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Kalter Tod

Kalter Tod

Titel: Kalter Tod
Autoren: Michael Connelly
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auf Walling richten, würde er Maxwell eine Kugel in den Kopf jagen.
    Maxwell ließ die Pistole in seinen Schoß sinken und begann zu lachen. Das Blut, das aus seinen beiden Mundwinkeln troff, verlieh ihm das Aussehen eines irren Clowns.
    »Ich glaube … ich glaube, ich habe gerade ein Porterhouse-Steak erschossen.«
    Er lachte wieder, aber davon musste er erneut husten, und das schien schmerzhaft zu sein. Erst als der Husten nachließ, fuhr er fort.
    »Ich wollte nur noch sagen … es war sie. Sie wollte seinen Tod. Ich … ich wollte nur sie. Mehr nicht. Aber auf was anderes wollte sie sich nicht einlassen … und ich habe getan, was sie wollte. Dafür … bin ich verdammt …«
    Bosch kam einen Schritt näher. Er glaubte nicht, dass Maxwell ihn schon bemerkt hatte.
    Er machte noch einen Schritt, und Maxwell sprach weiter.
    »Es tut mir leid. Rachel? Sag ihnen, es tut mir leid.«
    »Cliff«, sagte Walling. »Das kannst du ihnen auch selbst sagen.«
    In diesem Moment hob Maxwell seine Pistole, hielt den Lauf unter sein Kinn und drückte ohne Zögern ab. Von der Wucht des Einschlags zuckte sein Kopf nach hinten, und Blut spritzte über die Kühlschranktür. Die Pistole fiel zwischen seinen ausgestreckten Beinen auf den Betonboden. Bei seinem Selbstmord hatte Maxwell die gleiche Haltung eingenommen wie seine Geliebte, die Frau, die er kurz zuvor umgebracht hatte.
    Walling kam um die Vitrine herum und blieb neben Bosch stehen, und gemeinsam blickten sie auf den toten FBI-Agenten hinab. Walling sagte nichts. Bosch sah auf die Uhr. Es war fast ein Uhr. Er hatte den Fall in wenig mehr als zwölf Stunden vom Anfang bis zum Ende durchgezogen. Das Ergebnis waren fünf Tote, ein Verletzter und ein Mann, der an radioaktiver Strahlung starb.
    Und dann war da auch noch er selbst. Bosch fragte sich, ob auch er auf diese Liste käme, wenn alles vorbei war. Seine Kehle hatte heftig zu brennen begonnen, und in seiner Brust breitete sich eine seltsame Schwere aus.
    Er wandte sich Rachel zu und sah wieder Blut über ihre Wange fließen. Die Wunde müsste genäht werden.
    »Weißt du was?«, sagte er. »Ich bringe dich ins Krankenhaus, wenn du mit mir fahren willst.«
    Sie sah ihn an und lächelte irgendwie traurig.
    »Nimm auch Iggy noch mit, und ich bin dabei.«
    Bosch ließ sie bei Maxwell zurück und ging zum Million Dollar Theater, um nach seinem Partner zu sehen. Währenddessen trafen von überallher Verstärkungseinheiten ein, und es bildeten sich Menschenaufläufe. Bosch beschloss, es den Streifenpolizisten zu überlassen, sich um die Tatorte zu kümmern.
    Ferras saß in der offenen Tür seines Autos und wartete auf die Sanitäter. Er hielt seinen Arm in einem eigenartigen Winkel und hatte sichtlich Schmerzen. Das Blut auf seinem Hemd hatte sich weiter ausgebreitet.
    »Möchten Sie einen Schluck Wasser?«, fragte ihn Bosch. »Ich habe eine Flasche im Kofferraum.«
    »Nein, ich warte so lange. Langsam könnten sie wirklich kommen.«
    In der Ferne wurde die Sirene eines Rettungswagens der Feuerwehr hörbar. Das Geräusch kam näher.
    »Was ist passiert, Harry?«
    Bosch lehnte sich an die Seite des Autos und erzählte ihm, dass Maxwell sich erschossen hatte, als sie sich ihm näherten.
    »Kein schöner Abgang«, sagte Ferras. »So in die Enge getrieben.«
    Bosch nickte, sagte aber nichts. Während sie warteten, trugen ihn seine Gedanken durch die Straßen und in die Hügel hinauf zum Aussichtspunkt, wo das Letzte, was Stanley Kent in seinem Leben sehen sollte, die glitzernden Lichter der Stadt waren, die sich unter ihm ausbreiteten. Vielleicht hatte es für Stanley so ausgesehen, als wartete am Ende der Himmel auf ihn.
    Doch Bosch fand, dass es nicht wirklich eine Rolle spielte, ob man in die Enge getrieben auf dem Boden einer Metzgerei starb oder auf einem Aussichtspunkt, von dem man die Lichter des Himmels sah. Man war weg, und das Finale war nicht der Teil, auf den es ankam. Wir gehen alle den Abfluss runter, dachte er. Einige sind näher an dem schwarzen Loch dran als andere. Einige werden es kommen sehen, und andere werden nicht das Geringste ahnen, wenn der Sog des Strudels sie erfasst und sie für immer in die Dunkelheit hinabzieht.
    Wichtig ist nur, dass man dagegen ankämpft, sagte sich Bosch. Immer strampeln. Immer gegen den Sog ankämpfen.
    Der Rettungswagen bog um die Ecke zum Broadway und schlängelte sich an mehreren stehen gebliebenen Autos vorbei, bevor er endlich an der Mündung der Durchfahrt bremste und die
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