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Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Titel: Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi
Autoren: Arnaldur Indriðason
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sagen? Ein Zeichen aus dem Jenseits! Was für Ermittlungen könnten wir da einleiten?«
    »Ich finde, dass du dir zumindest anhören könntest, was ich dir sagen möchte.«
    »Ich höre zu«, sagte Erlendur.
    »Nein, das tust du nicht.« Karen öffnete ihre Tasche und holte eine Tonbandkassette heraus, die sie auf seinen Schreibtisch legte. »Vielleicht hilft dir das ja«, sagte sie.
    »Was ist das?«
    »Hör sie dir an, und dann unterhalte dich mit mir. Hör sie dir an, und sag mir, was du davon hältst.«
    »Ich kann nicht …«
    »Du sollst es nicht mir zuliebe tun«, sagte Karen, »sondern für María. Dann weißt du, wie ihr zumute gewesen ist.«
    Karen stand auf. »Tu es für María«, sagte sie und verabschiedete sich.
    Als Erlendur abends nach Hause kam, hatte er die Kassette dabei. Sie war nicht beschriftet, eine ganze normale Tonbandkassette. Erlendur besaß irgendwo noch ein altes Radio mit einem Kassettenrekorder, den er noch nie benutzt hatte und von dem er deswegen gar nicht wusste, ob er überhaupt funktionierte. Geraume Zeit stand er mit der Kassette in der Hand da und überlegte, ob er sich die wirklich anhören sollte.
    Als er das Radio gefunden hatte, öffnete er das Kassettenfach, legte die Kassette ein und drückte auf »Play«. Zunächst kam gar nichts; es vergingen etliche Sekunden, ohne dass irgendetwas zu hören war. Erlendur rechnete damit, irgendwelche Lieblingsmusik der Verstorbenen zu hören, vielleicht etwas Religiöses, da María angeblich so gläubig gewesen war. Dann hörte man auf einmal ein Knarren, und das Gerät fing an zu rauschen.
    »… nachdem ich in Trance gefallen war«, hörte er eine tiefe Männerstimme sagen.
    Erlendur stellte lauter.
    »Und danach weiß ich nichts mehr«, fuhr der Mann fort. »Es sind die Verblichenen, die entweder durch mich sprechen wollen oder mir Dinge zeigen wollen. Ich bin nur ihr Instrument, um Verbindung zu den Angehörigen aufzunehmen. Das kann alles längere oder kürzere Zeit dauern, je nachdem, wie stark der Kontakt ist.«
    »Ja, ich verstehe«, sagte eine leise Frauenstimme.
    »Hast du das dabei, worum ich dich gebeten habe?«
    »Ich habe einen Pullover dabei, den sie sehr geliebt hat, und einen Ring, ein Geschenk von Papa, den hat sie immer getragen.«
    »Vielen Dank. Am besten gibst du mir jetzt die Sachen.«
    »Hier, bitte.«
    »Erinnere mich daran, dir nachher die Kassette mitzugeben. Du hast sie neulich nicht mitgenommen. Man ist manchmal nicht bei sich.«
    »Ja.«
    »Nun, dann sehen wir mal, was geschieht. Fürchtest du dich? Du hast mir gesagt, dass du ein wenig Angst hast. Manche fürchten sich vor dem, was unter solchen Umständen zum Vorschein kommen kann.«
    »Nein, nicht mehr. Ich hatte auch vorher eigentlich keine Angst, ich war mir nur nicht ganz sicher. Ich habe so etwas noch nie gemacht.«
    Langes Schweigen.
    »Da glitzert Wasser.«
    Schweigen.
    »Es ist Sommer, da gibt es Gebüsch, und da glitzert Wasser. Es sieht so aus, als scheine die Sonne auf einen See.«
    »Ja.«
    »Da ist ein Boot auf dem See. Kommt dir das bekannt vor?«
    »Ja.«
    »Ein kleines Boot.«
    »Ja.«
    »In dem Boot ist niemand.«
    »Ja.«
    »Du erkennst es also wieder? Du kennst dieses Boot?«
    »Mein Vater besaß ein kleines Boot. Wir haben ein Ferienhaus am See von Þingvellir.«
    Erlendur drückte auf »Stop«. Ihm war klar, dass diese Aufnahme bei einer Séance gemacht worden war, und er war sich ziemlich sicher, dass die leise Stimme der Frau gehörte, die sich das Leben genommen hatte. Er wusste zwar nicht viel über sie, aber er erinnerte sich daran, dass ihr Ehemann gesagt hatte, dass ihr Vater im See von Þingvellir ertrunken war. Erlendur hatte kein gutes Gefühl dabei, ihre Stimme zu hören, er kam sich vor, als schnüffele er in ihrem Privatleben herum. Er stand lange Zeit unbeweglich neben dem Gerät, doch dann gewann seine Neugier die Oberhand, und er schaltete es wieder ein.
    »Ich spüre Zigarrenrauch in der Luft«, hörte er das Medium sagen. »Hat er geraucht?«
    »Ja. Sehr viel.«
    »Er möchte, dass du dich in Acht nimmst.«
    »Vielen Dank.«
    Den Worten der Frau folgte langes Schweigen. Erlendur lauschte dem Schweigen und hörte nichts als das leise Rauschen des Geräts. Plötzlich begann das Medium wieder zu sprechen, doch jetzt mit einer vollständig anderen Stimme, die dunkel, grob und rau klang.
    »Sei auf der Hut … Du weißt nicht, was du tust!«
    Erlendur erschrak, da ihm die Stimme bösartig zu klingen schien. Das änderte
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