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Jungs sind keine Hamster

Jungs sind keine Hamster

Titel: Jungs sind keine Hamster
Autoren: Frank Schmeißer
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„Und jetzt macht sie sich auch noch an Thomas ran! Die blöde Schlampe.“
    „Bist du dir sicher?“, hakte ich nach.
    „Natürlich! Erstens, weil sie mir eins auswischen will, und zweitens, weil die es liebt, anderen Mädels die Jungs auszuspannen. Die findet das irgendwie cool zu beweisen, dass sie jeden Jungen haben kann.“
    Den Ruf hatte Mona. Das stimmte.
    „Aber Thomas lässt sich da doch nie im Leben drauf ein“, versuchte ich Lore zu beruhigen.
    Lore sagte nichts. Sie kaute auf ihrer Lippe und starrte an die Decke.
    „Thomas ist ein Typ“, begann sie. „Und Typen lassen sich nun mal rumkriegen, wenn man lang genug an ihnen rumbaggert.“
    „Glaube ich nicht.“
    „Meinst du wirklich?“ Lore sah mich hoffnungsvoll an.
    Ehrlich gesagt war ich mir da gar nicht so sicher. Schließlich waren meine Erfahrungen mit Jungs gleich null. Also nickte ich nur und sagte: „Hm.“
    „Ja. Vielleicht hast du Recht. Thomas ist schon in Ordnung.“
    Wieder nickte ich nur.
    „Aber was soll ich machen?“
    Ich dachte nach. Als Stimme der Vernunft trägt man ja schon eine große Verantwortung.
    „Hm …“
    „War ich zu hysterisch?“
    Ja, dachte ich. Ja mit drei Ausrufezeichen. Ja!!! Und sagte: „Hm.“
    „Ich wusste es! Ich war zu hysterisch!“ Lore warf sich wieder das Kissen aufs Gesicht.
    Manchmal sind die Ratschläge, die man nicht gibt, die erfolgreichsten. In Lores Fall war das so. Die ließ man am besten so lange weiterquasseln, bis sie selbst draufkam. Diesmal ging es schnell.
    „Und? Was soll ich tun? Ihn anrufen?“
    „Hm!“
    „Du hast Recht! Wie immer. Ich danke dir. Ich wüsste echt nicht, was ich ohne dich machen würde. Du solltest wirklich mal darüber nachdenken, einen Ratgeber zu schreiben.“
    „Einen Ratgeber?“
    „Ja. Über Jungs und Beziehungen und wie man darin nicht umkommt.“
    Auf einmal klopfte es an der Tür. Es war ihre Mutter.
    „Eleonore! Telefon.“
    Lore stand auf.
    „Wer ist dran?“
    „Thomas!“
    „Komme!“, rief sie. „Wieso ruft der mich nicht auf dem Handy an?“
    Lore fischte ihr Handy aus der Hosentasche, was ganz schön dauerte, weil die Hose meiner Meinung nach viel zu eng war.
    „Akku leer. Verdammtes Schrotthandy!“ Lore schmiss das Handy aufs Bett und verschwand im Flur. „Bin gleich wieder da.“
    Ich schloss die Tür hinter ihr, ging zum Fenster und öffnete es. Es regnete immer noch und der Wind war stärker geworden. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und lehnte mich vor. So weit, bis ich fast gerade nach unten schauen konnte. Mein Magen kribbelte. Es war ein bisschen so, als könnte ich fliegen. Ich liebte das. Der Wind peitschte den Regen in mein Gesicht. Mir wurde kalt und ich drückte das Fenster wieder zu. Dann setzte ich mich zurück aufs Bett und sah mich um. In Lores Zimmer hatte sich seit Jahren nichts verändert. Es sah immer noch aus wie ein Kinderzimmer.
    Ich dachte über Lores Vorschlag nach, einen Ratgeber über Jungs zu schreiben. Warum eigentlich ich? Mit Jungs hatte ich so gut wie nix zu tun. Ich war nicht gerade der Typ von Mädchen, auf den Jungs abfuhren. Ich war klein, machte mir nix aus Mode und tussihaftem Verhalten. „Ich kann heute nicht in die Schule, Dad. Mir ist ein Fingernagel abgebrochen.“ Ich weigerte mich auch, über schlechte Witze zu lachen, nur um den Jungs zu gefallen. War es vielleicht genau das, was mich qualifizierte? Dass ich keine Watte im Kopf hatte, wenn ich an Jungs dachte? Aber was sollte ich schreiben? Mein Blick wanderte wieder über Lores Wände und blieb an einem der circa tausend Poster hängen. Irgendein Typ aus einer TV-Serie, den Lore seit ein paar Wochen anbetete.

    Nachdem Lore auch nach einer Viertelstunde nicht wiederkam, fing ich aus Langeweile an, ihre CDs zu durchstöbern und ihre wenigen Bücher, die fein säuberlich aufgereiht im Regal standen. Mittendrin entdeckte ich einen zerfledderten Ratgeber über Hamster. Als wir noch zur Grundschule gingen, hatte Lore zwei Hamster bekommen. Drei Wochen später hatte sie neun und ihr Zimmer erinnerte mit all den Käfigen und dem etwas strengen Geruch an eine Zoohandlung.
    Ich zog das dünne Bändchen aus dem Regal und blätterte darin herum.
    Sind Sie bereit für einen Hamster? – Arten von Hams-tern – Was Sie bei der Anschaffung Ihres Nagers beachten sollten – Ernährung – Grundausstattung – Beschäftigung und Pflege – Abwechslung statt Langeweile – Der Hamster-Dolmetscher: Was Ihnen Ihr Hamster sagen will. Und so
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