Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalter Schmerz

Kalter Schmerz

Titel: Kalter Schmerz
Autoren: Hanna Jameson
Vom Netzwerk:
stundenlang joggte. Wenn er keinen dicken Kopf hatte, machte er das täglich. Er war verdammt noch mal eine Waffe, aber mir wurde nur selten klar, dass er mich wie eine Kerze auslöschen konnte, wenn er wollte.
    Ich schaute auf den Bildschirm und den leeren Ordner und rief: »Hör mal, es tut mir leid.«
    Mit einem Becher in der Hand kam er zurück. »Wenn du das noch mal machst, breche ich dir was.«
    Das war kein Witz.
    »Bist du heute noch mit Katz verabredet?«
    »Ja, ich bring Geschenke für die Kinder vorbei.« Er setzte sich auf die Armlehne des Sofas und schielte zum Laptop hinüber. »Ich denke, es ist einfach besser so.«
    »Du hast ja recht. Es ist nur … sie hatte so eine Art, die ging einem unter die Haut. Ich meine, wie viele Menschen lieben jemanden so sehr, dass sie sich eher das Hirn wegpusten, als ohne den anderen weiterzuleben? Ich kann mir das nicht vorstellen.«
    »Darauf muss man nicht neidisch sein.«
    Ich feixte. »Du würdest dir für Roman Katz nicht das Hirn wegpusten?«
    Er streckte die Hände aus. »Ich bin irgendwie dagegen, irgendwas für irgendwen zu opfern, wenn der andere das nicht auch für mich tun würde.«
    »Hm, verstehe.«
    Er inspizierte seine Fingernägel. »Ich weiß, dass es schwer ist. Zu akzeptieren, dass sich jemand einfach nicht ändert.«
    Ich fragte mich, von wem er gerade sprach.
    »Meinst du trotzdem, dass es total falsch ist?«, fragte ich. »Matt zu suchen? Du willst, dass ich ihn davonkommen lasse, nach allem, was er getan hat?«
    »Das ist nicht mehr deine Sache. Es wird nichts ändern.«
    »Aber …«
    »Lass es einfach sein, Nic.« Mark legte mir die Hand auf die Wange und sprach jedes Wort betont langsam aus: »Lass. Es. Sein.«
    Ich sah die Narbe auf der Wölbung seiner Oberlippe, wo ihn vor drei Jahren jemand mit einem Taschenmesser verletzt hatte. So nah war er.
    Mein Handy vibrierte neben mir auf der Couch, und ich wunderte mich, als ich den Namen im Display sah: Daisy.
    Mark stand auf und lachte.
    »Was ist?«
    »Daisy … echt, leck mich.« Kopfschüttelnd ging er zurück in die Küche. »Bin echt davon ausgegangen, die hättest du dir ausgedacht.«
    Sie trug einen Tweedponcho und sonst nichts. Nach einem heftigen Fick an der Wand, auf der Treppe und auf der Couch machte Daisy Musik an, und wir lagen auf dem Boden und rauchten Gras.
    »Wenn du mir vorher gesagt hättest, was du vorhast, hätteich mich schon mal aufgewärmt. Ein bisschen Aerobic, Dehnübungen, Pilates …« Sie wickelte sich enger in den Poncho ein und rieb ihren verschmierten Lippenstift ab. »Nichts gebrochen, alles in Ordnung.«
    »Was soll ich sagen? Ich hab mich gefreut, dass du dich gemeldet hast …«
    »Tja, ich war neugierig. Hast du sie also ausgeknipst? Matt und Kyle?«
    Sie klang verstörend sachlich.
    »Matt? Nein, der war nicht zu Hause. Ist offenbar in den Norden gegangen. Hat er Verwandte da oben, weißt du das?«
    »Sorry, aber du verwechselst mich mit diesen Leuten, die Stammbäume zeichnen.« Sie fuhr mir mit dem Finger über den Nasenrücken. »Was bist du eigentlich, Italiener oder Franzose oder was?«
    »Schottisch-italienisch.«
    »Süß. Du könntest mir also Essen kochen und so.« Sie stieß mich mit dem Ellenbogen an und drehte sich auf die Seite. »Heißt du wirklich Nic?«
    »Ja.«
    Ihr Gesichtsausdruck wechselte zwischen ironischer Langeweile und beständiger Aufregung. Es schien sie nicht zu stören, dass ihr die harten Drogen ausgegangen waren. Harriet hätte sämtliche Schränke im Badezimmer nach einem WC-Reiniger durchsucht, um daraus Lösungsmittel zu destillieren.
    »Ja, sicher, aber du bist ein verfluchter Lügner.«
    »Nein, wirklich. Ich heiße Nic Caruana. Ich kann dir Leute zeigen, die das garantieren und alles.«
    »Wahrscheinlich dieselben, die auch garantieren, dass sie dich nicht kennen, was?« Sie blies mir Rauch ins Gesicht und zuckte die Achseln. »Ist mir ehrlich so was von … Nic, Brian, egal, meinetwegen nenne ich dich auch Vanessa, wenn dir das gefällt. Was hast du denn nach Weihnachten so vor?«
    »Ehrlich gesagt, muss ich zu einer Beerdigung.«
    »Echt?«
    »Von meinem Bruder.«
    »Scheiße, sorry, Mann. Ich laber und laber die ganze Zeit, und bei dir ist die Kacke am Dampfen. Woran ist er gestorben?«
    »In Afghanistan abgeschossen. Hubschrauberpilot.«
    Sie pfiff anerkennend und schrieb mit dem Rauch vom Spliff Worte in die Luft. »Wow. Ein Held.«
    Ich zögerte, und sie lachte.
    »Ah, Lieblingskind, was? Verdammt hart, die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher