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Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Titel: Kaiserkrieger: Der Aufbruch
Autoren: Dirk van Den Boom
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Unterarm er in römischer Tradition zum Gruße ergriff.
    »Eine würdige, eine bewegende Rede !« , sagte er laut und mit Inbrunst. Neben dem Militärpräfekten standen der Bischof von Ravenna, zwei weitere Priester sowie General Arbogast vom Hofe des Kaisers. Das Lob war mehr für ihre als für Rennas Ohren bestimmt und der Präfekt war sich dieser Tatsache durchaus bewusst.
    »Danke, mein Freund«, erwiderte der hagere Römer. »Er war ein großer Mann und hat jede Ehrung verdient .« Rheinberg lächelte nur und ersparte sich eine Erwiderung. In Thessaloniki hatte man für den gefallenen Hauptmann ein großes Grabmal mit prächtiger Ausstattung errichtet, finanziert auf Staatskosten und mit Spenden der dankbaren Honoratioren der vor den Goten geretteten Stadt. Rheinberg hatte sich dagegen entschieden, den Leichnam hierher bringen zu lassen, in die »Urbs Germanicum«, dem neu angelegten und stetig wachsenden Stadtteil Ravennas. Sie benötigten symbolische Orte wie jenes Grabmal, so traurig der Anlass auch sein mochte, um die Integration der Zeitreisenden in die Gesellschaft des Roms der Spätantike voranzutreiben. Dazu bedurfte es des Wohlwollens von Kaiser Gratian, das sie sich vor Thessaloniki erarbeitet hatten – aber das war nur eine Voraussetzung, keinesfalls jedoch ausreichend. Wenn die Bürger der griechischen Metropole das große Mahnmal als das ihre anerkannten und Stolz darauf entwickelten, würden sie auch die seltsamen Fremden mit ihrer übernatürlichen Technik zu akzeptieren lernen, und, mit etwas Glück, würde sich das in weiteren Teilen des Reiches herumsprechen. Genauso wie die Tatsache, dass hier, im Viertel der Germanen – de facto eine eigenständige, kleine Stadt direkt an der Küste –, jeder erfinderische, handwerklich begabte und sprachgewandte römische Staatsbürger sein Glück machen konnte, wenn er bereit war, zu lernen und gewisse Vorurteile über Bord zu werfen. Und ein weiteres Projekt, die Nützlichkeit der Neuankömmlinge unter Beweis zu stellen, näherte sich bereits der Vollendung. Rheinberg brannte darauf, sich diesbezüglich mit den neuesten Entwicklungen vertraut zu machen, aber noch hatte er den Reigen notwendiger Höflichkeiten nicht abgeschlossen.
    Besonders lange hielt er sich mit dem Bischof von Ravenna auf, einem alten, halb blinden und halb tauben Mann. Es war Rheinbergs Überzeugung, dass dieser ganz und gar willenloses Werkzeug des Ambrosius war, welcher immer noch zu den größten Kritikern und Gegenspielern der Deutschen gehörte. Letzteres entnahm Rheinberg den spärlichen Nachrichten, die er vom Hofe des Kaisers erhielt, der sich zurzeit wieder in Trier aufhielt. Jedoch wurde aufgrund von Rheinbergs neuer Stellung als Magister Militium erwogen, Ravenna zur Reichshauptstadt zu machen. Rheinberg selbst war zumindest vorläufig hier unabkömmlich, obgleich er ziemlich genau wusste, dass ein immobiler Oberbefehlshaber der römischen Streitkräfte letztlich zum Scheitern verurteilt sein musste. Es war der zum Hauptmann beförderte von Geeren, der sich derzeit als offizieller Stellvertreter Rheinbergs beim Kaiser aufhielt und, so war seinen Depeschen zu entnehmen, an den Intrigen des Hofes erkennbar wenig Gefallen fand.
    Die militärische Lage war ruhig. Seit dem Sieg über die Goten schien die Herrschaft des jungen Gratian gefestigt. Doch letztlich hatten sie sich vor Thessaloniki nur eine Atempause erstritten. Der eigentliche Grund für die beginnende Völkerwanderung – der Ansturm der Hunnen –, war immer noch vorhanden und die innere Struktur des Reiches war erst recht durch die Reformen, die Rheinberg angestoßen hatte, fragil und unbeständig geworden. Es kochte, und das an vielen Ecken des Reiches und aus ganz unterschiedlichen Gründen. Und zu den Köchen, die an dieser Suppe mischten, gehörte der Heilige Ambrosius, derzeit noch kein Heiliger, sondern ein sehr geschickter und machtbewusster Kirchenpolitiker, der aus seiner Ablehnung Rheinbergs und dessen Zeitreisenden keinen Hehl machte. Ursache war zwar offiziell der Verdacht, die Deutschen würden sich dämonischer Zauberkräfte bedienen, um ihre Wunder zu wirken, tatsächlich wusste der junge Kapitän aber ziemlich sicher, dass das eigentliche Problem das Credo religiöser Toleranz war, das er zu predigen pflegte – Toleranz zwischen den verschiedenen Strömungen der christlichen Kirche, den Arianern und Trinitariern, und Toleranz in Hinsicht auf die traditionellen Religionen Roms, die sich bereits in
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