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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.
Autoren: Lion Feuchtwanger
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machte ihn unversehens dem Johann von Gischala ähnlich. »Ich konnte freilich«, sagte er, »dem Großdoktor dieses Versprechen leicht geben. Denn ich bin sicher, eine neue Untat der Römer wird nicht lange auf sich warten lassen. Die römische Klugheit ist eine dumme Klugheit, eine Klugheit auf kurze Sicht, ohne Gott und ohne Gnade. Die Römer werden die Untat begehen, ich und die ›Eiferer‹, wir werden unseres Versprechens ledig sein, und Gott wird uns helfen, nicht den Römern.«

    Josef, beunruhigt durch diese Unterredung, ging nach Jabne, um mit dem Großdoktor die politische Lage durchzusprechen.
      Gamaliel war nicht nur nicht eifersüchtig auf Akawja, er hatte sogar mit klugem Bedacht sein möglichstes getan, dessen Ansehen zu erhöhen. Denn Gamaliel hätte seine Herrschaft über die Juden nicht halten können, hätte er nicht den heftigen, aufrührerischen Akawja an seiner Seite gehabt. Wenn Gamaliel lehrte: »Seid geduldig, fügt euch den Römern!«, so ergänzte Akawja: »Aber nur auf kurze Zeit, dann dürft ihr aufstehen und über den frechen Feind herfallen.« So kamen beide auf ihre Rechnung: der Großdoktor; denn das Volk hätte das ewige, nervenzerreibende Warten, das er ihm zumutete, nicht ertragen, wäre nicht Akawja gewesen und sein Zuspruch. Akawja; denn sein Verstand scheute das Abenteuer, das sein Herz ersehnte, und im Grunde war er froh, daß Gamaliels Bedachtsamkeit es immer wieder verhütete und hinausschob. Die beiden Männer, so verschieden sie waren, der tolerante, weltmännische Gamaliel und der fanatische, bäurische Akawja, liebten, ehrten und achteten einander.
      Bald mußte Josef erkennen, daß der Großdoktor um die politische Situation viel besser Bescheid wußte als er selber, der doch erst vor kurzem beim Gouverneur und bei Akawja gewesen war.
      »Kaiser Trajan«, setzte Gamaliel dem Josef auseinander, »ist nicht etwa judenfeindlich. Allein seine gewaltige Kriegsmaschine erfordert, um sachgemäß in Gang gesetzt zu werden, das Land der Juden als Aufstellungsraum, Die Juden also sind ihm lästig, ihm und seinem Gouverneur Lusius Quietus. Doch ist auch der Gouverneur an sich kein Feind der Juden, er möchte, da er den Wohlstand der Provinz nicht vernichten will, allzu gefährliche Maßnahmen lieber vermeiden. Leider aber ist in seiner nächsten Umgebung ein Mann, der solche Maßnahmen geradezu herbeisehnt. Und jetzt hat, nach zuverlässigen Berichten, dieser Mann die patriotisch gewalttätige Stimmung klug genutzt, die aus den Vorbereitungen zum Ostkrieg entstand, und den Gouverneur zu seinen Anschauungen bekehrt.«
      Es kostete den Josef Mühe, Gamaliel mit ganzer Aufmerksamkeit zu folgen. Denn er wußte: wenn der Großdoktor den gefährlichen Mann in der Umgebung des Gouverneurs so vag bezeichnet, so geschieht das mit Rücksicht auf ihn, auf Josef; denn dieser Gefährliche, Unnennbare ist niemand anders als Paulus Bassus, Josefs Sohn.
      Gamaliel aber erzählt weiter, und Josef, trotz des Sturmes in seinem Innern, hört zu. Denn des Großdoktors Bericht verdient, weiß Gott, ein gespanntes Ohr. Der Unnennbare nämlich hat eine wahrhaft höllische Idee ausgeheckt, der Gouverneur hat, wenn auch nur mit halbem Herzen, seine Zustimmung gegeben, und nun wartet man nur mehr die Einwilligung Roms ab, um den unseligen Plan in Wirklichkeit umzusetzen. Es geht aber um folgendes: man will für die Provinz Judäa, um die unzuverlässigen Elemente besser von den zuverlässigen absondern zu können, die Kopfsteuer neu einführen.
      Die Kopfsteuer. Die zwei Drachmen. Unter allen Bedrükkungen, welche die Römer ersonnen haben, die diffamierendste. Wenn diese von dem rechtlichen Kaiser Nerva abgeschaffte Sondersteuer wirklich neu eingeführt werden sollte, so wird das ein Signal zu dem Aufstand sein, den Rom will und den leider auch die »Eiferer des Tages« wollen. Wahrscheinlich hat auch Akawja von der bevorstehenden Einführung dieser Steuer gehört, und wahrscheinlich ist das die »Untat«, auf die er angespielt hat.
      Josef hört Gamaliels Bericht wie gelähmt. Was ihn, den sonst so beweglichen, lähmte, war der Gedanke, daß es der Unnennbare, daß es sein Paulus war, den die Gottheit dazu ausersehen, dieses neue Unheil über Judäa zu bringen. Welch ein Mann des Unglücks war er, Josef! Wie ging, immer von neuem, Unglück aus von allem, was er gemacht hat, von seinen Söhnen, von seinen Büchern! Unbeweglich saß er, wie betäubt.
      Bis ihm endlich bewußt wurde,
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