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Joyland

Titel: Joyland
Autoren: Stephen King
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könnte mir was ausstellen. In der Mensa essen die Studenten an der UNH, wo ich …«
    »Ich weiß, was eine Mensa ist. Ich mag ja von gestern sein, aber nicht von vorgestern.« Sie führte mich in die gute Stube, einen Raum über die ganze Hausbreite, der mit zusammengewürfelten Möbeln vollgestellt war und von einem großen Tischfernseher beherrscht wurde. Auf den deutete sie und sagte: »Farbe. Meine Mieter können ihn gern benutzen, genauso wie das Wohnzimmer – unter der Woche bis zehn, am Wochenende bis Mitternacht. Manchmal gesell ich mich zu dem jungen Gemüse und schau mir einen Film an oder am Samstagnachmittag Baseball. Dann gibt es Pizza, oder ich mach Popcorn. Das ist prima.«
    Prima, dachte ich bei mir. Das ist prima. Und so klang es auch.
    »Sagen Sie, Mr. Jones, trinken Sie und lärmen dann herum? Ich halte dergleichen Verhalten für asozial, aber nicht jeder ist dieser Meinung.«
    »Nein, Ma'am.« Ich trank zwar hin und wieder, wurde aber nur selten laut. Normalerweise wurde ich nach ein, zwei Bier einfach nur müde.
    »Es wäre wohl sinnlos, Sie zu fragen, ob Sie harte Drogen nehmen, weil Sie das sowieso nur verneinen würden. Aber so was kommt immer irgendwann ans Licht, und wenn ich das merke, bitte ich meine Mieter, sich eine neue Unterkunft zu suchen. Das gilt auch für Gras, ist das klar?«
    »Ja.«
    Sie musterte mich eingehend.
    »Sie sehen jedenfalls nicht wie ein Kiffer aus.«
    »Das bin ich auch nicht.«
    »Ich hab vier Zimmer, und nur eins davon ist im Moment vermietet. An Miss Ackerley, eine Bibliothekarin. Ich vermiete ausschließlich Einzelzimmer, aber die sind viel netter als das, was Sie in einem der Motels angeboten bekommen. Ich würde Sie gern im ersten Stock unterbringen – im Unterschied zum zweiten Stock hätten Sie da Ihr eigenes Bad mit Dusche. Und auch eine Außentreppe, was praktisch ist, wenn Sie eine Freundin haben. Ich habe nichts gegen Damenbesuch, schließlich bin ich selbst eine Dame und bekomme gern Besuch. Haben Sie eine Freundin, Mr. Jones?«
    »Ja, aber die jobbt im Sommer in Boston.«
    »Tja, vielleicht lernen Sie ja jemand kennen. Sie kennen ja das Sprichwort – Liebe grünt immer.«
    Darüber konnte ich nur lächeln. Die Vorstellung, eine andere Frau als Wendy Keegan zu lieben, erschien mir damals, im Frühling 1973, völlig abwegig.
    »Bestimmt haben Sie einen Wagen. Hinterm Haus gibt's nur zwei Parkplätze, das heißt, wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Sie haben als Erster nach einem Zimmer gefragt, und ich glaube, wir kommen miteinander klar. Wenn nicht, suchen Sie sich was Neues. Klingt das fair?«
    »Jawohl, Ma'am.«
    »Gut, denn so läuft das hier nun mal. Ich möchte die üblichen Vorauszahlungen: für den ersten und den letzten Monat und eine Kaution.« Sie nannte mir einen Betrag, der mir angemessen vorkam. Trotzdem würde ich mein Bankkonto bei der First New Hampshire ziemlich plündern müssen.
    »Nehmen Sie auch einen Scheck?«
    »Wenn er nicht platzt.«
    »Na ja, Ma'am, er müsste gerade noch so gedeckt sein.«
    Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Dann nehme ich auch einen Scheck, vorausgesetzt, Sie möchten das Zimmer noch, wenn Sie's gesehen haben.« Sie drückte ihre Zigarette aus und erhob sich. »Oben darf im Übrigen nicht geraucht werden – wegen der Versicherung. Und hier unten auch nicht, sobald die Mieter da sind – aus Rücksichtnahme. Wussten Sie, dass der alte Easterbrook im Park ein allgemeines Rauchverbot eingeführt hat?«
    »Davon hab ich gehört. Wahrscheinlich verliert er deswegen Besucher.«
    »Anfangs vielleicht. Aber er wird auch welche gewinnen. Ich würde jedenfalls auf ihn wetten. Brad hat's faustdick hinter den Ohren. Er ist eben ein Schausteller von altem Schrot und Korn.« Ich wollte sie fragen, was genau sie damit meinte, aber sie hatte bereits das Thema gewechselt. »Sollen wir einen Blick ins Zimmer werfen?«
    Ein kurzer Blick genügte mir. Das Bett war groß, und das Fenster ging aufs Meer hinaus. Das Bad war ein Witz – wenn ich auf der Toilette saß, befanden sich meine Füße unter der Dusche –, aber Collegestudenten, die nur ein paar Brosamen in ihrer finanziellen Vorratskammer haben, können nicht allzu wählerisch sein. Und die Aussicht war fantastisch. Besseres hatten die Sommerhäuser der Reichen am Heaven's Row bestimmt auch nicht zu bieten. Vor meinem geistigen Auge sah ich schon, wie Wendy mich hier besuchte, wie wir beide den Sonnenuntergang bewunderten und dann … in dem großen Bett,
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