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Julia Festival 94

Julia Festival 94

Titel: Julia Festival 94
Autoren: L Graham
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der letzten zwei Jahre waren ihm ständig neue Heiratskandidatinnen präsentiert worden in der Hoffnung, dass er sich in eine von ihnen verlieben würde. Leider war Jaspar bei Frauen zu begehrt. Er kannte ihre Schwächen und Tricks, und das hatte ihn überaus kritisch gemacht.
    Liebe war für ihn nur ein leeres Wort. Adil hatte sich immerzu verliebt, Jaspar nur einmal, und dieses eine Mal war die Hölle gewesen. Seitdem verachtete er die Liebe und hielt sie für eine vermeidbare Schwäche.
    Freddy war zu dem ersten Anwalt gegangen, der sie ohne Voranmeldung empfangen konnte. Sie beschrieb Bens Situation, ohne Namen zu nennen, und bat dann um eine ehrliche Einschätzung ihrer rechtlichen Position.
    „Ein Onkel gilt als naher Verwandter, Miss Sutton“, meinte der Anwalt. „In diesem speziellen Fall würde das Gericht außerdem das Erbgut und den Hintergrund des Jungen berücksichtigen.“
    Freddy runzelte die Stirn. „Den … Hintergrund?“
    Der Anwalt nickte. „Da sein Vater aus einem arabischen Königshaus stammt, dürften auch die kulturellen Aspekte bei der Erziehung eine Rolle spielen.“
    Freddy wurde blass, denn dieser Gesichtspunkt war ihr völlig neu. Trotzdem stellte sie die Frage, auf deren Beantwortung alles ankam. „Und wenn ich beantragen würde, den Jungen unter die Vormundschaft des Gerichts zu stellen, um ihn zu schützen?“
    „Ihn zu schützen?“ Der Anwalt sah sie überrascht an. „Aus welchem Grund? Vor welcher Gefahr? Gibt es Anzeichen, dass der Junge bei seinem Onkel nicht gut aufgehoben wäre?“
    Freddy zögerte. „Keine direkten Anzeichen, aber … Ich will ganz ehrlich sein. Der Mann ist mir nicht sympathisch.“
    „In Zweifelsfällen kann das Sozialamt eingreifen, um das Wohl eines Kindes zu garantieren, aber nach allem, was Sie mir über den Onkel erzählt haben, scheint das hier nicht notwendig zu sein. Im Übrigen halte ich es nicht für vernünftig, in Ihrem Alter eine solche Verantwortung zu übernehmen.“
    Genau das hat Ruth gesagt, dachte Freddy und verließ das Büro des Anwalts mit gemischten Gefühlen. Einerseits fühlte sie sich missverstanden, andererseits musste sie zugeben, dass sie gegen Windmühlenflügel kämpfte, weil sie die bittere Wahrheit nicht akzeptieren wollte. Warum war ihr nie der Gedanke gekommen, dass Bens kulturelles Erbe bei der Entscheidung über das Sorgerecht schwer in die Waagschale fallen würde? Sie hatte diesen Aspekt nie berücksichtigt und musste einsehen, dass sie Ben um etwas betrügen würde, worauf er ein Anrecht hatte.
    Sobald sie wieder zu Hause war, rief sie in der Botschaft von Quamar an, um sich Jaspar Al-Husayns Identität bestätigen zu lassen, aber man verweigerte ihr jede Auskunft.
    Ericas Computer erwies sich als hilfreicher, denn die königliche Familie von Quamar hatte eine offizielle Website im Internet. Sie enthielt eine kurze, respektvolle Würdigung des verstorbenen Kronprinzen Adil und ein längeres Bulletin über den besorgniserregenden Gesundheitszustand König Zafirs. Am meisten fesselte Freddy jedoch das Bild des neuen Thronfolgers – Jaspar Al-Husayn. Er sah unwahrscheinlich gut aus und war eindeutig derselbe arrogante, unerträgliche Mann, der sie besucht hatte.
    Abends im Bett überdachte sie noch einmal ihre Situation. Jaspar wusste offenbar genug über Ericas Lebenswandel, um an ihren mütterlichen Fähigkeiten zu zweifeln, und das konnte ihm nicht einmal Freddy übel nehmen. Hatte sie sich vielleicht von Vorurteilen leiten lassen? Der Schock, plötzlich Bens Onkel gegenüberzustehen, war groß gewesen, und sie hatte nur noch daran denken können, dass sich ihr liebster Traum – Ericas Kind zu behalten – wahrscheinlich nicht erfüllen würde.
    Kronprinz Jaspar würde das Sorgerecht für Ben erhalten, dagegen ließ sich nichts machen. Aber wenn sie sich weiter als Bens Mutter ausgab, würde sie vielleicht mehr über Jaspars Zukunftspläne erfahren. Vielleicht konnte sie ihn sogar dazu überreden, auf eine plötzliche und endgültige Trennung zu verzichten.
    Ben zu verlieren würde ein großes Unglück für sie sein, aber Jaspars Forderung nach absoluter Diskretion bedrückte sie fast noch mehr. Wie wollte er für ein illegitimes Kind sorgen, dessen bloße Existenz in einem konservativen arabischen Land einen Skandal hervorrufen musste? Vielleicht hatte er die Absicht, Ben zu adoptieren, aber waren damit alle Probleme gelöst? Fragen über Fragen, die Freddy alle nicht beantworten konnte und über denen sie
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