme hören.«
    Oliver strahlte. Doch sein Lächeln erfror unwillkürlich, als die Alarmglocke in seinem Kopf erneut schrillte.
    »Sag mal, heißt Anna nicht mit Nachnamen Winterfeld?«
    »Ja, wieso fragst du?«
    »Wie heißt ihre Mutter mit Vornamen?«
    »Bettina. Warum stellst du mir so komische Fragen?«
    Die Erkenntnis traf Oliver blitzartig. Der Name Bettina Winterfeld leuchtete wie ein Reklameschild in seinem Inneren auf. Plötzlich sah er den Zusammenhang zwischen dem ermordeten Biologen und Professor Neuhaus. Beide hatten Frau Helmhold zum Kindersegen verholfen. Kinder, die nicht ihre eigenen waren. Dies war das Tatmotiv. Die Rache eines Kindes, das von der leiblichen Mutter getrennt worden war.
    Eine fürchterliche Vorahnung beschlich Oliver. Was,
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