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Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Titel: Kaiserkrieger: Der Aufbruch
Autoren: Dirk van Den Boom
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den Palast, seine offiziellen wie auch seine inoffiziellen Zugänge. Die Wachposten am Haupttor bemerkten nichts, auch nicht die beiden Soldaten, die durch die leeren Hallen des Anwesens patrouillierten. Ein Sklave, der vor den Unterkünften der hohen Gäste wachte, um bereit zu sein, sollte einer der ehrenwerten Herren etwas brauchen, hob kurz den Kopf, runzelte die Stirn.
    War da nicht ein Geräusch gewesen?
    Die letzte Frage seines Lebens. Ein dünnes Seil legte sich wie ein Windhauch um seinen Hals, es wurde kraftvoll zusammengezogen. Die Hände des Sklaven fuhren nach oben, doch da verließen ihn bereits die Kräfte. Ein kraftloses Röcheln, kaum hörbar, entrang sich seiner gequälten Kehle, dann verlor er das Bewusstsein, starb, stranguliert von erfahrener Hand. Die Achtlosigkeit, mit der der Attentäter den toten Leib zu Boden gleiten ließ, ohne dem aufgequollenen Gesicht noch einen letzten Blick zu schenken, zeigte bereits deutlich, dass hier jemand am Werk war, für den das Töten ein Handwerk darstellte.
    Und eines, das er gut beherrschte.
    Sie hielten vor den großen Eingangstüren in die Schlafgemächer inne. Lauschten einen Moment, gaben sich Zeichen. Den Tod des einsamen Sklaven hatte niemand bemerkt. Kein Laut zu hören, keine Regung, keine Schritte, nichts. Alles verlief nach Plan.
    Sie waren auf alles vorbereitet gewesen. Auf plötzlich auftauchende Wachen, sogar darauf, dass jemand vorzeitig Alarm schlagen würde. Womit sie nicht gerechnet hatten, war die chronische Schlaflosigkeit zweier Männer, die durchaus wussten, dass sie dabei waren, die Weltgeschichte zu ändern – und die das nicht auf die leichte Schulter nehmen konnten.
    Rheinberg hatte sich auf dem Bett rastlos hin und her geworfen. Er hörte im Nebenzimmer Dahms aufstehen, etwas schlurfen, dann goss er sich wohl Wasser aus einer Karaffe ein. Das gleiche Problem.
    Rheinberg setzte sich seufzend auf. Er rieb sich die Augen. Was war die Welt doch leichter gewesen, als es noch Kaffee gegeben hatte. Er dachte an die Expedition nach Aksum und wünschte Köhler und den Kameraden erneut alles erdenklich Gute. Als hoher Beamter des Reiches mangelte es ihm durchaus nicht an Lebensqualität, aber es gab gewisse Dinge, die waren einfach unersetzlich. Dankbar erinnerte sich der Kapitän der Tatsache, dass er nicht rauchte.
    Kein Kaffee und kein Tabak.
    Welch Qualen mussten viele auf der Saarbrücken nur ertragen. Und wie viele Römer stattdessen getrocknete Kuhscheiße zu rauchen, dazu hatte sich noch niemand durchringen können.
    Was tat Dahms dort?
    Es musste ihm schlecht gehen, vielleicht etwas vom Abendessen. Er röchelte leicht, als würde er mit seinem Magen kämpfen. Rheinberg hielt inne, rieb sich die Bauchdecke. Nein, er vertrug römische Kost mittlerweile ganz gut, außerdem hatte er heute Abend nur leicht gegessen, um nicht zu schnell zu müde zu werden.
    Ein Schaben.
    Rheinberg beschloss, nach seinem Kameraden zu sehen. Er schwang sich von seiner Liegestatt, griff automatisch zur Hose, zog sie sich in einer schnellen Bewegung über. Ebenso automatisch, ohne darüber groß nachzudenken, schob er die Pistole in das Gürtelholster. Bewegungen, die er unbewusst durchführte, jedes Mal, wenn er aufstand und sich ankleidete. Es war ihm dermaßen in Fleisch und Blut …
    Die Tür. Jemand machte sich an der Tür zu schaffen.
    Rheinberg war hellwach. Er huschte zur Wand, die ihn von Dahms’ Gemach trennte und klopfte mit den Fingerknöcheln ein kurzes Stakkato. Morsecode. G-E-F-A-H-R. Er wusste nicht, ob er damit übertrieb, ob ihm seine überreizten Nerven einen Streich spielten – oder ob bloß ein Sklave nachschauen wollte, ob der Pisspott auszuwechseln war. In jedem Falle war es gut …
    Jemand öffnete den Riegel. Jetzt schlug Rheinberg das Herz bis zum Hals. Ein Bediensteter würde niemals eindringen, ohne vorher anzuklopfen. Das war absolut undenkbar. Und das Röcheln eben – war es nicht aus dem Bereich vor der Tür gekommen, keinesfalls aus der Richtung der Verbindungstür zu Dahms’ Quartier?
    Rheinberg glitt hinter den mächtigen Eichentisch, der den Raum zusammen mit dem Bett beherrschte. Ein kräftiger Ruck würde genügen, um ihn umzuwerfen, eine gute Deckung gegen alles, was man aus der Ferne auf ihn richten würde. Rheinberg spürte die nahende Gefahr fast schon körperlich.
    Die Verbindungstür öffnete sich, Dahms’ Kopf schaute hindurch, zusammen mit dem Lauf seiner Waffe. Er sah Rheinberg hinter dem Schreibtisch,
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