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Kalte Stille - Kalte Stille

Titel: Kalte Stille - Kalte Stille
Autoren: Wulf Dorn
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Sie jetzt wieder Nachbarn sind.«
    »Ja, ich habe mich entschlossen, wieder in mein Elternhaus zu ziehen. Ist noch nicht lange her, da wäre mir das undenkbar erschienen, aber jetzt … Wollen Sie wirklich nicht reinkommen?«
    »Nein, nein.« Kröger hielt Jan die Plastiktüte hin. »Ich dachte nur, das hätten Sie vielleicht gern zurück.«
    Jan nahm die Tüte und sah hinein. Er nickte und zog das Diktiergerät heraus.
    »Wir haben die Aufnahme digital gesichert«, erklärte
Kröger. »Auf dem Band wurde sie gelöscht. Datenschutz, Sie verstehen. Aber die Kassette ist noch drin.«
    Andächtig wiegte Jan das Gerät in der Hand. Nahezu zweieinhalb Jahrzehnte hatte er es fast immer bei sich getragen. Es war Zeuge seiner jugendlichen Dummheit gewesen, hatte Svens Entführung miterlebt und hatte Jan schließlich dazu gedient, den Täter zu überführen. Nun kehrte es zu Jan zurück. Es war wie ein Symbol.
    Das Leben ist ein Kreis, dachte er. Egal, wo es beginnt, dort endet es auch wieder.
    »Tja«, sagte Kröger und rieb sich die kalten Hände. »Ich muss dann mal wieder los.«
    »Danke.« Jan hielt das Diktiergerät hoch. »Ist wirklich nett von Ihnen.«
    »Dafür ist die Polizei schließlich da.« Kröger grinste breit. »Dein Freund und Helfer.«
    Nachdem der Polizist davongefahren war, ging Jan in die Küche und setzte sich an den Tisch. Er legte das Gerät vor sich und konnte es zum ersten Mal seit vielen Jahren ohne Angst betrachten.
    Er drückte die Starttaste und erwartete schon, das vertraute Rauschen zu hören, doch stattdessen hörte er nur die Stille des gelöschten Bandes. Früher hätte ihm diese Stille den Schweiß auf die Stirn getrieben. Doch jetzt war sie einfach nur da, ohne ihm etwas anhaben zu können.
    Jan stand auf und wollte sich wieder ans Auspacken seiner Sachen machen, als ihn der Klang einer Stimme zusammenfahren ließ.
    Eine vertraute Stimme. Drei Worte, gesprochen von einem sechsjährigen Jungen, der vor dreiundzwanzig Jahren für immer verschwunden war.

    Abermals zuckte Jan zusammen, als sich das Band mit einem lauten Klicken abschaltete.
    Er betrachtete das Diktiergerät auf dem Küchentisch und konnte nicht glauben, was er gehört hatte. Vorsichtig näherte er sich wieder und behielt es starr im Blick, als könnte es plötzlich zum Leben erwachen und ihn anspringen. Zögerlich nahm er es in die Hand und drückte kurz die Rücklauftaste.
    Jan musste heftig schlucken. Sein Herz hämmerte wie wild. Langsam hob er den winzigen Lautsprecher ans Ohr und drückte die Starttaste.
    Stille. Dann ein Klickgeräusch, das vom Ende der gelöschten Aufnahme stammen musste.
    Was Jan dann hörte, war ein Überbleibsel der Aufzeichnung aus jener längst vergangenen Winternacht. Es war nur das letzte Fragment des Satzes, den Sven zu ihm gesagt hatte, ehe das Band zu Ende gewesen war.
    Aber nun, da er diese drei Worte so allein hörte, erschienen sie ihm wie eine letzte Botschaft seines kleinen Bruders. Wie eine Nachricht, die Sven ihm aus dem Jenseits zukommen ließ.
    »… endlich wieder heim.«

Schlussbemerkung
    Die Leser von Trigger wissen es bereits, aber für alle, die zum ersten Mal mit mir nach Fahlenberg gereist sind, sei es noch einmal erwähnt: Dieser Ort ist frei erfunden, ebenso das benachbarte Kössingen. Auch die Waldklinik, in der Teile dieser Geschichte spielen, gibt es nicht wirklich. Und selbstverständlich sind sämtliche Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen rein zufällig und nicht von mir beabsichtigt. Ausgenommen natürlich Gregory Peck und Robert De Niro, die mir meine kleine Hommage hoffentlich nicht verübeln werden.
    Die Informationen über Friedrich Jürgenson und das Phänomen der Tonbandstimmen sind dem Buch Sprechfunk mit Verstorbenen entnommen. Inwieweit diese Stimmen tatsächlich existieren, ist noch immer umstritten.

Danksagung
    Der Weg von der ersten Idee bis hin zum fertigen Buch lässt sich für einen Autor wohl am ehesten mit dem Vaterwerden vergleichen. Und so danke ich nachfolgenden Personen, die diesem Roman als Geburtshelfer zur Seite gestanden haben:
     
    Markus Naegele , dem ich hiermit die freundschaftliche Auszeichnung »Coolster Lektor aller Zeiten« verleihe,
    dem gesamten Heyne-Team für die familiäre Atmosphäre, die Engelsgeduld mit mir und meinen Fragen, die Begeisterung für meine Projekte und das großartige Miteinander,
    Heiko Arntz der nun weiß, was Sterbebilder sind, und seinem dicken Rotstift, mit dem er diesem Roman die richtige Diät
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