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Jung genug zu sterben

Jung genug zu sterben

Titel: Jung genug zu sterben
Autoren: Joerg Liemann
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Bahn und an der Tür eines zerfallenden Felssteinschuppens eine Energiesparlampe, die in einem Marmeladenglas steckte.
    Sie hockte hinter einer Trockenmauer, die kein Esel war. Jenissej lief im Zickzack über die Wiese und blieb für einen Moment vor einer Badewanne stehen, die ihn faszinierte.
    Eine Tränke für die Esel, dachte Pia. Los, weiter! Mach schon!
    Jenissej ging suchend voran und überquerte die Gleise. Plötzlich rief er: »Lena!« Mehrmals.
    Lascheter achtete kaum noch auf Deckung.
    Das war das Stichwort.
    Pia rannte quer über die Wiese inmitten des schlaufenförmigen Bahnviaduktes. Sobald sie die Gleise erreicht hatte, untermalte sie ihren Sturmangriff mit dem Soundtrack eines wütenden Heulens.
    Jenissej schreckte herum und verharrte angewurzelt.
    »Du Mistviech!«, schrie sie und bremste nicht ab.
    Mit voller Wucht rannte die kleine Frau gegen ihn an. Sein Brustkorb hielt das aus. »Was soll   … «
    »Was fällt dir eigentlich ein? Wegen einer Blondine! Und du glaubst wirklich, ich lasse das durchgehen?« Sie hämmerte auf ihn ein. »Diese kunstlederne Schlange! Du fällst auf sie rein und lässt mich wegen der sitzen? Und behauptest auch noch ganz frech, du fährst nach Mailand, um dich mit Oskar Schroeter zu treffen?«
    »Pia   … Was ist denn?«
    Wütend drehte sie ihm den Rücken zu und stemmte die Arme in die Taille. Wie erwartet, sah sie aus den Augenwinkeln, dass Lascheter keine zwanzig Meter von ihnen entfernt stand.
    Wieder ging sie auf Jenissej los. »Für wie bescheuert und naiv und einfältig hältst du mich? Glaubst du, ich habe das nicht mitbekommen mit dieser Giraffe von einem Miststück?«
    »Pia – was soll denn das?« Jenissej hielt ihre Fäuste fest und versuchte, das Lavendel-Aroma zu ignorieren, das jeden Hautkontakt begleitete. »Was machst du für ein Eifersuchtsdrama? Und um wen geht’s überhaupt?«
    »Um wen es geht?«, schrie sie aufheulend, nutzte aber zugleich seinen festen Griff, mit dem er ihre Handgelenke umklammerte, um sich an ihn heranzuziehen und zu flüstern.
    Sogleich schlug sie sich wieder los. »Deine Rumhurerei habe ich ein für alle Mal satt!« Das deutsch-italienische Grenzgebiet hatte es mitbekommen, und irgendwo löste es vermutlich eine Gerölllawine aus.
    »Jetzt!«, rief Pia. Sie rannte auf Lascheter zu. Sie hatte zwar kein Seil oder Trapez zur Verfügung wie auf der Bühne, aber gedacht war ihr Sprung schon als ein hübscher, sauberer Bogen gegen den perplexen Kahlkopf.
    Der Reflex war hunderttausende Jahre alt: Lascheter hobdie Hände, um seinen Kopf zu schützen. Das Zentrum der Sinne, die verletzlichen Augen, den Sitz des Gehirns.
    Genau darauf hatte Pia spekuliert. Nach dem angetäuschten Angriff auf den Kopf zielte sie auf seine Fortpflanzungsorgane. Die ein Mann kurioserweise nur schützt, wenn er vorher darüber nachdenkt. Vor dem Elfmeter.
    Lascheter klappte mit einem Schmerz- und Überraschungsschrei zusammen, Pia warf sich auf ihn. Direkt hinter ihr war Jenissej, der Lascheter auf den Bauch rollte, seine Arme packte und verdrehte und sich auf seine Beine setzte.
    »Das haben wir«, stellte Pia belustigt fest. »Handschellen hast du nicht zufällig?«
    »Ich hure nicht herum«, glaubte Jenissej richtigstellen zu müssen. »Und seit wann ist Oskar Schroeter in Mailand?«
    »Geht das Adapterkabel vom Handy?«, fragte sie.
    Nach und nach verbesserten sie ihr Bondagewerk mit Hilfe ihrer drei Gürtel.
    »Und jetzt Lena«, sagte er. »Bevor hier noch seine Helfershelfer aufkreuzen.«
    »Woher weißt du, dass sie hier ist?«
    »Das weiß ich nicht. Ich habe im Zug diese Broschüre hier bekommen. Da sind die Standorte von den Iglus aus Stein eingemalt. Leider gibt es sehr viele davon.«
    »Was sind das für Dinger?«, fragte Pia.
    »Keine Idee.«
    Sie nahm ihm die Broschüre aus der Hand und lief, mit einem warnenden Seitenblick zu Lascheter im Gras, hinüber zum Schuppen mit dem Marmeladenlicht.
    »
I crotti della Valposchiavo,
heißen die.
Sono antiche costruzioni
di pietra, in muratura a secco, adibite un tempo
alla   …
– Ah! Früher haben die Leute in ihnen gewohnt. Aber sie wurden auch als Lagerräume für die Lebensmittelbenutzt, weil sie die Temperatur konstant halten. Und inzwischen werden sie wieder hergerichtet oder neu aufgebaut.
Un patrimonio culturale da visitare

    Jenissej hatte Pias Erklärung nicht abgewartet. Er ging die
crotti
ab und rief hinein, den Namen seiner einzigen Tochter.
    »Wir bräuchten eine Lampe«, sagte
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