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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden
Autoren: Liza Marklund
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etwas davon?«
    »Wann denn? Letzte Nacht? Wo?«
    »Weiß ich nicht«, sagte Annika. »Nur, dass alle gestorben sind, inklusive zwei Kinder und ein Hund.«
    Rickard Marmén schwieg. Wenn der Verkehrslärm nicht gewesen wäre, hätte man glauben können, die Verbindung sei unterbrochen worden.
    »Weiß er was?« Berit formulierte die Frage stumm mit den Lippen.
    Annika schüttelte den Kopf.
    »Bei einem Gasüberfall getötet, sagen Sie?«, fragte er endlich, und es hörte sich an, als hätte sich der Verkehrslärm im Hintergrund verändert. »Kann ich Sie zurückrufen?«
    Annika gab ihm ihre Durchwahl- und Handynummer.
    »Was hältst du davon?«, fragte sie, nachdem sie aufgelegt hatte.
    Berit biss in einen Apfel. »Von der Kriminalität an der Costa del Sol oder von der Umstrukturierung?«
    »Von der Umstrukturierung.«
    Berit setzte ihre Computerbrille auf und beugte sich zum Monitor vor.
    »Man muss das Beste daraus machen«, sagte sie. »Wenn die Verantwortung für das, was ich tue, bei einem anderen liegt, habe ich mehr Zeit für das, was ich wirklich tun will.«
    »Was denn? Eigene Artikelserien? Unkraut jäten im Garten? Oder hast du vor, den Tauchschein zu machen?«
    »Ich schreibe Lieder«, erklärte Berit, während sie gleichzeitig konzentriert etwas auf dem Monitor las.
    Annika starrte ihre Kollegin an.
    »Lieder? Was für Lieder? Popsongs?«
    »Schlager unter anderem. Einmal haben wir einen für den Grand Prix eingereicht.«
    Berit ließ den Bildschirm nicht aus den Augen. Annika merkte, wie ihr die Kinnlade runterfiel.
    »Du spinnst. Du hast im green room gesessen? Wie war das?«
    Berit blickte hoch.
    »Das Lied hat es nicht unter die zwölfhundert Besten geschafft. Das Letzte, was ich gehört habe, war, dass eine Lokalband in Kramfors es bei ihren Auftritten im südöstlichen Ångermanland spielt. Hast du Lillian Bergqvists Schreiben an den Obersten Gerichtshof gelesen?«
    »Nein, bin noch nicht dazu gekommen. Wie heißt es?«
    »›Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens …‹«
    »Das Lied.«
    Berit nahm die Brille ab.
    »Absolutely me« , erwiderte sie. »Es enthält unter anderem die äußerst kreative Textzeile to be or not to be . Ich arbeite seit zweiunddreißig Jahren bei dieser Zeitung, und wenn ich Glück habe, hält sie sich noch zehn Jahre über Wasser. Dann bin ich fünfundsechzig und gehe in Rente. Ich schätze die Möglichkeit, Dinge zu recherchieren und Artikel zu schreiben, wirklich sehr, aber wer mir die Aufträge gibt oder auf welchem Stuhl ich sitze, ist mir dabei ziemlich egal.«
    Sie sah Annika forschend an.
    »Findest du, dass ich bitter und resigniert klinge?«
    Annika atmete auf.
    »Überhaupt nicht, wirklich«, sagte sie. »Geht mir genauso. Nicht, dass ich bald in Rente gehe, aber ich bin mittlerweile so viel durch die Gegend gefahren, dass mir die Lust auf Reisekrankheit vergangen ist. To be or not to be. Und wie weiter?«
    »No more crying, no self-denying« , antwortete Berit, setzte ihre Brille auf und wandte sich wieder dem Bildschirm zu. »Wie schätzt du Filip Anderssons Chancen auf Freispruch ein?«
    »Dass die Generalstaatsanwältin persönlich das Wiederaufnahmeverfahren beantragt, ist ein gewichtiges Argument«, sagte Annika.
    Sie rief die Website der Staatsanwaltschaft auf und klickte sich zum Schreiben der Generalstaatsanwältin durch.
    »Du hast ihn doch vor ein paar Monaten in Kumla besucht«, sagte Berit. »Glaubst du, dass er unschuldig ist?«
    Annika überflog das Schreiben. Ihr wurde immer unbehaglich, wenn sie etwas über diese Morde las. Sie hatte mit in dem Streifenwagen gesessen, der als Erster am Tatort eintraf, und war geradezu über die Mordopfer gestolpert.
    Als sie letzten Herbst im Fall des ermordeten prominenten Polizeikommissars David Lindholm recherchiert hatte, war sie immer wieder auf FilipAnderssons Namen gestoßen. Andersson war ein ziemlich erfolgreicher Finanzmann, der öfter auf den Partyfotos der Schickeria rund um den Stureplan auftauchte als auf den Wirtschaftsseiten von Dagens Industri , bevor er in ganz Schweden als »Axtmörder von Södermalm« bekannt wurde. Er war ein guter Freund von David Lindholm gewesen.
    »Es war ja Anderssons durchgeknallte Schwester, die die Leute umgebracht hat«, sagte Annika.
    Sie klickte die Website der Staatsanwaltschaft weg.
    »Wie gut kennst du Rickard Marmén?«
    »Was heißt kennen«, erwiderte Berit. »Mein Schwager Harald, mit dem Thord immer zum Angeln fährt, hat seit Ende der Siebziger eine
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